Angelique Kerber wahrt Halbfinalchance - Sieg gegen Naomi Osaka

Von Ulrike Weinrich
Angelique Kerber, Singapur
© getty

Angelique Kerber hat bei den WTA-Finals in Singapur dank einer guten Vorstellung ihre Chance auf den Sprung in die Vorschlussrunde gewahrt. Zwei Tage nach ihrer Auftaktniederlage in der "Roten Gruppe" bezwang die Wimbledonsiegerin die US-Open-Championesse Naomi Osaka (Japan) in einem engen Schlagabtausch mit 6:4, 5:7, 6:4.

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Nach knapp 2:30 Stunden verwandelte Kerber im Sports Hub des Stadtstaates ihren ersten Matchball und zeigte die Siegerfaust. Die Weltranglistenzweite dürfte neben Erleichterung auch eine große Portion Genugtuung verspürt haben. Es war ein Sieg der Moral nach der Ernüchterung zum Start der "WM".

Am Montag war sie mit einem 6:1, 3:6, 4:6 gegen Kiki Bertens (Niederlande) denkbar schlecht in das mit 7,0 Millionen Dollar dotierte Saisonfinale gestartet und hatte danach immer wieder erklären müssen, wie ihr die Partie trotz Satzführung und eines 2:0-Vorsprungs in Durchgang zwei noch entgleiten konnte.

Die Entscheidung über den Halbfinal-Einzug fällt gegen Stephens

Die Entscheidung über den Einzug ins Halbfinale fällt für Kerber nun am Freitag in ihrem abschließenden Gruppenspiel gegen French-Open-Finalistin Sloane Stephens (USA). Die Kielerin braucht auf jeden Fall einen Sieg, um zum zweiten Mal nach 2016 die Vorschlussrunde der WTA-Championships zu erreichen. Vor zwei Jahren war Kerber im Finale an Dominika Cibulkova (Slowakei) gescheitert.

Als Reaktion auf den missglückten Turnierstart hatte Kerber von sich selbst mehr Konstanz gefordert als noch im Spiel gegen Bertens. Dort hatte sie nach einem bärenstarken Beginn urplötzlich das Heft des Handelns abgegeben und den Weg zurück auf den Regiestuhl nicht mehr gefunden.

Die Vorzeichen standen gut, denn gegen die vom Münchner Sascha Bajin gecoachte Osaka hatte "Angie" bis dato drei von vier Vergleichen gewonnen - den letzten übrigens in der dritten Runde von Wimbledon. Das Ende ist bekannt.

"BJK" lobt Osaka: "Ihr Limit ist der Himmel"

Doch während Kerber nach ihrem geschichtsträchtigen Triumph im Rasen-Mekka im Juli nur noch eine durchwachsene Bilanz von 6:5-Siegen erreichte, brachte es Osaka im Anschluss an ihren US-Open-Coup auf beachtliche 7:2-Erfolge. Will heißen: Die 21-Jährige reiste formstark und voller Selbstvertrauen in Singapur an.

"Ihr Limit ist der Himmel", sagte Ikone Billie Jean King am Mittwoch bei einer Pressekonferenz über Osaka. Allerdings verlief der Auftakt ihrer ersten WTA-Championships so gar nicht nach Wunsch: Debütantin Osaka verlor gegen Stephens mit 5:7, 6:4, 1:6.

Erneut starker Start von Kerber

Kerber allerdings wirkte in ihrem zweiten Gruppenspiel von Beginn an sehr fokussiert. Sie bewegte sich gut, agierte aggressiv und returnierte stark. Nach zwei frühen Breaks zu Null in den ersten beiden Spielen legte die Linkshänderin nach und brachte danach als erste Spielerin ihren Aufschlag zur 3:1-Führung durch. Bis dahin hatte sie sich gerade einmal drei unerzwungene Fehler erlaubt, vor allen Dingen mit der Vorhand punktete Kerber immer wieder.

Osakas Leistung schwankte indes. Mitte des ersten Satzes war die 21-Jährige zeitweise sogar so frustriert, dass sie kurzzeitig den Schläger aus der Hand legte und neben dem Linienrichter an der Stirnseite des Courts verschnaufte. Kerber ließ sich davon nicht beeindrucken und variierte das eigene Service weiter clever.

Auch unter Druck blieb "Angie" aggressiv

In ihrer Box saßen bis auf den in der vergangenen Woche gefeuerten Coach Wim Fissette übrigens alle, die auch bei ihrem Wimbledon-Triumph dabei gewesen waren. Unter anderem Mama Beata, Physio André Kreidler und Manager Aljoscha Thron.

Beim Stand von 5:4 musste Kerber noch einmal bange Momente überstehen, allerdings blieb sie ruhig und wehrte insgesamt drei Breakchancen der Japanerin ab. Nicht zuletzt, weil die dreimalige Grand-Slam-Siegerin weiter die aktivere Spielerin blieb.

Symptomatisch: Den Punkt zum ersten Satzball erarbeitete sich Kerber mit einem Rückhand-Gewinnschlag. Diesem ließ sie nach insgesamt 47 gespielten Minuten einen Aufschlagwinner folgen.

Osaka wirkte im zweiten Satz müde - schlug aber zurück

Im zweiten Durchgang kam allerdings Osaka besser aus den Startblöcken und übernahm zunächst die Initiative. Der Lohn: Eine 2:0- beziehungsweise 3:1-Führung. Doch Kerbers Intensität kehrte zurück, sie blieb positiv - ein guter Mix für den Erfolg, der sich zunächst auch einstellte.

Osaka holte zwar noch einmal Sascha Bajin zum On-Court-Coaching, doch die Nummer vier der Welt wirkte müde. Beim Stand von 5:4 und eigenem Aufschlag sprach deshalb vieles für die Deutsche. Eigentlich. Doch mit dem Mut der Verzweiflung riskierte die New-York-Championesse alles - und traf alles. Mit einem Vorhand-Fehler beendete Kerber den Satz, dabei gewann Osaka 14 der letzten 16 Punkte.

Nach einer langen Saison mussten beide Spielerinnen im Entscheidungsdurchgang an ihre körperlichen Grenzen gehen. Kerber nahm Osaka den Aufschlag zur eigenen 4:3-Führung ab - und wehrte danach zwei Breakchancen des Bajin-Schützlings ab. Die Kielerin belohnte sich wenig später mit dem Sieg, der sie weiter vom Halbfinale träumen lässt.

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