Unvergessliche Momente in Wimbledon

Jana Novotna - Die große Tschechin ist viel zu früh von uns gegangen
© GEPA

Jana Novotna ist mit nur 49 Jahren an Krebs gestorben. Für ihr mutiges Offensivtennis und die zahlreichen großen Center-Court-Momente wird die Tschechin aber für immer in Erinnerung bleiben.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Es war eins meiner ersten Wimbledon-Jahre. Und es war großes Drama, 1993 auf dem Centre Court - im Duell zwischen Steffi Graf und Jana Novotna. Noch heute hat man die Szenen so klar vor Augen, als wäre es letzte Woche oder im letzten Monat gewesen. Die verzweifelte Novotna erst auf dem Heiligen Rasen, Punkt um Punkt eine eigentlich uneinholbare Führung noch vergebend, vom 4:1 und 40:15 weg im dritten Satz des Finales. Und später dann die in Tränen aufgelöste Verliererin Novotna, die an der Schulter der Herzogin von Kent bitterlich weinte, ein öffentlicher Zusammenbruch, eine Seelenentblößung, wie man sie selten vorher und nachher im Sport gesehen hat.

Es war bekannt, dass Novotna in kritischen Situationen mit ihren Nerven zu kämpfen hatte. Doch auf der sperrigen Pressetribüne in Wimbledon, aber auch unter den knapp 14.000 Zuschauern glaubte niemand mehr daran, dass Novotna in diesem Finale noch den Titel und ihren Vorsprung aus der Hand geben würde. Als nur noch fünf Punkte Novotna vom Sieg trennten, waren die Agenturberichte längst geschrieben - Sensation in Wimbledon, Seriensiegerin Graf gestoppt. Bevor alles ganz anders kam.

Drama gegen Steffi

Es war selbst für deutsche Fans und Reporter schmerzlich mit anzusehen, wie eine großartige Spielerin von Novotnas Format an ihrem größten Karrieretraum scheiterte - wie sich selbst, und nur selbst, zunichte machte, worauf sie ein ganzes Tennisleben lang hingearbeitet hatte. Konnte es da, im ersten Moment, ein Trost sein, dass die einfühlsame Herzogin der am Boden zerstörten Tschechin zuflüsterte: "Ich weiß, dass Sie eines Tages hier gewinnen werden."

Novotna war eine Spielerin, wie es sie heute schlicht nicht mehr gibt. Konsequent stürmte sie nach ihrem Aufschlag nach vorne, suchte stets schnell die Entscheidung am Netz - Serve-and-Volley-Tennis, das sie ganz in der Tradition von Martina Navratilova zeigte. Vier Grand-Slam-Endspiele bestritt sie, aber erst 1998 gab es den großen Triumph, sozusagen die Versöhnung mit Wimbledon. Sie siegte gegen die Französin Nathalie Tauziat, und es gab niemanden, der ihr diesen Erfolg nicht gegönnt hatte. Es flossen Tränen - nicht nur auf dem Centre Court, nicht nur bei den Fans. Sondern auch bei der Herzogin von Kent, wieder die Zeremonienmeisterin des Finales.

"Müde und verbraucht"

1999 hörte Novotna auf, in dem Jahr, in dem auch Graf ihre Karriere beendete. Die Gründe waren ähnlich wie bei Graf: Ermüdung nach dem jahrelangen Turnierstress, dem Herumreisen. "Ich fühle mich müde und verbraucht", sagte sie mir damals in einem Interview, "die Motivation ist einfach weg." Ab und zu sah man sie in den Jahren nach dem Abschied noch einmal an den Schauplätzen des Proficircuits, doch sie lebte meist sehr zurückgezogen in ihrer tschechischen Heimat.

Am Sonntag ist Jana Novotna im Alter von 49 Jahren gestorben. Man sagt gern, dass so ein Alter kein Alter zum Sterben ist. Und das stimmt ja auch.

Artikel und Videos zum Thema