Kommentar zum Davis Cup: Die Moral auf dem Geldfriedhof begraben

Gerard Piqué und David Haggerty werkeln am Davis Cup
© getty

ITF-Präsident David Haggerty freut sich auf den "neuen" Davis Cup. Hinter den Kulissen aber ziehen ganz andere Leute die Fäden im Tennis Business.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die neue Machtzentrale ihres neuen Teamwettbewerbs nennen die International Tennis Federation und der große Geldgeber Kosmos "Steering Commitee", also Lenkungsausschuss. Das scheint auch ganz gut zu passen, denn es handelt sich dabei um einen Fall von gelenkter Demokratie.

Die letzten beiden Tage haben darüber ziemlich eindeutig Aufschluss gegeben, denn was da passierte, war schon entwaffnend: Zuerst wurden in einem komplett intransparenten Prozess zwei Wild Cards für das sogenannte Davis-Cup-Finale an Argentinien und Großbritannien vergeben, die beiden Nationen können sich also den Qualifikationsprozess im Februar sparen. Und dann wurde schnell noch der Austragungsort für die Endrunde vergeben, und wer hätte es für möglich gehalten: Es ist doch tatsächlich Madrid, das Heimatland des Herrn Gerard Piqué, des Mannes, der hinter dem Konsortium Kosmos Tennis steckt.

Wo es langgeht, sagt vor allem Piqué

Immerhin: Man muss nicht lange herumrätseln, wie sich die Angelegenheiten in der neuen ITF-Welt rund um diesen Teamwettbewerb abspielen. Es ist ganz einfach: Wer bezahlt, bestimmt. Im sogenannten Lenkungsausschuss sitzen neben Piqué, dem umtriebigen Profifußballer, noch der weitere klammheimliche Kosmos-Vertreter Galo Blanco, ITV-Vizepräsident Rene Stammbach und ITF-Häuptling David Haggerty. Die beiden Letztgenannten scheinen dabei aber nur noch die Rolle eines Feigenblattes einzunehmen. Wo es lang geht, sagen vor allem Piqué und seine Kosmos-Truppe an.

Sehr originell ist die Idee des Veranstaltungsortes Madrid ja nun wirklich nicht, schließlich findet dort auch schon ein Masters-Turnier statt - aber kommerziell ist sie wohl geboten und zwingend. Dass die Endrunde noch einmal an einem Schauplatz stattfindet, der sonst abseits des großen Tennis gelegen ist, wird so praktisch eine Utopie.

Wild-Card-Vergaben für den Davis Cup dubios

Das Modell einer Wild Card-Vergabe ist mehr als anstößig, weil es die im internationalen Sport handelsüblichen, eindeutig nachvollziehbaren Qualifikationskriterien für Wettbewerbe ignoriert. Es wäre komplett einfach, die Wild Cards nach der Weltrangliste zu vergeben, für 2019 wäre beispielsweise Belgien an der Reihe gewesen. Aber nun hat sich der Lenkungsausschuss für Großbritannien und Argentinien entschieden, warum auch immer.

Die Wild-Card-Vergabe in dieser Form hat einen subjektiven Beigeschmack, der noch bitterer ausfallen könnte, wenn die Freikarten einmal an die Schweiz oder die USA vergeben würden - mit den Herren Haggerty (USA) und Stammbach (Schweiz) im "Steering Commitee". Aber die Moral hat der Weltverband sowieso längst auf dem Friedhof des großen Geldes begraben.

Artikel und Videos zum Thema