"Da könnte echt was gehen"

Alexander Zverev könnte im Davis Cup zum Zünglein an der Waage werden
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Michael Kohlmann steht ein klein wenig vor der Qual der Wahl: Mischa Zverev hat die Nummer eins der Welt besiegt, Philipp Kohlschreiber über Jahre Deutschlands Farben prächtig vertreten. Wie ist dieses Dilemma zu lösen?

Oliver Faßnacht (Eurosport): "Fight fire with fire"? Dann wäre das ein Auftrag für Mischa Zverev. Meine Tendenz geht aber zur Davis Cup-Erfahrung und Solidität von Philipp Kohlschreiber.

Andrej Antic (tennisMAGAZIN): Der Kapitän wollte dazu ja erst einmal die Trainingseindrücke abwarten. Ich gehe aber auch davon aus, dass er die beiden bestplatzierten deutschen Spieler für die Einzel nominiert.

Jörg Allmeroth (tennisnet): Es ist kein Dilemma. Es war fast immer gute Sitte, streng nach Rangliste auszustellen. Dagegen kann sich niemand wehren oder laut protestieren. Und Kohlschreiber hat, by the way, selten enttäuscht im Davis Cup.

Uwe Semrau (DAZN): Luxusproblem! Endlich. Ich denke, die Fülle der Variationen macht die Stärke aus. Das dürfte jedem klar sein - auch wenn er nicht spielt!

Alexander Zverev tritt zum zweiten Mal für Deutschland an. Hat Zverev jetzt schon das Potenzial und die Aura, um sein Team anzuführen wie etwa Marin Cilic dies mit den Kroaten gemacht hat oder Juan Martin del Potro mit den Argentiniern?

Andrej Antic (tennisMAGAZIN): Das war natürlich interessant zu beobachten bei der Pressekonferenz des Teams am Dienstag: Da haben wir einen selbstbewussten Alexander Zverev gesehen, der aber in erster Linie den Team-Gedanken betont hat.

Uwe Semrau (DAZN): Nein, so weit ist er noch nicht! Eine klare Hierarchie gibt es eben derzeit noch nicht. Ein Problem muss das aber auch nicht sein.

Jörg Allmeroth (tennisnet): Man sollte ihn nicht in diese Rolle des Leaders hineinstoßen. Er hat, ganz allgemein, genug damit zu tun, die Erwartungen im Davis Cup und darüber hinaus zu erfüllen.

Florian Regelmann (SPOX): Das Potenzial besteht auf jeden Fall, die Aura muss er erst noch bekommen, indem er im Davis Cup ein paar große Matches gewinnt. Ich traue es ihm auf jeden Fall zu. Ich hoffe einfach sehr, dass er erkennt, wie wichtig der Davis Cup für sein Standing sein kann und dass er wirklich da auch den Fokus drauflegt.

Oliver Faßnacht (Eurosport/DAZN): Weder del Potro noch Cilic waren mit 19 Jahren Leader ihrer Teams. "Delpo" wurde in seinen ersten Jahren noch von Nalbandian geführt, hatte auch danach im Team lange keine exponierte Stellung als "der" Leader. Zudem gab es immer wieder Unstimmigkeiten mit dem Verband. Cilic entwickelte sich anfangs an der Seite von Karlovic und Ancic. Beim ersten Einsatz spielte sogar noch Ivan Ljubicic.

Im Doppel ist jede Konstellation vielversprechend. Wie sollte der Kapitän Eurer Meinung nach vorgehen?

Jörg Allmeroth (tennisnet): Es macht Sinn, alle Spieler eines recht ausgeglichenen Teams spielen zu lassen. Also im Doppel dann Mischa Zverev und Struff. Allerdings ist das Doppel situativ aufzustellen. Heißt: je nach Lage nach den Freitagseinzeln.

Uwe Semrau (DAZN): Auf jeden Fall die Einzel abwarten. Es gibt so viele Kombinationen. Wohl dem, der seine Einzelspieler am Samstag schonen kann!

Oliver Faßnacht (Eurosport/DAZN): Zverev/Zverev! Jan Lennard Struff hat einmal mit Kohlschreiber gespielt - in Doha. Die Brüder konnten dagegen bei ein paar Turnieren 2016 zusammen antreten. Damit wäre Struff ausgeruht für ein Einzel am dritten Tag, Kohlschreiber hätte einen Tag Pause - und Mischa Zverev müsste nicht gleich am ersten Tag ran. Denn: Unabhängig davon, dass er sicher große Lust auf einen Einsatz am Freitag hätte - die Drucksituation, für sein Land anzutreten, ist speziell am ersten Tag nicht zu unterschätzen.

Marcel Meinert (SKY): Struffi ist auf dem Papier der beste deutsche Doppelspieler - liegt aber auch daran, dass er viel häufiger spielt als die Kollegen. Abgesehen davon hätte sich Struff auch durch sein Engagement gegen Polen diesen Einsatz auch verdient. Natürlich hat auch die Kombination Zverev/Zverev viel Charmantes, dass Sascha aber an drei Tagen drei Matches bestreiten wird, halte ich für ausgeschlossen. Auch deshalb spricht einiges für M.Zverev/Struff. Auch Kohlschreiber wäre jederzeit einsetzbar, aber ich denke, dass er sich auf die Einzel konzentrieren wird.

Ein Blick noch zur Schweiz: Ohne Federer und Wawrinka geht es in die USA. Die Rollen sind klar verteilt, zu Ungunsten der Eidgenossen. Welche positiven Aspekte könnte die Partie dennoch für die Schweizer bringen?

Andrej Antic (tennisMAGAZIN): Das amerikanische Team gefällt mir gut. Es ist halt leider keine Partie auf Augenhöhe.

Jens Huiber (sportradio360/DAZN): Das sicher nicht. Vielleicht lässt Severin Lüthi wieder den jungen Antoine Bellier ran, der hat die Schweiz immerhin in der Weltgruppe gehalten. Könnte ein Perspektivspieler sein.

Marcel Meinert (SKY): Für die Youngster, auf denen in Zukunft die Hoffnungen ruhen, gilt es unbezahlbare Erfahrungen mitzunehmen. Laaksonen hat für die Schweiz zum Beispiel im Davis Cup noch nie in Übersee und schon gar nicht vor so einer Kulisse gespielt. Auch auf der Tour kennt er die großen Courts häufig nur vom Spielplan oder dem Training. Er ist einer derjenigen, der im Davis Cup perspektivisch in die großen Fußstapfen von Federer und Wawrinka treten muss.

Jörg Allmeroth (tennisnet): Ich sehe da leider wenig Licht.

Florian Regelmann (SPOX): Eben. Ich fühle mit Severin Lüthi, mit der Truppe in die USA fliegen zu müssen. Es war schon eine große Leistung, mit Laaksonen und Bellier irgendwie auswärts Kasachstan zu schlagen, ein Sieg in den USA ist aber völlig unmöglich. Ich würde mir ja so wünschen, dass Rog und Stan ein Jahr noch mal gemeinsam Davis Cup spielen.

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