"Man muss leider irgendeine Kröte schlucken"

Barbara Rittner
© getty
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tennisnet.com: Wie beurteilen Sie die Reformpläne für den Fed Cup, die ITF-Präsident David Haggerty angedacht hat?

Rittner: Ich sehe das kritisch, weil ich nicht finde, dass man ein Final Four spielen sollte. Wir haben das kontrovers diskutiert, er kennt meine Meinung. Auf der anderen Seite ist es offensichtlich so schwer, für die Aufstockung der Weltgruppe auf 16 Nationen einen vierten Termin zu bekommen. Für mich hat die Aufstockung Priorität, weil es nicht sein kann, dass nur acht Nationen um den Titel spielen. Rumänien ist dieses Jahr gegen uns abgestiegen mit der Nummer zwei und der Nummer 30. Uns hätte das auch passieren können, dann würden wir mit der Nummer eins in der zweiten Weltgruppe spielen. Wenn es unmöglich ist, einen weiteren Termin zu finden, muss man leider irgendeine Kröte schlucken. Ich würde die Kröte Final Four schlucken, damit es 16 Nationen in der Weltgruppe gibt.

tennisnet.com: Finden Sie die Regelung gut, dass im Fed Cup das Doppel zum Schluss gespielt wird oder würden Sie sich die Variante wie beim Davis Cup wünschen?

Rittner: Ich finde unsere Variante, so wie wir sie spielen, gut. Ich habe schon des Öfteren gehört, dass überlegt wird, im Davis Cup unseren Modus mit den zwei Gewinnsätzen komplett zu übernehmen, damit man an zwei Tagen spielen kann.

tennisnet.com: Sie haben die Entwicklung von Angelique Kerber vom schüchternen und sich selbst zweifelnden Teenager zur Weltranglisten-Ersten hautnah miterlebt. Was hat Sie am meisten überrascht Kerbers Aufstieg?

Rittner: So richtig überrascht bin ich nicht mehr, ich bin sehr beeindruckt. Ihre Entwicklung als Spielerin und die einhergehende Entwicklung als Persönlichkeit, finde ich unglaublich. Das habe ich ihr auch in einer persönlichen Mail geschrieben. Es hat etwas von einer Raupe zum Schmetterling. Angie ist so viel selbstbewusster und reflektierter geworden. Das ist gigantisch, das mitzuerleben. Ihr ist es aber immer ganz wichtig, dass sie bleibt, wie sie ist: bodenständig und zurückhaltend. Da hat sie mit Torben Beltz und ihrer Mutter zwei Personen, die total normal und unaufgeregt bleiben.

tennisnet.com: Finden Sie die Erfolge von Kerber in den deutschen Medien entsprechend gewürdigt?

Rittner: Ich finde, dass es derzeit sehr gewürdigt wird. Sie ist fast jede Woche in den großen Sendungen. Man liest sehr viel über sie. Ich glaube, wenn man Angie fragen würde, dass sie sagen würde, dass sie nicht noch mehr machen kann. Sie hat viele neue Sponsoren dazugewonnen und ist an Topmarken vergeben. Alleine das ist eine Riesenanerkennung und zeigt ihren Stellenwert in der Öffentlichkeit.

tennisnet.com: Für Andrea Petkovic und Sabine Lisicki war es ein extrem schwieriges Jahr. Was müssen die beiden tun, um die Trendwende zu schaffen?

Rittner: Erst mal müssen beide gesund bleiben und ihren Kopf zusammenhalten im Sinne von sich weniger Druck machen. Vor allem Andrea scheitert an ihren eigenen hohen Erwartungen. Wenn ich sie im Training spielen sehe, dann spielt sie Toptennis. Sie fragt sich immer selbst, warum der Knoten nicht platzt. Ich glaube, dass sie es zu sehr erzwingen will. Ich würde mir wünschen, dass sie auch mal wieder einen Schokokuchen ist oder ausschläft und eine Trainingseinheit weglässt. Bei Sabine ist es so, dass sie wieder ihre Ruhe finden und ihre private Situation abhaken muss, wo sie auf einem guten Weg ist. Für sie war es ein sehr schwieriges Jahr, sie hat darunter sehr gelitten. Ich hoffe, dass sie den Spaß wiederfindet und sich durch harte Arbeit zurückkämpft.

tennisnet.com: Auf welche deutsche Spielerin sollten wir 2017 ganz besonders achten?

Rittner: Letztes Jahr habe ich klar gesagt, dass Angelique Kerber ein Grand-Slam-Turnier gewinnen wird und Anna-Lena Friedsam gut spielen wird. Leider hat sich Anna-Lena nun eine schwere Schulterverletzung zugezogen. Ich würde sagen, dass Carina Witthöft nächstes Jahr in die Top 50 kommen wird. Bei den Jüngeren sollte man einen Blick auf Katharina Hobgarski haben, die nun viele ITF-Turniere in Folge gewonnen hat und sich 2017 in den Top 200 etablieren sollte.

tennisnet.com: Wenn Sie Ihre Nachfolgerin oder Nachfolger bestimmen könnten: Wem würden Sie diese Aufgabe gerne anvertrauen?

Rittner: Ich habe mir bereits viele Gedanken dazu gemacht. Als erstes würde man den Co-Trainer fragen. Dirk Dier würde es aber nicht machen wollen und fühlt sich als Co-Trainer perfekt aufgehoben. Ich habe jemanden konkret im Auge, der meine absolute Priorität wäre, aber den Namen möchte ich nicht öffentlich verraten, das wäre nur kontraproduktiv.

So lief das Fed-Cup-Jahr 2016

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