Couch Potato Federer macht frei

SID
Roger Federer ist ein Meister der optimalen Krafteinteilung
© getty

Beim ATP-Finale in London fehlen in Titelverteidiger Andy Murray, Novak Djokovic und Stan Wawrinka allein drei Grand-Slam-Champions aus Verletzungsgründen. Es ist bezeichnend dafür, dass sich das Hamsterrad immer schneller dreht.

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Ein kompletter Couch Potato war Roger Federer am freien Tag dann doch nicht. "Ich habe ja nicht ein oder zwei, ich habe vier Kinder. Ich kann deshalb nicht die ganze Zeit auf dem Sofa liegen", sagte der Schweizer Superstar, der sich beim ATP-Finale in London bereits vorzeitig für das Halbfinale am Samstag qualifiziert hat.

Federer verzichtete an seinem spielfreien Mittwoch auf jegliche Übungseinheiten auf dem Court. "Früher wäre ich vielleicht sogar noch eine Runde Squash spielen gegangen. So was mache ich heute nicht mehr", berichtete Federer über die Lernprozesse in Sachen Trainingsplanung.

Der Grand-Slam-Rekordchampion weiß mittlerweile, "dass mein Spiel nicht einfach so weg ist, wenn ich mal einen Tag frei nehme." Federer ist inzwischen 36 Jahre alt und kann bestens mit seinen Kräften haushalten.

Prominente Ausfälle

Gerade in dieser Saison hat der "Maestro" am Beispiel vieler Kollegen erlebt, was passiert, wenn der Körper streikt. Bezeichnend, dass Federers Dauerrivale Rafael Nadal nach seinem ersten Gruppenmatch ab der Themse zurückziehen musste. Wieder mal das Knie beim spanischen Branchenprimus!

Allein beim letzten Turnier des Jahres fehlten in Titelverteidiger Andy Murray (Hüfte), Novak Djokovic (Ellbogen) und Stan Wawrinka (Knie) drei Grand-Slam-Champions aus Verletzungsgründen.

Kurios, dass unzählige Werbeplakate von Djokovic die S-Bahn-Station North Greenwich direkt vor der mächtigen o2-Arena unweit der Themse pflastern. Die frühere Nummer eins aus Serbien sowie der britische Lokalmatador Murray konnten sich für den Schlagtausch der besten acht Profis des Jahres gar nicht qualifizieren, da sie ihre Saison bereits frühzeitig beendet hatten - und deshalb in der Weltrangliste sogar aus den Top Ten purzelten.

Djokovic hatte sich bereits Ende Juli entschieden, 2017 kein Turnier mehr zu spielen. Es passte zu einer Saison, die vor allen Dingen prominente Opfer gefordert hat wie kaum eine andere zuvor.

Bei den US Open im August konnten fünf der besten elf Profis nicht antreten. Auch der Kanadier Milos Raonic und der Japaner Kei Nishikori (beide Handgelenk), beide schon Major-Finalisten, mussten langfristig passen.

Terminhatz nimmt zu

Hat Federer vielleicht ein Rezept gegen den Trend? "Macht uns zehn Jahre jünger...", witzelte er. Doch stattdessen wird die Terminhatz rund um den Globus und durch die Zeitzonen immer größer. Die Dollar-Maschine läuft, Stillstand ist auch im Tennis-Geschäft Rückschritt. Deshalb werden immer neue Turniere aus dem Boden gestampft.

In diesem Jahr fand in Prag erstmals der Laver Cup statt - ein Duell Europa gegen die USA. Eigentlich ein Schau-Turnier, aber Schwergewichte wie Federer, Nadal und Alexander Zverev spielten.

Erst vor einer Woche ging dann die Premiere des sogenannten NextGen-ATP-Finals in Mailand über die Bühne - eine Art Mini-Masters für die Stars der Zukunft.

In dieser Saison strahlten 75 TV-Anstalten die Turniere in 195 Ländern auf allen sechs Kontinenten aus. Die Reichweite: Über 828 Millionen Zuschauer, wie die Spielervereinigung ATP mitteilte.

Bereits jetzt ist Zverev, der beim ATP-Finale sein Debüt feiert, bewusst, dass die Vorbereitung auf 2018 eine Herausforderung wird. "Die Erholungszeit ist extrem kurz", sagte der 20-Jährige, "ich mache nach London zwei Wochen frei, dann geht alles schon wieder von vorne los."

Gut möglich, dass Vierfach-Papa Federer in seiner dann 21. Profisaison (!) noch öfter zum Couch Potato wird.

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