Federer am Flughafen, Serena als GMOAT: Eindrücke aus Indian (Very) Wells

Maria Sharapova
© jimmie48 Tennis Photography

Indian Wells trägt zurecht den inoffiziellen Status als fünftes Grand-Slam-Turnier - das können wir von tennisnet.com nach den ersten Turniertagen bestätigen. Ein paar Gedanken zum Mega-Event in der kalifornischen Wüste.

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Von Florian Goosmann aus Indian Wells

  • Wer wissen will, wie Superstars am Flughafen behandelt werden: ganz normal. Roger Federer kam vor einer Woche mit seinem gesamten Trupp an: mit Mirka, den vier Kids, drei Nannys, Severin Lüthi und Fitnesstrainer Pierre Paganini. Autogrammjäger gab's keinen Einzigen - die einen schienen Federer ohne Tennisschläger nicht erkannt zu haben, die anderen achteten seine familiäre Privatsphäre. Nett anzuschauen war's: Federer hatte Sohn Lenny (oder war's Leo?) an der Hand und musste, wie jeder andere, beim Einreisebeamten vorbei. Während man selbst gefragt wurde, was man in Indian Wells mache ("Sind Sie Spieler oder Zuschauer oder was?"), bleibt die große Frage: Musste auch ein Roger Federer erklären, was er vorhat?

  • Auf der Fahrt zum Turnier, entlang der Interstate 10 von Los Angeles nach Indian Wells, hat sich Serena Williams' Mann Alexis Ohanian was Besonderes ausgedacht: Vier Billboards stehen am Straßenrand, bei Williams ist's aber keine Werbung, sondern Fotos von Töchterchen Olympia, die Serena diesmal nicht als GOAT ("Greatest Of All Time"), sondern als GMOAT bezeichnet: als "Greatest Momma Of All Time". Süß!
  • Indian Wells, so hat man jahrelang gehört, sei ein Traum - und nach dem ersten Besuch hier muss man sagen: Indian Wells ist ein Traum. Die Berglandschaft in der Wüste, das Licht, die Leute - toll! Vielleicht ist alles etwas zu perfekt, wenn man das kritisieren will, die Bäume, Blumen und Straßen zu ordentlich, zu blühend und zu rechtwinklig angelegt, aber das wär's dann auch schon. TV-Ermittler "Monk" hätte jedenfalls ebenfalls seinen Spaß hier. Indian Wells = Indian Very Wells!

  • Ein Hoch auch mal wieder auf die ersten Turniertage - und die Quali. Da gab's freien Eintritt, entsprechend gut besucht war sie. Ein Traum für wirkliche Tennisfreaks, die auch auf der Anlage den ein oder anderen Spieler (wiederum recht unbehelligt) entdecken konnten.

  • Was macht eigentlich... der Turnierdirektor? Tommy Haas sollte als Chef eines Masters-Turniers jedenfalls ein entspannteres Leben haben als jeder, der ein 250er- oder 500er-Event leitet. Die Spieler kommen ohnehin alle, sauber ist ebenso alles und die rüstigen Rentner aus Indian Wells dienen als freiwillige Helfer. Wundert also kaum, dass Haas immer recht entspannt über die Anlage schlenderte und einige Zeit hatte, Tennis zu schauen.

  • Zwei "spannende" Ergebnisse aus Runde eins: Naomi Osaka gewinnt gegen Maria Sharapova, Sachia Vickery gegen Eugenie Bouchard. Bei allen vier ist es aus unterschiedlichen Gründen interessant zu verfolgen, wo sie in ein, zwei Jahren stehen werden. Sharapova zeigte zum Ende ihres Matches noch mal Zähne, als sie in Satz zwei von 2:4 und 0:40 auf 4:4 ausglich - kurz später folgte ein Doppelfehler und eine unnötige Rückhand ins Netz. Die "alte" Maria Sharapova, so das Gefühl, hätte ihr Momentum eiskalt genutzt. Naomi Osaka sollte hingegen bald in den Top Ten stehen, wenn sie so weitermacht - und Genie vielleicht mal ein paar Monate Matchpraxis (und Siege und Selbstvertrauen) bei den Futures suchen. Bei aller Lästerei um ihre Tätigkeiten außerhalb des Courts: Sie ist zu gut, um außerhalb der Top 100 notiert zu sein. Und mit Vickery zeigte sich eine recht schlaue Spielerin erstmals der breiteren Öffentlichkeit.

  • Etwas schade vorm Turnier: Beim Media Day standen die jeweiligen Top acht der Welt in kleinen Pressekonferenzen Rede und Antwort. Das war nett, aber die aktuell "spannendsten" Spieler waren aufgrund ihres Rankings nicht dabei, wie Novak Djokovic, Serena Williams, Maria Sharapova und Victoria Azarenka. Und die hätte man tatsächlich nur zu gerne zu vielem befragt. Blöd, dass die ATP/WTA da nichts regeln konnte.

  • Ein herrliches Plätzchen: die große grüne Wiese neben den Trainingsplätzen. Hier wärmen sich alle auf (und ab), spielen Ball, strechen sich oder laufen oberkörperfrei herum (kurioserweise vor allem die Fitnesstrainer, aber man muss ja zeigen, was man hat). Wiederum toll für die Fans und Clubspieler zu sehen, dass nicht nur auf dem Platz gearbeitet wird oder eine kurze (und meist falsche) Dehnung reicht, bevor's losgeht.
  • Kennt ihr übrigens Peter Hewitt? Wir bislang auch nicht. Aber Lleyton ist ein Fuchs. Der vielleicht zurückgetretende Australier - ganz genau weiß man's ja nie bei ihm - besuchte regelmäßig ein kleines Starbucks auf dem Highway 111, nur wenige Meilen von der Tennisanlage entfernt, zusammen mit Schützling Alex de Minaur. Während der seine Bestellung unter rechtmäßig als "Alex" abholte, ließ sich Hewitt als "Peter" ausrufen. Die Tricks der Promis halt...

  • Noch was zu Maria Sharapova. Beim Termin mit ihrem Sponsor Porsche zeigte sie mal wieder, dass sie, bei aller Seriosität und Siegeswillen, einfach einen guten Humor hat. Auf die Bitte, beim Shooting nicht auf der Kühlerhaube zu posieren, reagierte Sharapova, indem sie sich erst recht hinsetzte, mit großer Verve runterrutschte, das Porsche-Team aus den Augenwinkeln fixierte und herzlich lachte. Beim anschließenden Gespräch zeigte sie ihre andere Seite, gab tiefgründige Gedanken zum unrunden Comebackjahr sowie der Entwicklung im Tennis - und zollte Erzrivalin Serena Williams höchsten Respekt. Ein professioneller und Auftritt, der erklärt, was ihre Partner an ihr so schätzen.

  • Und apropos Serena Williams: Da gab's ja doch einige Fragezeichen nach den bisherigen Sichtungen, wie in Abu Dhabi oder beim Fed Cup. Nach dem ersten wirklichen Auftritt ist klar: Serena will's noch mal wissen, auch wenn sie von den 100 Prozent vor allem körperlich noch weg ist. Ob sie schon 2018 bei um Major-Titel 24 spielen kann? Warum nicht. Dem Tennis tut's jedenfalls gut, dass sie wieder da ist.

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