Renaissance der Tennis-Titanen

Rafael Nadal (r.) hat in Madrid das 30. Masters-Turnier seiner Karriere gewonnen
© getty

Fünf große Titel sind 2017 bis dato vergeben worden - drei davon hat Roger Federer geholt, die letzten beiden Rafael Nadal. Über die sportliche Wiedergeburt zweier Legenden, mit der diese selbst nicht gerechnet haben.

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Erst lieferte Roger Federer die mitreißenden Szenen und Pointen zum erstaunlichen Spiel-Film dieser Tennisserie. Und als der Schweizer Maestro sich erst mal in den wohlverdienten Urlaub verabschiedete, zum Ausspannen und Kräftetanken, da übernahm sein ewiger Rivale, sein Freund und Weggefährte Rafael Nadal, in gewohnter Weise die Regie in den Sandarenen des Wanderzirkus.

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Nein, es ist kein Rückblick, keine Archiverzählung aus den Zeiten, als sich der Schweizer und der Spanier wie selbstverständlich die Macht und Herrschaft im Welttennis teilten, etwa in den Jahren 2006, 2007 oder 2008. Was sich wundersamer Weise in diesen Tagen, Wochen und Monaten auf der Tingeltour der Tennisnomaden abspielt, ist nichts weiter als die denkwürdige Neubelebung des größten Konkurrenzdramas überhaupt - Federer und Nadal sind bisher die beherrschenden Figuren der Saison 2017, gegen alle Erwartung, nicht zuletzt gegen alle eigenen Hoffnungen.

"Es ist verrückt, was passiert", sagte Nadal am Sonntagabend, als ihm der 30. Masters-Sieg seiner Karriere geglückt war, auf heimischem Terrain in Madrid, gegen den bärenstarken österreichischen Newcomer Dominic Thiem.

Federer und Nadal packen wieder zu

Alles, was es in diesem Jahr an wichtigen Titeln und Trophäen zu gewinnen gab, befindet sich im Besitz der wieder rüstigen, zupackenden Herren Federer und Nadal. Der Eidgenosse hatte zunächst mit seinem Sprint von Null auf Hundert imponiert, er gewann die Australian Open (im Endspiel gegen Nadal) und dann auch noch die Masters-Finals in Indian Wells und Miami.

Auch dort, im Süden Floridas, stand ihm Nadal gegenüber, er war schon damals in glänzender Form und Verfassung - ganz anders als über weite Strecken der zurückliegenden, von Verletzungssorgen überschatteten Jahre. Federer prophezeite, dass Nadal, dieser gladiatorenhafte Kämpfer, eine "Riesensaison auf Sand" spielen wird - und wie fast immer sollte der 35-jährige recht behalten.

Wie in alten, grandiosen Zeiten

Seit die Hauptpreise nun wieder bei den ausdauernden, strapaziösen Rutschübungen vergeben werden, ist Nadal der bestimmende Hauptdarsteller. Wie in alten, wie in grandiosen Zeiten. "Er spielt wie in der Glanzphase seiner Karriere", sagte Thiem, der geschlagene Finalist von Madrid.

Monte Carlo, Barcelona, nun auch Madrid: 15:0-Siege stehen in seiner Bilanz, mit der er seine Reputation als bester Sandplatzspieler aller Zeiten nachdrücklich festigte. 52 seiner 72 Karrieretitel hat der Mallorquiner in seiner Spezialdisziplin gewonnen, Sandplatztennis ist und bleibt noch immer die große Domäne des leidenschaftlichen, martialisch kämpfenden Professionals.

"Ich bin einfach dankbar, dass ich wieder dieses gute Tennis spielen kann - ohne gesundheitliche Probleme, ohne Zweifel und Sorgen", sagte Nadal, der nun vor Federer sogar die Jahreswertung im Herrentennis anführt. Im letzten Jahr fehlten sie beide erstmals zusammen beim rauschenden Saisonfinale der Tennisszene, in Londons 02-Arena, bei der Weltmeisterschaft der besten Axht, 2017 werden mittendrin und nicht nur dabei sein im Titelkampf. "Die Renaissance der Dinos", titelte bereits liebevoll-ehrfürchtig das amerikanische Magazin "TennisLife."

Wer soll den König stoppen?

Doch zunächst wartet die große Herausforderung Paris. Ob sich die Wege der beiden alten Meister dort kreuzen werden, ist noch nicht ausgemacht. Federer ringt noch mit sich selbst: Soll er Kräfte bei einer unmöglich scheinenden Titelmission vergeuden - oder nicht lieber alle Energie auf seinen persönlichen Saisonhöhepunkt verwenden, auf Wimbledon?

Für Nadal stellen sich keine Fragen um Paris, er will dort einen historischen, ehemals für unmöglich gehaltenen zehnten Titel. Und wer soll ihn in seiner brachialen Siegesattitüde auch gegenwärtig stoppen, ihn, den König der Sandplätze.

Etwa Djokovic, der Titelverteidiger von Roland Garros? In Madrid demontierte Nadal den verunsicherten Serben, der nicht wirklich aus seiner tiefgreifenden Sinn- und Ergebniskrise herausfindet. Sieben Spiele hatte Djokovic zuvor gegen Nadal gewonnen, sogar 15 Sätze hintereinander, aber in diesem Madrider Halbfinale war er nur ein Statist der großen Nadal-Show.

Djokovic, aber auch Murray, der Weltranglisten-Erste, waren die beiden Marktführer, als der Tennisbetrieb ins Jahr 2017 startete. Aber während ihre beiden Namen gerade mit Scheitern und Rückschlägen assoziiert werden, sorgen Federer und Nadal für die schillernden, strahlenden Momente.

Die Titanen von Gestern - sie sind im Hier und Jetzt die Taktgeber der großen Tenniskarawane. "Ein Tennisjahr mit Roger und Rafa wie zum Verlieben", verkündet da Australiens "Herald Sun".

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