Service-Corner: Aggressiv spielen, ohne sich im Tempo zu verlieren

Von Marco Kühn
Aggresives Tennis muss nicht immer kraftvoll sein.
© getty

Die bedingungslose Attacke wird für die meisten Spieler nicht zum Erfolg führen, solange sie nicht Roger Federer heißen. Der Schweizer spielt das aggressive Spiel in Perfektion und macht sich dabei fast immer von seinem Gegner unabhängig. Wer auf der anderen Seite des Netzes steht scheint irrelevant - Federer spielt sein Spiel und gewinnt.

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Wer als normaler Mensch aggressives Tennis auf den Platz zaubern will, der muss allerdings ein paar Fakten beachten. Spielt man wild und so aggressiv es einem selbst möglich ist, verliert man sich schnell im eigenen Tempo.

Von Schlag zu Schlag will dann noch aggressiver und vor allem noch schneller gespielt werden. Ab dem dritten oder vierten Schlag wird diese Spielidee allerdings extrem riskant und verursacht auf Dauer mehr Fehler als Gewinnschläge.

Aus der eigenen Perspektive

Ich bin kein Anhänger der Theorie, dass man immer sein eigenes Spiel durchbringen sollte. Tennis ist komplex und lebt von der Dynamik der ständigen Veränderung. Wenn die Sonne in einem Match wandert oder sich der Wind dreht, passt man sich auch diesen Umständen an, indem man seinen Ballwurf oder seine Position verändert.

Das gleiche Prinzip gilt für das eigene, in diesem Falle aggressive Tennis. Die grundlegende Spielidee der bedingungslosen Offensive funktioniert solange, wie der Gegner dies durch sein Spiel begünstigt. Die Position in den Ballwechseln ist für den aggressiven Spieler sowie für dessen Gegner von hoher Wichtigkeit. Spielen beide Spieler aggressiv und mit einem hohen Tempo, wird derjenige gewinnen, der sein Spiel besser den Spielsituationen anpassen kann.

Die Balance ist die entscheidende Zutat, die das aggressive Spiel wirklich effektiv macht. Dafür ist ein hohes Maß an Spielverständnis und ein gutes Auge notwendig. Wer meint mit gnadenloser Bolzerei erfolgreich Tennis spielen zu können, der wird gegen qualitativ gute Gegner keine Chance haben.

Das Zusammenspiel aus Tempo und Spielverständnis

Das Ziel des aggressiven Spielers muss in jedem Ballwechsel der kurze Ball des Gegners sein. Aggressives und schnelles Tennis ist schwerig durchzusetzen, wenn der Gegner langsam, halbhoch und sehr nah an die Grundlinie spielt. Dann entstehen schnell vermeintlich leichte Fehler. Diese leichten Fehler provozieren Wut. D

ie Wut verursacht dann noch mehr leichte Fehler. Es entsteht ein Kreislauf, der unlogisch betrachtet wird. Der Gegner hat in diesem Beispiel seinen Beitrag für die leichten Fehler geleistet, indem er eine hervorragende Länge in seinen Schlägen hatte. Dieses Szenario zeigt, dass ein gutes Spielverständnis für aggressives Tennis unerlässlich ist.

Um effektiv aggressiv spielen zu können, sollte das eigene Spiel in drei Stufen unterteilt werden:

  • Bequem
  • Druck
  • Endstufe

Die ersten beiden Stufen dienen dazu, um den Gegner zu kurzen Bällen zu zwingen. Extreme Topspin-Schläge können "Druck" auf den Gegner ausüben, ohne zu hohes Tempo gehen zu müssen. Ein höheres Tempo hätte zu viel Risiko zur Folge.

Über Bequeme Schläge zum Erfolg

"Bequeme" Schläge wie der Slice oder der nah an die Grundlinie gespielte, lange Ball, können dem Gegner Fragen stellen. Bevor man mit einem Winner antwortet, muss dem Gegner zuvor eine schwierige Frage gestellt werden. Erst dann kann die dritte Stufe, die "Endstufe", gezündet werden.

Die Endstufe ist der Schlag, der das Ende des Ballwechsels und damit den Punktgewinn einleiten soll. Es muss nicht der erste Schlag in der totalen Offensive sein, der zu einem direkten Punktgewinn führt. Auch mit dem zweiten oder dritten Schlag in dieser offensiven Haltung kann gepunktet werden.

Roger Federer hat sehr häufig mit dem letzten Schlag im Ballwechsel leichtes Spiel. Sei es ein simpler Flugball ins offene Feld oder eine Vorhand aus dem T-Feld, während der Gegner abgeschlagen außerhalb des Spielfelds nur noch zuschauen kann. Diese Spielsituationen sind das Ergebnis von den drei beschriebenen Stufen.

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