Murray angeschlagen ausgeschieden

SID
Andy Murray musste seinen Schmerzen Tribut zollen
© getty

Der Jubel über Johanna Kontas geschichtsträchtigen Sieg war erst wenige Stunden verklungen, da erfasste den All England Club in Wimbledon das Entsetzen. Andy Murray, Titelverteidiger aus Schottland, Weltranglistenerster und in den vergangenen Jahren die Zuverlässigkeit in Person, scheiterte überraschend am Einzug ins Halbfinale. Murray unterlag dem Amerikaner Sam Querrey sichtlich angeschlagen nach 2:42 Stunden 6:3, 4:6, 7:6 (7:4), 1:6, 1:6.

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Seine Hüfte habe bereits "das ganze Turnier wehgetan", sagte Murray, suchte aber nicht nach Ausreden: "Ich habe nicht gut genug gespielt, um länger dabei zu bleiben. Sam hat am Ende großartig aufgeschlagen. Ich habe mein Bestes gegeben, bin stolz darauf, aber jetzt traurig, dass es vorbei ist."

Während der zweimalige Champion, der Anfang 2017 von der Queen zum Ritter geschlagen worden war, jetzt um seinen Platz auf dem Tennis-Thron bangen muss, betritt Querrey mit 29 Jahren Neuland. Beim 42. Anlauf erreichte er erstmals das Halbfinale bei einem der vier Grand-Slam-Turniere. Niemand zuvor in der Geschichte des Profitennis (seit 1968) hat mehr Versuche gebraucht. "Ich bin selber noch schockiert. Halbfinale - ein Traum wird wahr", sagte Querrey nach dem Coup.

Nun gegen Cilic

Am Freitag spielt Querrey, der im vergangenen Jahr in Wimbledon die Siegesserie des Serben Novak Djokovic nach vier Majortiteln beendet hatte, gegen den Kroaten Marin Cilic um den Einzug ins Endspiel. Der US-Open-Sieger von 2014 setzte sich gegen Nadal-Bezwinger Gilles Müller (Luxemburg) 3:6, 7:6 (8:6), 7:5, 5:7, 6:1 durch. Querrey ist der erste Halbfinalist bei einem Grand Slam aus den USA seit Andy Roddick 2009 in Wimbledon.

Murray (30) dagegen muss zuschauen, wenn die Runde der besten Vier ausgespielt wird. Das war ihm seit seinem ersten Halbfinaleinzug vor neun Jahren nur einmal passiert: 2014, damals erholte er sich gerade von einer Rückenoperation. Auch diesmal litt Murray unter Verletzungsproblemen. Seine Hüfte schmerzte, er verpasste einen Teil der Vorbereitung. Dennoch hatte er sich die Niederlage gegen Querrey auch selbst zuzuschreiben.

Kraft weg

In den ersten Sätzen verbrachte Murray mehr Zeit als nötig auf dem Court, er führte im zweiten Durchgang bereits mit einem Break Vorsprung und warf den Satz weg, als er zehn Minuten völlig neben sich stand. Im dritten Durchgang schlug er bereits zum Satzgewinn auf und musste doch den Umweg über den Tiebreak nehmen. Daraufhin schien seine Kraft endgültig aufgebraucht zu sein. In den letzten Minuten wurde das Match für Murray zum Debakel, zuvor hatte er sieben von acht Duellen mit Querrey gewonnen.

Damit ruhen die britischen Hoffnungen nur noch auf Johanna Konta, die am Donnerstag erstmals im Halbfinale ihres Heim-Grand-Slams steht. Die 26-Jährige aus Eastbourne an der Küste trifft auf die fünfmalige Titelträgerin Venus Williams (37) aus den USA. Die Fans und die Boulevardpresse haben die gebürtige Australierin längst ins Herz geschlossen.

Alles auf Konta

Mehr als sieben Millionen Zuschauer fieberten bei ihrem Viertelfinalsieg über die Rumänin Simona Halep vor den Fernsehern mit. Rock-Urgestein Mick Jagger gratulierte via Twitter zum Sieg, und Virginia Wade, die vor 40 Jahren als letzte Britin in Wimbledon triumphiert hatte, klatschte angesichts der "brillanten Vorstellung" aus der Royal Box Beifall.

Die Presse überschlägt sich bereits beim Texten der Schlagzeilen über "die Frau", die laut Murrays Mutter Judy, "immer gegen die Angst kämpfte". Die Sun jubelte "Joronimo", die Daily Mail nannte "Jo" Konta "History Girl". Immerhin hatte die Hoffnungsträgerin beim 6:7 (2:7), 7:6 (7:5), 6:4 gegen Halep den ersten Bann gebrochen und war als erste Britin seit Wade 1978 ins Halbfinale eingezogen.

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