Ohne Flugshow zum Duell gegen Murray

Dustin Brown
© Jürgen Hasenkopf

Dustin Brown zieht in Wimbledon in die zweite Runde ein. Nun bekommt der 32-jährige Deutsche das ganz große Spiel: ein Rendezvous mit Andy Murray, Titelverteidiger und Nummer eins der Welt.

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Von Christian Albrecht Barschel aus Wimbledon

324 Sitzplätze bietet der Court 14 im All England Lawn Tennis & Croquet Club, der sich direkt gegenüber dem Medienzentrum befindet. Bereits 15 Minuten vor Spielbeginn zwischen Dustin Brown und Joao Sousa ist der Platz rappelvoll. Hunderte Zuschauer warten außerhalb, um vielleicht doch noch einen Sitzplatz zu ergattern - vergeblich! Die Zuschauer hoffen auf die große Flugshow von "Dreddy", wie Brown genannt wird. Der 32-jährige Deutsche ist nicht nur in Wimbledon ein Zuschauermagnet, spätestens seit seinem denkwürdigen Sieg vor zwei Jahren in der zweiten Runde gegen Rafael Nadal.

3:6, 3:5 - dann kommt die Wende

Brown geht, wie es nicht anders zu erwarten war, von Anfang an hohes Risiko. Die erste Stop-Lob-Kombination sehen die Zuschauer bereits im allerersten Spiel. Um 11:46 Uhr gibt es den ersten Szenenapplaus, als Brown einen langen Ballwechsel mit einem starken Passierball abschließt. Um 11:50 Uhr ist "Dreddy" das erste Mal auf dem Boden, aber nicht, wie sich viele auf Court 14 wünschen, nach seinem typischen Volleyhecht, sondern wegen eines Ausrutschers. Wenige Sekunden später steht es 3:1 für Sousa, gefolgt von dem ersten Tweener der Partie - allerdings erfolglos. Nach nur 22 Minuten ist der erste Satz bereits beendet - 6:3 für den Portugiesen.

Bei Brown läuft wenig zusammen. Zwar glänzt er hin und wieder bei seinen Netzattacken, doch die wichtigen Punkte gehen allesamt an Sousa. Als alles danach aussieht, dass sich der Portugiese in weniger als 50 Minuten eine 2:0-Satzführung sichert, wendet sich das Blatt. Brown findet seinen Schlagrhythmus beim Return und schafft nach Abwehr eines Satzballes das Break zum 5:5. Im Tiebreak schlägt er zu, das 7:5 bedeutet den Satzausgleich.

Sousa faucht den Schiedsrichter an

Brown hat es geschafft, in den Kopf von Sousa reinzukommen. Die Stop-Lob-Kombination gelingt ihm immer öfter. Nach dem kassierten Break zum 4:3 ist Sousa mehr mit dem Schiedsrichter beschäftigt als mit seinem Spiel. "Wir reden hier über eine Menge Geld, nicht darüber, dass jeder glücklich ist", faucht er in Richtung des Schiedsrichters, der aus seiner Sicht bei strittigen Situationen nicht überstimmt. Ein Hawkeye gibt es nicht auf Court 14. Kurz darauf ist Brown sauer, als der Schiedsrichter das erste Mal eine Entscheidung überstimmt und einen artistischen Schlag des Deutschen im Aus sieht. Der dritte Satz geht mit 6:4 an Brown.

Umso länger das Match dauert, umso mehr kommt Brown in Spiellaune und punktet mit spektakulären Schlägen. Das Break zum 3:2 ist die Vorentscheidung. Sousa kann nicht mehr zusetzen und schimpft stattdessen lieber über den Schiedsrichter. Nach exakt zwei Stunden ist das Spiel zu Ende. 3:6, 7:6 (7:5), 6:4, 6:4 für Brown. "Bei 3:6, 3:5 habe ich meine Herangehensweise geändert und versucht, ihm weniger Zeit zu geben und mehr Serve-and-Volley zu spielen. Der Rasen ist zwar gleich geblieben, aber die Bälle sind hier langsamer als sonst, was ein aggressives Spiel schwieriger macht und die Bälle am Netz zu beenden. Das sah man schon in den Wochen zuvor, es gibt viel weniger Serve-and-Volley. Auch Spieler wie Gilles Müller spielen mehr von der Grundlinie", erklärt er nach seinem Sieg.

"Ich hoffe, dass mich keiner ausbuht"

Den berüchtigten Brown-Hecht sehen die Zuschauer nur einmal, vielleicht hat sich "Dreddy" seine Flugshow für die zweite Runde aufgespart. Dort wartet das ganz große Spiel, ein Centre-Court-Duell mit dem Titelverteidiger und der Nummer eins der Welt, Andy Murray. Der Schotte siegte in der ersten Runde gegen Lucky Loser Alexander Bublik (Kasachstan) klar mit 6:1, 6:4, 6:2. Von der Beeinträchtigung einer Hüftverletzung war nicht viel zu sehen. "Es ist eines der Matches, worauf ich mich richtig freue. Aber ich genieße erst mal den Sieg, danach denke ich über das kommende Match nach." Brown braucht sicherlich einen Sahnetag wie vor zwei Jahren gegen Nadal, um gegen Murray zu bestehen. "Er ist einer der besten Returnspieler. Ich muss ihn aus der Komfortzone bringen. Wenn ich in drei Sätzen verliere, wird es keinen stören."

Vor sieben Jahren standen sich Brown und Murray das bislang einzige Mal gegenüber. Der Schotte gewann mit 7:5, 6:3, 6:0. Aber: Es ist sieben Jahre her. "Und es war nicht auf Rasen", fügt Brown mit einem Lächeln hinzu. Das Publikum wird sicherlich auf der Seite von Murray sein. "Ich hoffe, dass mich keiner ausbuht", sagt Brown. Wer weiß: Vielleicht spielt sich "Dreddy" ein weiteres Mal in die Herzen der Fans. Zwei Wimbledonsieger hat er in Wimbledon schon bezwungen: Lleyton Hewitt im Jahr 2013, Nadal im Jahr 2015, und 2017?

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