„Dammi nomol“ - Roger Federer macht einen auf Jogi Löw

Beim Weissenhof-Turnier mogelt sich Roger Federer weiter durch. Und trifft am Samstag um 12 Uhr auf Dominic Thiem.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 10.06.2016, 16:19 Uhr

STUTTGART, GERMANY - JUNE 10: Roger Federer of Switzerland serves against Florian Mayer of Germany during the quarterfinals on day 7 of Mercedes Cup 2016 on June 10, 2016 in Stuttgart, Germany. (Photo by Daniel Kopatsch/Bongarts/Getty Images)

Von Florian Goosmann aus Stuttgart

Durchgemogelt, Stuttgart, die Zweite: Roger Federer sorgt noch nicht für die berühmten "Federer-Momente" auf dem Weissenhof, aber zumindest ein Spiel bleibt ihm dafür noch Zeit. Im Viertelfinale gegen Florian Mayer nervten Federer viele Grundlinienfehler, die er pünktlich vorm EM-Auftakt mehrfach mit einem "Dammi nomol" in bestem Jogi-Löw-Style kommentierte.

Und dennoch: Es sind genau die Spiele und Situationen, die auch einen verletzungsbedingt eingerosteten Roger Federer vom Rest des Feldes abheben. Denn auch wenn Mayer den "Maestro", vom Aufschlag abgesehen, nur bei "70 oder 75 Prozent" sah, packte dieser in den wichtigen Situationen doch zu. "In den entscheidenden Phasen steht da drüben halt der Roger", kommentierte Mayer im Anschluss seine siebte Niederlage im siebten Vergleich. Die entscheidenden Phasen waren im Viertelfinale zwei Satzbälle Mayers, die dieser mit zwei Returnfehlern auf Federers zweiten Aufschlag vergab - und die beiden Tiebreaks, die Federer mit starkem Tennis 7:2 und 7:1 gewann.

Der "Maesto" braucht Matchpraxis

Das Match gegen Mayer - wie auch das am Vortag gegen Fritz -, es war das beste Beispiel, warum auch ein Roger Federer mit 1.072 Match-Siegen aktuell vor allem eines braucht: viele Spiele. "Jedes Match, das ich spielen kann, bringt mich näher zu möglichen Bestleistungen und weiter weg von der Operation und Verletzung. Daher ist es extrem wichtig, Turniere zu spielen. Denn da bekommt man alle Informationen. Man kann noch so viel oder hart trainieren, es gibt keinen Vergleich dazu, in einem vollen Stadion zu spielen, unter Druck Breakbälle abwehren zu müssen, unter Druck Passierbälle zu spielen, den Körper da durchgehen zu lassen."

Dass Federer jedoch nicht nur Matches fehlen, sondern verletzungsbedingt zuletzt auch die körperliche Vorbereitung zu leiden hatte, gab der Schweizer offen zu. "Es gibt Positives und Negatives. Ich konnte andere kleine Probleme auskurieren lassen. Dafür aber noch nicht ans Limit gehen, fünf Sätze spielen, die vielen Turniere. Mir fehlt der Aufbaublock, auf der anderen Seite bin ich in anderen Bereichen stärker geworden, weil ich viele Sachen machen musste und konnte, während ich andere Dinge nicht tun konnte." Auch die Folgen seiner Meniskusverletzung bleiben wohl ein Thema für die nächsten Wochen und Monate. "Wir sind immer noch am Arbeiten, damit wir die Stärke im linken Bein aufholen. Das wird durchs Jahr durchgehen, das ist ganz normal, damit keine zu große Dysbalance entsteht."

Bloß kein falscher Rhythmus

Die Absage für die French Open, als der Rücken mal wieder streikte, war auch in Stuttgart noch Thema. "Es ist wichtig, nicht zu lange mit einem kaputten Rücken zu spielen. Sonst gewöhnt man sich gewisse Dinge an, schlägt anders auf. Daher ist es wichtig, das ausheilen zu lassen und voll zurückzukommen. So, als ob man nie etwas gehabt hätte. Manchmal muss man spielen, weil das Event vielleicht zu groß ist, wie beim Davis Cup 2014. Ich wusste, dass ich danach Urlaub habe und trainieren kann, da war das kein Problem. Aber das sollte man nicht zu oft machen. Das ist auch einer der Gründe, warum ich Paris ausgelassen habe. Damit ich mich nicht an einen falschen Rhythmus gewöhne."

Den richtigen Rhythmus will Federer möglichst schnell wieder finden. "Die Matches werden mir zeigen, wie nah oder weit weg ich bin von der körperlichen Spitze, auch vom Spiel her." Die große Frage, wo er aktuell steht, kann jedoch nicht mal Federer beantworten. "Ich bin selbst gespannt. Wir können selbst nur ahnen, wie weit weg wir sind, mit dem Physio, mit dem Kondi-Trainer, mit den Coaches. Darum ist es auch ab und zu wichtig zu sagen: Okay, jetzt spielen wir Matches. So bekommen wir die Informationen, die wir brauchen."

Freude über zwei Siege am Stück

Ob die Highlights der Saison, auf die Federer noch im Winter den Hauptaugenmerk für 2016 gelegt hatte - nämlich Wimbledon, Rio und die US Open -, ein realistisches Ziel sind, für Federer-Verhältnisse also eine Siegmöglichkeit besteht? Keiner weiß es. "Mit den Problemen in diesem Jahr sehe ich alles Schritt für Schritt zum Comeback, damit ich mich wieder zu 100 Prozent gut fühlen kann. Ob das in Wimbledon ist oder danach oder schon in Halle oder Stuttgart... Das werden wir alles sehen." Aktuell genießt Federer seine Siege auf dem Weissenhof. "Die Freude ist groß, dass ich hier zwei Matches gewinnen konnte. Das war mein erster Gedanke nach dem Matchball: Schön, endlich mal zwei Matches am Stück zu gewinnen, auf Rasen, in Stuttgart."

Ob ein dritter oder vierter Sieg hinzukommt? "Ich habe Anfang der Woche schon gesagt: Wenn ich ins Halbfinale komme, fange ich auch leise an zu träumen, vielleicht den Titel hier zu holen - weil es nur noch zwei Matches zu gewinnen gibt." Eines davon, das nächste, das am Samstag um 12 Uhr, findet gegen Dominic Thiem statt , den Shootingstar der Saison, der mittlerweile auch seine Gras-Phobie abgelegt hat - und dem Federer zuletzt angeschlagen in Rom unterlag. Genau diese Niederlage will Federer wieder wettmachen. "Dominic Thiem ist ein super Spieler, der den Durchbruch geschafft hat in die Top Ten. Ich würde gerne meine Revanche nehmen von Rom." Sicher ist: Um gegen Thiem zu siegen, wird er einige "Federer-Momente" auspacken müssen.

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10.06.2016, 16:19 Uhr