Angelique Kerber nimmt nächste Hürde auf dem Weg zur Titelverteidigung

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 22.04.2016, 00:00 Uhr

STUTTGART, GERMANY - APRIL 20: Angelique Kerber of Germany plays a forehand in her match against Annika Beck of Germany during Day 3 of the Porsche Tennis Grand Prix at Porsche-Arena on April 20, 2016 in Stuttgart, Germany. (Photo by Dennis Grombko...

Es war eine Demonstration von Stärke, Souveränität und Selbstsicherheit. Und auch eine Kampfansage von Angelique Kerber an die liebe Konkurrenz, dass sie im Pokalrennen beim Porsche Tennis Grand Prix des Jahres 2016 bis zuletzt mitmischen und ihren kostbaren Titel verteidigen will. 6:2 und 6:4 siegte Kerber am Freitagnachmittag gegen die gefährliche Spanierin Carla Suarez Navarro in einem Viertelfinalmatch, bei dem nicht wenige mit einer ganz anderen Dramaturgie, mit einem ganz anderen Spielfilm gerechnet hatten - nicht zuletzt wegen der zurückliegenden Länderspielstrapazen und des Kräfteverschleißes für Kerber. "Es ist dieses Turnier, die Zuschauer, die Atmosphäre, die bei mir immer die letzten paar Extraprozent rausholen", sagte Kerber nach dem unerwarteten Kantersieg noch auf dem Centre Court im Interview mit Ex-Profi und TV-Experte Heinz Günthardt, dem Bruder von Turnierchef Markus Günthardt.

In der Tat war es wieder ein emotionales Wechselspiel zwischen dem geneigten Publikum, das ja in dieser Woche auch in die Porsche-Arena strömt, um die erste deutsche Grand-Slam-Siegerin nach Steffi Graf zu bestaunen und zu feiern. Und eben jener Angelique Kerber, die durchaus positive Energie aus der neuen Rolle im Rampenlicht zu ziehen vermag - nach den anfänglichen Schwierigkeiten, die das Königinnen-Dasein so mit sich brachte. Stuttgart allerdings, die Heimbasis des deutschen Tennisdamen, spielt seit jeher eine Sonderrolle im Spiel der Gefühle und der mentalen Power, das betonte auch Kerber noch einmal: "Wenn du das ganze Jahr in der ganzen Welt unterwegs bist, wirkt Stuttgart wie ein Familientreffen. Mit den Menschen, die du wiedertriffst. Den tollen Fans. Der schönen Organisation. Du gehst irgendwie noch ein Stück leidenschaftlicher ans Werk."

Keine Anlaufprobleme, keine Erschöpfungsmerkmale

Die Mühsal des Klassenerhalts in der Champions League des Welttennis, bewerkstelligt letztes Wochenende in Rumänien, schien bei Kerber nur in der Auftaktrunde auf, im Duell mit der tüchtigen Landsfrau Annika Beck, die ja aus deutscher Sicht auch zu den erfreulichen Erscheinungen der Saison gehört. Nach verlorenem Auftaktsatz allerdings übernahm Kerber auch in jener Partie zwingend und konzentriert das Kommando. Gegen Suarez Navarro, die kleine, drahtige Kampfmaschine aus Spanien, gab es nicht einmal Kerbers notorische Startschwierigkeiten zu sehen, keine Anlaufprobleme, schon gar keine Erschöpfungsmerkmale. Schlichtweg imponierend regierte Kerber das Geschehen, diktierte dem Zweikampf ganz klar die Regie auf. Mit ihrer erfreulichen Aggressivität unterband die Kielerin von vornherein die Abnützungsduelle von der Grundlinie, ließ Suarez Navarro nie in irgendwelche Marathon-Ballwechsel hinein kommen. "Es war ganz klar die Strategie, das Heft in die Hand zu nehmen. Selbst die Ballwechsel zu bestimmen. Und das ist auch sehr gut gelungen", sagte Kerber hinterher.

Der energische, zupackende Viertelfinal-Auftritt illustrierte auch, dass Kerber nun, in der heißen Saisonphase mit Höhepunkten auf der WTA-Tour und mit den Grand Slams in Paris und Wimbledon, ihre innere Balance und auch die körperliche Kraft wiedergefunden hat. Die Qualitäten, die sie zum Triumph von Melbourne führten, braucht sie auch in den kommenden Wochen der dauernden harten Bewährungsproben, ob daheim in Stuttgart und In Nürnberg. Oder auf den allergrößten Bühnen ihres Sports. Kerber hat selbst gesagt, sie sei nun "fast immer die Gejagte", die Spielerin, gegen die es sich für andere zu siegen lohnt. Aber sich in dieser Aufgabe zu bewähren und sie zu meistern, kann auch enormen Spaß bringen. Und Titel, die gefühlt noch werthaltiger sind.

von Jörg Allmeroth

Freitag
22.04.2016, 00:00 Uhr