Angelique Kerber hat noch Platz für zweiten Porsche

Deutschlands Nummer eins hat ihre Energie wiedergefunden. Am Sonntag im Finale will sie ihren Titel verteidigen.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 23.04.2016, 15:27 Uhr

STUTTGART, GERMANY - APRIL 22: Angelique Kerber of Germany plays a forehand in her match against Carla Suarez Navarro of Spain during Day 5 of the Porsche Tennis Grand Prix at Porsche-Arena on April 22, 2016 in Stuttgart, Germany. (Photo by Dennis ...

Von Florian Goosmann aus Stuttgart

Petra Kvitova gehört nicht gerade zu denjenigen, die lange fackeln. Ein zu kurzer Ball der Gegnerin, und K-Viddy, wie sie Nickname-Fan Brad Gilbert nennt, schlägt zu. Herzlos, humorlos, ohne Gnade. Ziel anvisiert, Schuss - und Treffer.

Angelique Kerber hingegen gehörte, zumindest für lange Zeit, zu denjenigen, die zu lange fackeln, zumindest außerhalb des Trainingscourts. Kerber rannte lieber einige Meter mehr pro Ballwechsel, als zu früh zu attackieren, als selbst die Initiative zu übernehmen. Eine Sache, an der sie schon lange arbeitet und die sie die letzten Jahr stark verbessert hat: selbst früher aktiv zu werden und die Ballwechsel zu bestimmen.

Gesamtpaket als Vorteil bei Kerber

Am Samstagnachmittag in der Porsche Arena blieb der deutschen Nummer eins gegen die schussgewaltige zweifache Wimbledon-Siegerin Kvitova eh nichts anderes übrig, als ihr Glück in der Offensive zu versuchen. Kvitova hatte am Vortag im Viertelfinale gegen Garbine Muguruza aus allen Rohren geschossen und dabei, vor allem in den Sätzen eins und drei, so ziemlich alles getroffen. Und wie so oft den Eindruck vermittelt, beim Ballkontakt einen noch knackigeren, noch satteren, noch herzloseren Sound hinzubekommen als andere Profikolleginnen.

Kerber nahm den Wettbewerb an: Von Beginn an versuchte sie, Kvitova zu beschäftigen, sobald es möglich war; Kvitova, die im Gegensatz zu ihr zwar den müheloseren, schonungsloseren, schwungvolleren Schlag im Repertoire hat, aber bei weitem nicht die zusätzlichen Defensivqualitäten.

"Habe versucht, mich gut zu bewegen und draufzugehen"

In Satz eins nahm Kerber ihrer Kontrahentin gleich doppelt den Aufschlag ab, und ließ sich auch durch ein paar Kvitova-Geschosse nicht aus dem Konzept bringen, die der Tschechin zumindest ein Rebreak einbrachten. Belohnung: 6:4 für die Titelverteidigerin. In Satz zwei wehrte Kerber früh zwei Breakchancen von Kvitova ab, die ihre dritte dann jedoch zum 6:4 und somit zum Satzausgleich nutzte.

In Satz drei dann die Vorentscheidung mit einem Punkt, der symptomatisch für Kerber und Kvitova war: Die Tschechin bestimmte den Punkt, spielte eine Vorhand gegen den Lauf, die wohl gegen jede andere Gegnerin ein sicherer Punkt gewesen wäre. Kerber jedoch stoppte, so irgendwie jedenfalls, brachte ihren Schläger noch an den Ball und sich damit zurück in den Ballwechsel, den sie schließlich gewann.

Kerber gelang das Break zum 3:2, das sie mit einem weiteren zum 5:2 bestätigte, auch wenn Kvitova zwischenzeitlich spektakuläre Punkte machte. Nach Abwehr von drei Breakbällen im finalen Spiel nutzte Kerber dann ihren ersten Matchball zum 6:2. "Am Ende habe ich versucht, mich gut zu bewegen, wenig Fehler zu machen, und wenn ich eine Chance habe, draufzugehen", fasste sie im Anschluss zusammen.

"Will das Match in die Hand nehmen"

Und Kerber wusste, bei wem oder was - neben den spielerischen Komponenten - sie sich zu bedanken hatte: "Als Erstes war der Schlüssel heute auf jeden Fall das Publikum. Im zweiten Satz habe ich dann gedacht, komm, das schaffst du noch. Und ihr habt mich alle mitgezogen im dritten Satz. Die ganze Energie, die ich im letzten Jahr gespürt habe, spüre ich in diesem Jahr genauso, wenn nicht noch mehr."

Energie - ein wichtiges Wort in dieser Woche, zu deren Beginn Kerber müde wirkte, im Auftaktspiel gegen Annika Beck nach Fed-Cup-Stress und Promo-Verpflichtungen nur mit hartem Kampf weiterkam . Aber dann schon im Viertelfinale gegen Carla Suarez Navarro zeigte, wozu sie in der Lage ist, wenn sie denn frisch und ausgeruht ins Match geht. Und eben mit der Sicherheit einer Grand-Slam-Siegerin, die ihre Spiele mittlerweile selbst gewinnt, statt sich auf die Fehler ihrer Gegnerinnen zu verlassen.

Selbst gewonnen zu haben: Kerber wählte diese Formulierung im Anschluss mehrfach. Und will genau mit dieser Einstellung auch im Endspiel am Sonntag siegen. "Ich bin hergekommen, um ins Finale zu kommen. Und den Titel möchte ich auch verteidigen", sagte sie. "Deshalb werde ich auch morgen rausgehen, um das Match selbst in die Hand zu nehmen und zu gewinnen."

von tennisnet.com

Samstag
23.04.2016, 15:27 Uhr