Die 10 besten Tiebreak-Spieler aller Zeiten

tennisnet.com präsentiert in einer Top-10-Liste die Spieler mit der besten Erfolgsquote in der Kurzentscheidung.

von Björn Walter
zuletzt bearbeitet: 18.04.2016, 19:00 Uhr

Wenn sich zwei Spieler in einem Tennismatch auf Augenhöhe begegnen und um jeden Punkt verbissen kämpfen, gipfelt die Entscheidung meist in einem Tiebreak. Die Dramatik ist hier vergleichbar mit dem Elfmeterschießen im Fußball. Oft sind nur wenige Punkte ausschlaggebend dafür, wer den Satz oder das Match gewinnt. Dieses finale Spannungselement ist heute im Tennis kaum noch wegzudenken, wurde aber erst 1965 erfunden. Der US-Amerikaner Jimmy van Alen führte die Zählweise damals ein , um das Spiel schneller und attraktiver zu machen. Seine Innovation setzte sich durch und wird seit 1979 in der bis heute geltenden Version angewandt.

Geht es in die Tiebreak-Entscheidung, wird dem besseren Aufschläger meist die Favoritenrolle zugeschrieben. Doch auch Nervenstärke und Returnqualitäten gewinnen an dieser Stelle enorm an Bedeutung. tennisnet.com hat für euch nach dem "König" des Tiebreaks gesucht. Die Hitliste beschränkt sich auf Spieler, die minimal 150 "Entscheidungsspiele" absolviert haben und orientiert sich an offiziellen Statistiken der ATP. Allerdings muss einschränkend erwähnt werden, dass die Datenerhebung erst ab 1990 als valide gilt. Deshalb ist davon auszugehen, dass nicht alle Tiebreaks erfasst wurden, die vor dieserZeit gespielt wurden.

Platz 10: John McEnroe (Bilanz: 189-117; 61,8 Prozent)

Der exzentrische US-Amerikaner feierte viele große Erfolge, wird aber wohl für immer mit dem legendären Tiebreak im vierten Satz des Wimbledonfinals 1980 in Verbindung gebracht. Im sogenannten "The Battle of 18-16" bezwang der Linkshänder seinen schwedischen Rivalen Björn Borg in einer epischen Schlacht, die 22 Minuten dauerte. In diesem Tiebreak wehrte McEnroe fünf Matchbälle ab und sicherte sich den Satz. Im finalen Durchgang behielt dann aber der kühle Borg mit 8:6 die Oberhand - und gewann das Duell zwischen "Feuer und Eis", wie die Charaktere aufgrund ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten bezeichnet wurden. Trotz der Niederlage war "Big Mac" stolz, in diesem denkwürdigen Finale dabei gewesen zu sein, wie er Jahrzehnte danach immer noch sagte: "Teil dieses Match gewesen zu sein, war vielleicht die aufregendste Sache in meiner Karriere. Die Vibrationen und die Anerkennung, die ich von Leuten durch dieses Match bekomme, sind unglaublich."

In einem weiteren legendären Match musste McEnroe auf seine Tiebreak-Qualitäten verzichten, als es 1987 gegen Boris Becker zur legendären "Schlacht von Hartford" kam - erst zwei Jahre später wurde der "Gleichstanddurchbrecher" auch im Davis Cup eingeführt. Nach unglaublichen 6:21 Stunden siegte der Leimener schließlich mit 4:6, 15:13, 8:10, 6:2, 6:2. "Ich hatte nicht mehr viel übrig. Ich habe alles gegeben, was ich konnte. Es war schön, Teil eines großen Matches gewesen zu sein. Ich wünschte nur das Ergebnis wäre anders", äußerte sich McEnroe nachher enttäuscht. Becker sprach sogar von "Krieg", im "größten Match, das ich je gespielt habe." Das mittlerweile 57-jährige Enfant terrible aus den USA setzte sich wohl auch aufgrund dieser leidvollen Erfahrungen für die generelle Einführung eines Tiebreaks im fünften Satz ein. Seiner Meinung nach sollte bei allen Grand-Slam-Turnieren ein Tiebreak gespielt werden - allerdings erst ab dem Stand von 10:10 oder 15:15.

Platz 9: Milos Raonic (Bilanz: 145-89; 62 Prozent)

Für den aufschlaggewaltigen Kanadier gehört der Tiebreak zu einer gewohnten und geliebten Übung. Im Jahr 2014 gewann der 1,96-Meter-Hüne sogar 75 Prozent der Satzentscheidungen - mit 39 Siegen bei nur 13 Niederlagen schwang sich Raonic zum Tiebreak-König dieser Saison auf. Das Spiel des Kraftpakets basiert auf einem extrem zuverlässigen Aufschlag. In seiner gesamten Karriere gewann der 25-Jährige 91 Prozent seiner Aufschlagspiele. Diese Qualität kommt ihm auch im Tiebreak zugute, da er seinen Gegnern nur wenige Chancen gewährt, sein Service zu durchbrechen. Seit 2011 gehört Raonic ununterbrochen zu den Top 5 was die Anzahl der Asse in einer Spielzeit betrifft. Insgesamt hat er aber weniger als halb so viele Asse (4.730) wie Allzeit-Spitzenreiter Ivo Karlovic (10.505) serviert - den zwölf Jahre älteren Kroaten, könnte der gebürtige Montenegriner mit einer ähnlich langen Karriere aber noch überflügeln.

Einen entscheidenden Tiebreak hätte sich Raonic bei einer seiner berühmtesten Niederlagen wohl gewünscht, als er in der zweiten Runde der Olympischen Spiele 2012 in London gegen Jo-Wilfried Tsonga mit 3:6, 6:3, 23:25 (!) verlor. Mehr als 66 Spiele hatte es zuvor noch nie bei einem Olympia-Match gegeben, seitdem die Tiebreak-Regelung eingeführt wurde. Der dritte Satz sorgte noch mal für einen zusätzlichen Olympia-Rekord - jener für die meisten Spiele (48) in einem Durchgang. Dieses Drama kann sich bei den kommenden "Spielen" in Rio de Janeiro nicht wiederholen. Die International Tennis Federation (ITF) legte fest, dass nun auch im entscheidenden Satz ein Tiebreak gespielt wird.

Der Timm Thaler des Tennis , wie Raonic von einem User auf der Facebook-Seite der Sandplatzgötter treffen bezeichnet wurde, gilt nicht gerade als "Showman". Seine meist emotionslose Spielweise erinnert an den genannten Serienhelden, der sein Lachen an einen Baron verkaufte. Vermutlich verhilft diese roboterhafte Attitüde dem Kanadier aber zu seiner Nervenstärke. Neben einer Zahnschiene, die er trägt, um Verletzungen vorzubeugen, hat Raonic einige weitere Eigenheiten. So kann man ihn zwischen den Seitenwechseln oft bei Konzentrationsübungen beobachten - mit überkreuzten Armen und geschlossenen Augen, tippt sich der Mann mit der perfekt sitzenden Haarpracht dann immer wieder auf die Oberschenkel. "Ich habe Piano-Unterricht genommen und übe dafür auf dem Platz", antwortete der achtfache ATP-Turniersieger einmal einem Journalisten, als dieser ihn nach seinem Mentaltraining befragte. Für seinen sarkastischer Humor und die eloquente, reflektierte Art wird der "Hardhitter" geschätzt, wirkt sie doch erfrischend, verglichen mit seinem ansonsten etwas spröden Auftreten.

Platz 8: John Newcombe (Bilanz: 110-67; 62,1 Prozent)

Der Mann mit dem Schnurrbart, welcher sein Markenzeichen war, gewann zwischen Ende der 1960er Jahre bis Anfang der 70er Jahre fast alles, was es zu gewinnen gab. Nur bei den French Open ging es für den Australier nie über das Viertelfinale hinaus. Der Serve-and-Volley-Spezialist siegte dafür bei allen anderen Grand-Slam-Turnieren mindestens zweimal. Vor allem in Wimbledon trumpfte Newcombe groß auf und sicherte sich drei Titel an der Church Road. Der Hall-of-Famer ist das jüngste Mitglied der goldenen australischen Tennisgeneration um Rod Laver, Ken Rosewall und Roy Emerson. Der siebenfache "Major"-Champion ist der einzige Spieler neben Laver, dem es in Wimbledon gelang, sowohl als Amateur wie auch bei den Profis siegreich zu sein.

Zudem bildete der allseits beliebte Aussie ein geniales Doppelgespann mit Landsmann Tony Roche. Nur die Bryan-Brüder gewannen insgesamt mehr "Majors" gemeinsam (16) als die beiden Australier - welche sieben von zwölf Triumphen in der Zeit der Open Era nach 1968 feierten. "Ich bin genauso stolz auf meine Doppelrekorde, wie auf meine Einzelerfolge", sagte Newcombe, der mit insgesamt 17 Grand-Slam-Titeln im Doppel auch heute noch Rekordhalter ist. Da erst ab den US Open 1970 die Tiebreak-Regel offiziell angewandt wurde, spielte Newcombe nahezu die Hälfte seiner Profikarriere im klassischen Format. Auch bei überschaubarer Tiebreak-Anzahl, bleibt seine deutlich positive Quote bemerkenswert. In den Satzentscheidungen spielte Newcombe seine enorme Aufschlagqualität aus und rückte direkt ans Netz nach, wodurch seine Gegner oft nur reagieren konnten. Im Finale der Australian Open 1975 gewann er gegen den acht Jahre jüngeren Jimmy Connors seinen letzten großen Titel. Im vorentscheidenden Tiebreak des vierten Satzes war der damals 30-jährige Australier mit den Kräften bereits völlig am Ende, zeigte aber sein ganzes Können. Mit einem cross geschlagenen Rückhand-Winner wehrte er den Satzball von Connors bei 6:5 im Tiebreak ab und gewann schließlich das Match.

Platz 7: Andy Roddick (Bilanz: 303-185; 62,1 Prozent)

Der US-Amerikaner mit dem Kanonenaufschlag gewann ebenfalls 62,1 Prozent seiner Tiebreaks. Dreimal so viele Siege in der Satzentscheidung, verglichen mit John Newcombe, sichern Roddick den siebten Platz in unserem Ranking. Den längsten Tiebreak in der Geschichte der Australian Open verlor "A-Rod" allerdings. Im Jahr 2007 gewann der damals erst 21-jährige Jo-Wilfried Tsonga den Tiebreak des ersten Satzes mit 20:18 - das Match ging aber in vier Sätzen an Roddick. Der US-Open-Sieger von 2003 schaffte es zwar bis auf Platz eins der Weltrangliste, scheiterte aber regelmäßig an seinem großen Rivalen Roger Federer.

Die wohl bitterste Niederlage seiner Karriere erlitt Roddick im Wimbledonfinale 2009 gegen den Schweizer. Nach gewonnenem ersten Satz hatte der US-Boy im zweiten Satz bei 6:2-Führung im Tiebreak vier Satzbälle für eine 2:0-Satzführung, verschlug aber bei 6:5 einen einfachen Volley und wurde prompt bestraft. An diesem Tag spielte Roddick in Topform und hatte auch beim Stand von 8:8 im fünften Satz zwei Breakchancen zur Vorentscheidung, doch Federer überstand erneut diese brenzlige Situation und gewann später mit 16:14 ein denkwürdiges Endspiel. Bei der anschließenden Siegerehrung versuchte Federer, seinen enttäuschen Gegner zu trösten: "Sei nicht traurig, ich kenne das Gefühl zu verlieren. Mir ging es letztes Jahr ebenso", sagte der Rekord-Grand-Slam-Sieger im Rückblick auf seine bittere Finalniederlage an gleicher Stelle gegen Rafael Nadal im Jahr zuvor. Roddick antwortete schlagfertig und etwas zerknirscht: "Aber da hattest du schon fünf Titel."

Platz 6: Pete Sampras (Bilanz: 328-194; 62,8 Prozent)

Denkt man an Pete Sampras und legendäre Tiebreaks, kommt einem schnell das Viertelfinale der US Open 2001 gegen Andre Agassi in den Sinn. Insgesamt duellierten sich die beiden US-Amerikaner 34-mal. Das 6:7 (7), 7:6 (2), 7:6 (2), 7:6 (5) für Sampras war aber das größte Match der Rivalen, folgt man der Meinung vieler Experten. In einem Match ohne Breaks musste vier Mal der Tiebreak entscheiden. Agassi machte nur 19 unerzwungene Fehler, verlor aber dennoch gegen seinen entfesselt aufspielenden Landsmann, welcher nach dem Match sagte: "Es war ein unglaubliches Vergnügen, heute Abend zu spielen. Die Energie auf dem Platz und bei den Zuschauern war phänomenal." Auch bei Agassi überwog der Stolz: "Kann es knapper zugehen? Wenn man aus so einer legendären Partie als Verlierer herausgeht, kann man sich oft nur an die Qualität des Spiels erinnern. Und damit war ich mehr als zufrieden."

Auch der Entscheidungstiebreak gegen Alex Corretja ging in die Tennisgeschichte ein. Im US-Open-Viertelfinale 1996 kämpfte Sampras im fünften Satz nicht nur gegen seinen spanischen Gegner, sondern auch mit seinem dehydrierten Körper. Beim Stand von 1:1 im Tiebreak musste sich Sampras sogar übergeben. "Mein Rücken krampfte, meine Beine fühlten sich wie aus Holz gemacht an und waren nicht mehr komplett unter meiner Kontrolle. Ich erinnere mich, dass ich einen harten Punkt gespielt habe und ganz plötzlich hatte ich diese Erkenntnis: ‚Heilige Scheiße, ich werde mich übergeben. Ich muss kotzen - vor der ganzen, verdammten Welt'", schilderte der US-Amerikaner diese Situation in seinen Memoiren. Obwohl Corretja einen Matchball hatte, siegte Sampras noch und wurde danach umgehend medizinisch versorgt.

"Pistol Pete" gewann nicht nur sieben Titel auf dem "Heiligen Rasen" vom Wimbledon, sondern brillierte auch auf dem Hartplatz. Den zweiten Teil seiner insgesamt 14 Grand-Slam-Titel erspielte sich Sampras auf diesem Untergrund. Auch hier kamen ihm seine ausgezeichneten Serve-and-Volley-Qualitäten zugute. Trotz seiner großen Erfolge musste sich der Sohn griechischer Einwanderer immer wieder Kommentare über sein farbloses Charisma gefallen lassen - was er aber in Kauf nahm, da für ihn immer das Sportliche im Vordergrund stand. "Ich wollte meinen Schläger sprechen lassen. Ich fand, die Weise wie Connors und McEnroe sich auf dem Platz verhalten haben, war peinlich. Ich wollte nicht so einen Ruf haben. Ich wollte mich immer als klassischen Spieler präsentieren, nicht die Beherrschung verlieren, nicht jemanden etwas unter die Nase reiben, wenn ich gewonnen habe. Ich wollte nur rausgehen und gewinnen", sagte der Mann der 286 Wochen an der Spitze der Weltrangliste stand.

Platz 5: Andrés Gómez(Bilanz: 182-106; 63,2 Prozent)

Der Ecuadorianer gewann 1990 die French Open und war damals bereits 30 Jahre alt. Er gilt als klassisches "One Slam Wonder", der nur einmal in seiner Karriere zu ganz großer Form auflief. Gómez stand zuvor nie im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers und ging gegen den damals 19-jährigen Andre Agassi als Außenseiter ins Endspiel. Dieser konzentrierte sich vor allem darauf, nicht seine Perücke zu verlieren, mit der er damals spielte. Auch dadurch gewann Gómez, der als Weltranglisten-Siebter ins Turnier ging, in vier Sätzen und konnte danach sein Glück kaum fassen: "Ich komme seit zwölf Jahren hierher und habe immer von diesem Moment geträumt. Es hat so lange gedauert. Das ist mit Abstand das beste Tennis, das ich jemals gespielt habe". Danach ging es allerdings steil bergab - der Südamerikaner gewann nur noch ein Grand-Slam-Match, bei den French Open 1992.

Trotz seiner Größe und wuchtigen Statur fühlte sich Gómez auf der roten Asche am wohlsten. Der 1,93-Meter große Linkshänder gewann 16 seiner 21 Einzel-Titel auf Sand. Im Doppel war er je einmal bei den US Open und French Open siegreich. Auf dem Weg zu seinem French-Open-Triumph im Einzel musste Gómez drei Mal in den Tiebreak und verlor keinen. In insgesamt 35 Finals auf der Tour konnte sich der Ecuadorianer meist auf seine Stärke in der Satzentscheidung verlassen - mit 7:5 hat er auch hier eine positive Tiebreak-Bilanz.

Platz 4: John Isner (Bilanz: 293-169; 63,4 Prozent)

Dass John Isner in der Auflistung auftaucht, dürfte kaum jemanden überraschen. Der 2,08-Meter-Koloss aus den USA gilt als einer der besten Aufschläger aller Zeiten. Ähnliches gilt auch für Ivo Karlovic, der aber im Gegensatz zu Isner eine desaströse Tiebreak-Quote vorzuweisen hat. Der Kroate gewann nur 301 seiner 607 Tiebreaks und liegt damit sogar unterhalb der 50-Prozent-Marke. Daran sieht man, dass nicht nur der starke Aufschlag für die Erfolgsquote von Bedeutung ist, sondern auch Returnqualitäten, taktische Variabilität und Nervenstärke. Isner ist bekannt dafür, in engen Situationen sein bestes Tennis zu spielen. Er gilt als sogenannter "Crunch-Time-Player", wie die Amerikaner gerne sagen. Im ATP-Finale von Atlanta 2013 gegen Kevin Anderson bewies der US-Amerikaner diese Qualitäten. Im Duell der Zwei-Meter-Männer ging es dreimal in den Tiebreak. Isner gewann die Entscheidungen in Satz zwei und drei, konnte alle elf Breakbälle von Anderson abwehren und stand damals bei einer 8:0-Bilanz (seit 2012) in Tiebreaks des Entscheidungssatzes.

Bei den Olympischen Spielen 2012 in London spielte er den längsten Tiebreak der Olympia-Geschichte. Beim 7:5, 7:6 in der dritten Runde gewann Isner den zweiten Satz mit 16:14 gegen Janko Tipsarevic. Im berühmtesten Match seiner Karriere musste Isner auf den Tiebreak verzichten, als er gegen Nicolas Mahut nach 11 Stunden und fünf Minuten in Wimbledon 2010 gewann. In der ersten Runde setzte sich der US-Boy mit 70:68 im Entscheidungssatz durch - es war das längste und eines der skurrilsten Matches der Tennisgeschichte. Beide Spieler schlugen zusammen 215 Asse und benötigten für den fünften Satz alleine 8:11 Stunden. John McEnroe lobte die Gladiatoren anschließend für "pures Heldentum". Mahut, der den Matchball "wie einen Messerstich ins Herz empfand", sagte, er sei teilweise wie "ein Betrunkener" über den Platz getorkelt und war "kaum noch bei Besinnung". Isner gewann zwar diesen Marathon, war aber in der zweiten Runde chancenlos. Völlig entkräftet unterlag er dem Niederländer Thiemo de Bakker glatt in drei Sätzen - das 0:6, 3:6, 2:6 dauerte nur 74 Minuten und war eines der kürzesten Matches im Turnierverlauf.

Platz 3: Novak Djokovic (Bilanz: 197-112; 63,8 Prozent)

Der aktuelle Weltranglisten-Erste ist ein kompletter Spieler, der nahezu jede Teildisziplin im Tennis perfekt beherrscht. Im Tiebreak kombiniert er immer wieder außergewöhnliche Returnqualitäten mit seinen mentalen Fähigkeiten. Zudem hat Djokovic in den letzten Jahren enorm an seinem Aufschlag gearbeitet, was seine Gegner auch in den Kurzentscheidungen zur Verzweiflung treibt. Im Achtelfinale der US Open 2011 gewann der Serbe einen denkwürdigen Tiebreak gegen Alexandr Dolgopolov. Mit 16:14 ging Satz eins an Djokovic. Der Ukrainer hatte bereits mit 4:0 geführt, konnte aber vier Satzbälle nicht nutzen. In nervenaufreibenden Slice-Duellen behielt der "Djoker" letztendlich die Oberhand und gewann später auch das Match.

Im US-Open-Finale 2012 lief es weniger gut für Djokovic. Bei extrem windigen Bedingungen verlor er den ersten Satz nach 87 Minuten gegen den späteren Sieger Andy Murray. Dieser setzte sich im Tiebreak mit 12:10 durch, konnte aber erst seinen sechsten Satzball nutzen. Insgesamt dauerte der von langen Grundlinienduellen geprägte Tiebreak 25 Minuten. Einen weiteren Tiebreak für die Geschichtsbücher spielte der "Djoker" im Wimbledon-Finale 2015 gegen Roger Federer - allerdings wieder mit dem schlechteren Ende. Nachdem der Serbe den ersten Satz noch im Tiebreak souverän gewann und dabei nur einen Punkt abgab, wurde es im zweiten Satz dramatisch: Djokovic zog bereits auf 6:3 davon und sah bereits wie der sichere Sieger aus. Dann folgten aber einige geniale Federer-Momente, bei denen der Schweizer insgesamt sieben Satzbälle abwehrte, ehe er den Satz mit 12:10 im Tiebreak für sich entschied. Allerdings schlug Djokovic erneut zurück und sicherte sich seinen dritten Wimbledon-Titel in vier Sätzen.

Platz 2: Roger Federer (Bilanz: 387-211; 64,7 Prozent)

Bei der Vielzahl an Rekorden, die Roger Federer in seiner Karriere aufgestellt hat, wirkt es beinahe schon wie eine Majestätsbeleidigung, dass der "Maestro" nicht auch in diesem Ranking auf Platz eins steht. Immerhin hat Federer mit 387 gewonnen Tiebreaks den Bestwert für die meisten Siege inne. Pete Sampras, Andy Roddick, Ivo Karlovic und John Isner folgen dem Schweizer in dieser Wertung. Die 211 verlorenen Tiebreaks sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Quote des 17-fachen Grand-Slam-Siegers herausragend ist. Geht es in den Tiebreak, gewinnt Federer zwei von drei Satzentscheidungen.

Einen wahren Monster-Tiebreak entschied der Baselbieter beim damaligen ATP Masters Cup in Houston 2004 für sich. Im Halbfinale gegen den exzentrischen Russen Marat Safin gewann Federer mit 6:3, 7:6. Die Kurzentscheidung im zweiten Durchgang war alles andere als ein "Quickie", dauerte 26 Minuten und endete mit dem spektakulären Resultat von 20:18. Safin vergab sechs Satzbälle, ehe Federer seinen achten Matchball verwertete. Die beiden stellten damals den Rekord für den längsten Einzel-Tiebreak aller Zeiten ein. Dieser wurde 2013 bei einem ITF-Future-Turnier in Florida (USA) pulverisiert - der Monegasse Benjamin Balleret gewann nach 70 gespielten Punkten mit 36:34 gegen Landsmann Guillaume Couillard.

Im legendären Wimbledon-Finale 2008 gegen Rafael Nadal gewann Roger Federer zwei Tiebreaks, die Entscheidung im vierten Satz war aber episch. Dieses legendäre Match wurde insgesamt dreimal wegen Regens unterbrochen. Federer verlor die ersten beiden Sätze und kämpfte sich ins Match zurück. Im dramatischen Tiebreak des vierten Satzes wehrte der Schweizer zwei Matchbälle Nadals ab und glich in den Sätzen aus. Besonders in Erinnerung bleibt eine krachende Rückhand des "Maestros" die Linie entlang. Am Ende verlor Federer dennoch mit 7:9 im fünften Satz und sagte anschließend traurig: "Es ist die schlimmste Niederlage meiner Karriere - bei weitem. Viel schlechter habe ich mich selten gefühlt"

Platz 1: Arthur Ashe (Bilanz: 159-86; 64,9 Prozent)

Zugegeben, mit Arthur Ashe als besten Tiebreak-Spieler aller Zeiten haben wir nicht zwingend gerechnet. Doch der US-Amerikaner gewann beachtliche 64,9 Prozent seiner Kurzentscheidungen und steht damit verdient an der Spitze. tennisnet.com kürt den ersten dunkelhäutigen Tennisspieler, der für das Davis-Cup-Team der USA nominiert wurde zum "Tiebreak-König". Allerdings sind die Statistiken Ashes mit Vorsicht zu genießen, da in seiner Karriere von 1969 bis 1980 vermutlich nicht alle Daten lückenlos erfasst wurden.

Ashe gewann 1968 die US-Open, 1970 die Australian Open und 1975 in Wimbledon. Er war der erste farbige Spieler, der ein Grand-Slam-Turnier gewann und der erste farbige Sieger auf dem "Heiligen Rasen". Zudem schaffte er es bis auf Platz zwei der Weltrangliste. Da diese aber erst 1973 eingeführt wurde, hatte Ashe in seiner Glanzzeit nicht die Chance, auf den Ranglisten-Thron zu steigen. Nach seiner Karriere kämpfte er als aktiver Bürgerrechtler für die Menschenrechte in Südafrika und Haiti. Im Jahr 1988 erkrankte Ashe an HIV aufgrund einer Virus infizierten Blutkonserve, die er bei einer Herzoperation erhalten hatte. Fünf Jahre danach verstarb Arthur Ashe. Ihm zu Ehren trägt das weltgrößte Tennisstadion in New York seit 1997 seinen Namen.

Der US-Amerikaner fühlte sich auf den schnellen Teppichbelägen der damaligen Zeit besonders wohl.18 seiner 33 Einzel-Titel gewann Ashe auf diesem Belag. Die Gedanken des Alleskönners gingen über Aufschlag und Volley hinaus: "Champions sind Leute, die ihren Sport besser verlassen wollen, als sie ihn vorgefunden haben", sagte der Tennisphilosoph einst. Zur Einführung des Tiebreaks bei den US Open 1970 bemerkte Ashe damals: "Es ist fast gespenstisch was die Tiebreaks bewirken. Auf einmal ist das Publikum mucksmäuschenstill." Diese Ruhe tat der Tennis-Legende offenbar gut, denn dann hieß der Sieger im Tiebreak meist Arthur Ashe.

von Björn Walter

Montag
18.04.2016, 19:00 Uhr