Die letzten Karriere-Matches der Nummer-1-Spieler im Herrentennis

Nach dem Karriereende von Lleyton Hewitt: Welcher Weltranglisten-Erste hat wann sein letztes Einzel gespielt? tennisnet.com hat die Antwort.

von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet: 22.01.2016, 00:28 Uhr

Lleyton Hewitt - Australian Open 2016

Von Christian Albrecht Barschel aus Melbourne

Es war ein hochemotionaler Abend in der Rod Laver Arena im Melbourne Park. Lleyton Hewitt sagte dem Profitennis nach seiner Zweitrunden-Niederlage bei den Australian Open gegen David Ferrer Lebewohl - zumindest als Spieler. Denn "Rusty" bleibt dem Tennissport erhalten und wird nun als australischer Davis-Cup-Kapitän fungieren. Nach dem Karriereende von Hewitt gibt es somit nur drei aktive Spieler, die die Spitzenposition im Tennis erobern konnten: Roger Federer, Rafael Nadal und der aktuelle Weltranglisten-Erste Novak Djokovic. Hewitt schuf sich mit seiner 20. Australian-Open-Teilnahme sowie einem Match in der Night Session gegen einen jahrelangen Top-Ten-Spieler einen gebührenden Abschied vom Tennis. Doch wie verlief das Karriereende bei den anderen Weltranglisten-Ersten? Wir schauen auf die letzten Matches im Einzel von 22 Nummer-eins-Spielern. In Klammern befinden sich das Datum des erstmaligen Sprungs auf den Tennis-Thron sowie die Anzahl der Wochen als Weltranglisten-Erster.

Ilie Nastase (23. August 1973, 40 Wochen)
(1988: 1. Runde ATP-Challenger-Turnier in Dijon -> 2:6, 6:7 gegen Kevin Noir)

Ilie Nastase wurde am 23. August 1973, als das ATP-Ranking erstmals veröffentlicht wurde, die erste Nummer eins im Herrentennis. Der Rumäne spielte 1985 beim ATP-Turnier in Toulouse sein letztes Match bei einem ATP-Turnier. Knapp drei Jahre später griff er nochmals zum Schläger und trat beim ATP-Challenger in Dijon an. Nastase war zu diesem Zeitpunkt 41 Jahre alt.

John Newcombe (3. Juni 1974, 8 Wochen)
(1981: 1. Runde ATP-Turnier in Las Vegas
-> 3:6, 2:6 gegen Vitas Gerulaitis)

John Newcombe wurde kurz nach seinem 30. Geburtstag die Nummer eins der Welt. Wäre die Weltrangliste früher eingeführt worden, hätte der Australier sicherlich viele Wochen mehr die Spitzenposition innegehabt. Newcombe beendete kurz vor seinem 37. Geburtstag seine Karriere.

Jimmy Connors (29. Juli 1974, 268 Wochen)
(1996: 1. Runde ATP-Turnier in Atlanta
-> 2:6, 6:3, 1:6 gegen Richey Reneberg)

Jimmy Connors war 1974 erstmals die Nummer eins der Welt. Neun Jahre später grüßte der US-Amerikaner zuletzt von der Weltranglistenspitze. Bis seine illustre Karriere endete, vergingen aber noch viele Jahre. Legendär ist Connors' Auftritt bei den US Open, als er mit 39 Jahren sensationell das Habfinale erreichte. Mit 43 ½ Jahren spielte "Jimbo" schließlich sein allerletztes Match als Profi.

Björn Borg (23. August 1977, 109 Wochen)
(1993: 1. Runde ATP-Turnier in Moskau
-> 6:4, 3:6, 6:7 (7) gegen Alexander Volkov)

Am 23. Januar 1983 schockte Björn Borg die gesamte Sportwelt mit der Verkündung seines Rücktritts. "Ich kann nicht 100 Prozent geben. Und wenn ich das nicht tun kann, wäre es nicht fair mir selbst gegenüber, weiterzumachen. Tennis sollte Spaß machen, wenn du auf dem Weg an die Spitze bist. Ich fühle diesen aber nicht mehr. Deshalb höre ich auf", erklärte Borg, der zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 26 Jahre alt war, in der schwedischen Zeitung "Kvallposten". Zwar trat Borg nicht sofort zurück, doch im Juli 1984 war erst mal Schluss - für viele Jahre. Nach siebenjähriger Turnierpause gab der Schwede am 23. April 1991 beim Heimturnier in Monte Carlo sein Comeback. Borg war zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt. Der Schwede spielte noch insgesamt zwölf Partien, von denen er aber nicht ein einziges gewinnen konnte, vermutlich auch, weil er an seinem alten Holzschläger festhielt. Am 9. November 1993 war die Karriere von Borg vorbei. Zum Abschluss spielte er noch ein starkes Match, als er in Moskau dem Weltranglisten-17. Alexander Volkov trotz Matchball unterlag. Borg verdarb sich durch sein völlig erfolgloses Comeback sein starkes "Winning percentage" bei Matches auf der ATP-Tour.

John McEnroe (3. März 1980, 170 Wochen)
(1994: 1. Runde ATP-Turnier in Rotterdam
-> 2:6, 6:7 (5) gegen Magnus Gustafsson)

Wenige Tage nach seinem 35. Geburtstag war die illustre Karriere von John McEnroe zu Ende - zumindest im Einzel. Unvergessen sind die zahlreichen Schimpftiraden von "Big Mac". "You cannot be serious" ist mittlerweile ein geflügeltes Wort. 2006 kehrte McEnroe kurzzeitig als Doppelspieler auf die ATP-Tour zurück - und wie! Umrahmt von seinem 47. Geburtstag gewann er an der Seite von Jonas Björkman das ATP-Turnier in San Jose.

Ivan Lendl (28. Februar 1983, 270 Wochen)
(1994: 2. Runde US Open
-> 4:6, 6:7 (5), 0:1 (RET) gegen Bernd Karbacher)

Ivan Lendl erreichte erstmals die Nummer eins, als er noch keinen Grand-Slam-Titel gewonnen hatte. Mit 270 Wochen an der Weltranglistenspitze hielt der gebürtige Tschechoslowake lange Zeit den Rekord. Lendl ist der älteste Spieler, der eine Saison als Nummer eins beenden konnte - mit 29 Jahren und 299 Tagen. In seinem letzten Karrierematch, bei den US Open 1994, konnte er nicht zu Ende spielen und gab in der zweiten Runde gegen den Deutschen Bernad Karbacher auf. Lendl war zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt.

Mats Wilander (12. September 1988, 20 Wochen)
(1996: 1. Runde in Peking
-> 4:6, 3:6 gegen Martin Damm)

Mats Wilander wurde erst nach seinem siebten und letzten Grand-Slam-Titel erstmals die Nummer eins der Welt. Doch als er den Tennisthron bestiegen hatte, war die Luft raus bei dem Schweden. Im weiteren Karriereverlauf blieben die ganz großen Erfolge aus. Wilander beendete mit 32 Jahren mit einer unspektakulären Niederlage in Peking seine Karriere.

Stefan Edberg (13. August 1990, 72 Wochen)
(1996: Davis-Cup-Finale gegen Frankreich
-> 3:6, 4:6, 3:6 gegen Cedric Pioline)

Stefan Edberg hätte mit einem ganz großen Titel abtreten können. Doch der Schwede verlor mit seinem Team das Davis-Cup-Finale 1996 gegen Frankreich. In der Auftaktpartie in Malmö war Edberg gegen Cedric Pioline chancenlos. Sein letztes Match auf der ATP-Tour spielte er einige Wochen zuvor bei seinem Heimturnier in Stockholm gegen Landsmann Nicklas Kulti.

Boris Becker (28. Januar 1991, 12 Wochen)
(1999: Achtelfinale in Wimbledon
-> 3:6, 2:6, 3:6 gegen Patrick Rafter)

14 Jahre nach seinem ersten Wimbledonsieg beendete Boris Becker seine Karriere - selbstverständlich auf dem Centre Court in Wimbledon. Der Deutsche hätte beinahe aber ein etwas unrühmliches Karriereende gehabt, denn in der ersten Runde lag er gegen den Briten Miles MacLagan mit 0:2 in den Sätzen zurück und musste dabei sogar drei Matchbälle abwehren. Becker zog schließlich auf dem "Heiligen Rasen" ein weiteres Mal in die zweite Turnierwoche ein, war dann aber gegen den Weltranglisten-Zweiten Patrick Rafter chancenlos.

Jim Courier (10. Februar 1992, 58 Wochen)
(2000: 2. Runde ATP-Turnier in Miami
-> 7:6 (5), 3:6, 4:6 gegen Thomas Enqvist)

Jim Courier hatte zwischen 1991 und 1995 seine Glanzzeit. Danach ging es leise bergab beim US-Amerikaner mit der berühmten Baseball-Rückhand. Courier beendete bereits vor seinem 30. Geburtstag seine Karriere.

Pete Sampras (12. April 1993, 286 Wochen)
(2002: Finale US Open
-> 6:3, 6:4, 5:7, 6:4 gegen Andre Agassi)

Was gibt es Schöneres, als mit einem Turniersieg seine Karriere zu beenden. Wenn es dann auch noch ein Titel bei einem Grand-Slam-Turnier ist, macht es das noch mal einzigartiger. Pete Sampras spielte bei den US Open 2002 sein letztes Turnier und gewann dann doch recht überraschend seinen letzten und 14. Grand-Slam-Titel. Dass es tatsächlich sein letztes Turnier sein würde, darüber war sich "Pistol Pete" aber nicht klar. Ein Jahr später, nachdem er bis dahin kein Match mehr bestritten hatte, verkündete er das Karriereende. Ein Grand-Slam-Titel als Abschluss der Karriere: Das ist bislang einmalig im Tennis. Sampras' letzte große Reise könnt ihr hier nachlesen.

Andre Agassi (10. April 1995, 101 Wochen)
(2006: 3. Runde US Open
-> 5:7, 7:6 (4), 4:6, 5:7 gegen Benjamin Becker)

Von vornherein war klar, dass die US Open 2006 das letzte Turnier von Andre Agassi sein würden. Der US-Amerikaner spielt im Alter von 36 Jahren zwei begeisternde Partien, ehe er in der dritten Runde auf Benjamin Becker traf. Der Deutsche spielte erst sein zweites Grand-Slam-Turnier und hatte kein Mitleid mit dem US-Amerikaner. Andy Roddick, der im Achtelfinale gegen Agassi gespielt hätte, war ziemlich froh, dass er nicht der Typ wurde, "der Bambi erschoss".

Thomas Muster (12. Februar 1996, 6 Wochen)
(2011: 1. Runde ATP-Challenger in Salzburg
-> 6:3, 2:6, 3:6 gegen Dennis Bloemke)

Eigentlich hatte Thomas Muster beim Erstrunden-Aus bei den French Open 1999 sein letztes Einzel gespielt. Doch der Österreicher entschied sich im Jahr 2010, ein Comeback zu wagen - im Alter von 42 Jahren. Von Erfolg gekrönt war dieses nicht. Muster gewann nur zwei Matches und wurde 2011 beim ATP-Turnier in Wien nach der Niederlage gegen Dominic Thiem gebührend verabschiedet. Sein letztes Einzel war dieses aber nicht. Wenige Wochen später spielte er mit 44 Jahren noch das Challenger-Turnier in Salzburg.

Marcelo Rios (30. März 1998, 6 Wochen)
(2004: Achtelfinale ATP-Challenger in San Luis Potosi
-> 7:5, 3:6 (RET) gegen Mariano Delfino)

Marcelo Rios ist bislang die einzige Nummer eins im Herrentennis, die kein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte. Der Chilene hatte 1998 sein großes Jahr, verlor das Finale bei den Australian Open jedoch kläglich. Verletzungen führten zu einem vorzeitigen Karriereende von Rios. Bei den French Open 2003 spielte er sein letztes Match bei einem großen Turnier und musste dort ebenso aufgeben wie bei seinem letzten Einzel bei einem kleinen Challenger-Turnier in Mexiko.

Carlos Moya (15. März 1999, 2 Wochen)
(2010: 1. Runde ATP-Turnier in Madrid
-> 0:6, 2:6 gegen Benjamin Becker

Carlos Moya spielte sein letztes Match beim Heimturnier in Madrid und ging dort gegen Benjamin Becker unter. Der Deutsche war also zum zweiten Mal Protagonist beim letzten Karrierematch eines ehemaligen Weltranglisten-Ersten. Allerdings: Moya war zu diesem Zeitpunkt schon stark angeschlagen und gab ein halbes Jahr später wegen einer hartnäckigen Fußverletzung sein Karriereende bekannt.

Yevgeny Kafelnikov (3. Mai 1999, 6 Wochen)
(2003: Achtelfinale ATP-Turnier in St. Petersburg
-> 2:6, 2:6 gegen Mikhail Youzhny)

Auch Yevgeny Kafelnikov beendete kurz vor seinem 30. Geburtstag seine Karriere. Der Russe war in seinem letzten Match beim Heimturnier in St. Petersburg gegen Landsmann Mikhail Youzhny chancenlos.

Patrick Rafter (26. Juli 1999, 1 Woche)
(2001: Davis-Cup-Finale gegen Frankreich
-> 6:3, 7:6 (6), 7:5 gegen Sebastien Grosjean)

Neben Pete Sampras trat auch Patrick Rafter mit einem Sieg ab, wenn auch ungewollt. Der Australier spielte im Davis-Cup-Finale 2001 gegen Frankreich sein letztes Einzel und gewann dieses glatt in drei Sätzen. Allerdings reichte es nicht zum Davis-Cup-Titel. Rafter, zu diesem Zeitpunkt die Nummer sieben der Welt, wollte zwar weiterspielen, aber chronische Rückenprobleme ließen die Fortsetzung der Karriere nicht zu.

Marat Safin (20. November 2000, 9 Wochen)
(2009: 2. Runde ATP-Turnier in Paris-Bercy
-> 4:6, 7:5, 4:6 gegen Juan Martin del Potro)

Auch Marat Safin feierte seinen 30. Geburtstag nicht als Tennisprofi. Der Russe hatte andere Pläne für sich. Er vollzog den Wandel vom Playboy zum Politiker. Safin ist Mitglied des russischen Parlaments

Gustavo Kuerten (4. Dezember 2000, 43 Wochen)
(2008: 1. Runde French Open
-> 3:6, 4:6, 2:6 gegen Paul-Henri Mathieu)

Gustavo Kuerten wollte unbedingt dort sein letztes Match spielen, wo er seine größten Erfolge feierte - im Stade Roland Garros. Der dreimalige French-Open-Sieger bekam einen gebührenden Abschied, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt nach zwei Hüftoperationen nicht mehr konkurrenzfähig war. Das Pariser Publikum feierte "Guga" in seinem letzten Match trotzdem frenetisch.

Lleyton Hewitt (19. November 2001, 80 Wochen)
(2015: 2. Runde bei den Australian Open
-> 2:6, 4:6, 4:6 gegen David Ferrer)

Lleyton Hewitt kündigte das Datum seines Karriereendes bei den Australian Open 2015 an. Der Australier wollte ein Jahr später seine 20. und letzten Australian Open spielen und dann das Amt des Davis-Cup-Kapitäns übernehmen. Und so kam es auch. Hewitt bekam in Melbourne einen emotionalen Abschied von der Tennisbühne und stellte erneut unter Beweis, was ihn so einzigartig gemacht hat.

Juan Carlos Ferrero (8. September 2003, 8 Wochen)
(2002: 1. Runde ATP-Turnier Valencia
-> 5:7, 3:6 gegen Nicolas Almagro)

Juan Carlos Ferrero sagte bei seinem Heimturnier in Valencia "Adios". Nach seiner Niederlage gegen Landsmann Nicolas Almagro warf er mit feuchten Augen Schläger, Shirt und andere persönliche Gegenstände auf die Tribüne.

Andy Roddick (3. November 2003, 13 Wochen)
(2012: Achtelfinale bei den US Open -> 7:6 (1), 6:7 (4), 2:6, 4:6 gegen Juan Martin del Potro)

Andy Roddick rief bei den US Open an seinem 30. Geburtstag eine Pressekonferenz ein und ließ dann die Bombe platzen. Er werde nach seinem Heimturnier seine Karriere beenden, erklärte der US-Amerikanerin. Und Roddick spielte in New York noch mal ein starkes Turnier und schied im Achtelfinale gegen Juan Martin del Potro aus.

von Christian Albrecht Barschel

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22.01.2016, 00:28 Uhr