"Das passiert mir nie mehr!"

Die Bad Oldesloerin im ausführlichen Interview vor den Australian Open.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 12.01.2013, 13:25 Uhr

Julia Görges (24) hat im vergangenen Jahr eine gute Saison gespielt, diese soll aber noch besser werden. Vor dem Start der Australian Open spricht die deutsche Nummer zwei im Eurosport-Interview über ihren neuen Durchblick, die Suche nach Konstanz und erklärt, was sie aus ihrem uninspirierten Achtelfinal-Auftritt vor einem Jahr in Melbourne gelernt hat.

Angelique Kerber hat in den Ferien einen Tauchkurs gemacht, wie haben Sie Ihre freie Zeit nach der Saison verbracht?


Julia Görges: Ich habe eigentlich nicht viel gemacht und war die meiste Zeit zu Hause. Aber drei, vier Tage war ich in einem Wellness-Hotel an der Ostsee. Das mache ich jedes Jahr. Es liegt direkt am Meer und ist so ein Ding aus Wohlfühlen mit Massage, Maniküre und Pediküre - so ein bisschen Schnickschnack eben. Und dann habe ich mir ja noch die Augen lasern lassen.


Das heißt also, Ihr Spitzname "Maulwurf" ist jetzt passé?


Görges: Ja, ich brauche wohl einen neuen (lacht). Irgendjemandem fällt bestimmt einer ein. Es ist ein ganz neues Gefühl für mich, ich habe jetzt 120 Prozent Sehfähigkeit. Das bekommt man mit Linsen oder einer Brille gar nicht hin. Vorher hatte ich 6,25 und 4,75 Dioptrien. Ab und zu denke ich: "Wow, die Farben und Eindrücke sind so scharf!" Die ersten Tage war es ganz komisch, vor allem im Fernsehen. Da habe ich eine Talkshow geschaut, und das beige Jackett eines Politikers hat mich so geblendet. So grell habe ich früher nie gesehen.


Warum haben Sie nicht den Eingriff nicht schon früher machen lassen?


Görges: Ich hatte vorher immer etwas Angst gehabt und war in den letzten Jahren nur noch beim Optiker zum Nachmessen und nicht mehr beim Augenarzt. Aber Dr. Uthoff von der Augenklinik in Kiel hat mein Match bei den French Open gesehen, bei dem ich so Probleme mit der Dunkelheit hatte und daraufhin meinen Vater kontaktiert. Er fragte, ob ich das nicht machen lassen will. Dr. Uthoff hat mir die Angst genommen, dass da etwas schiefgehen könnte und ich vielleicht hinterher gar nichts mehr sehe.


Und Ihre Brillenkollektion haben Sie jetzt eingemottet?


Görges: Ja, die wollte ich direkt wegwerfen. Die werde ich nicht mehr brauchen. Es soll jetzt bis zum Alter halten und man kann auch immer wieder nachlasern, falls es nötig ist.


Mit dem richtigen Durchblick haben Sie jetzt sicher auch klare Ziele für 2013 vor Augen. Wie sehen die aus?


Görges: Ich hüte mich immer davor, irgendwelche Zahlen zu nennen. Aber grundsätzlich ist es ein großes Ziel, dass ich in dieser Saison möglichst wenig Matches verschenke. Dass ich wenig Tiefen habe und konstant spiele. Vor allem gegen die Spielerinnen, die hinter mir stehen und vielleicht einen Super-Tag erwischt haben. Da will ich trotzdem mein Level spielen, auch wenn man so ein Match mal verliert.


Sie haben die Saison als Nummer 18 beendet, trotzdem fehlte bei den großen Turnieren mal ein Ausrufezeichen. Woran lag das?


Görges: Ich habe schon einiges liegengelassen in der letzten Saison. Bei den US Open zum Beispiel oder bei den French Open. Das habe ich aber erst später realisiert. In jedem Jahr habe ich zwei, drei sehr gute Turniere, durch die ich mich dann unter den Top 20 halte. Aber der Unterschied zu den Top 15, den Top Ten, ist einfach deren Konstanz über das Jahr. Wenn ich meine Spieltaktik durchziehen kann, weiß ich, wie gefährlich ich bin. Aber die Topspielerinnen sind einfach konstanter als ich, das will ich ändern.


Das beste Ergebnis aus der letzten Saison war das Achtelfinale bei den Australian Open, zugleich war es Ihr wohl schlimmster Auftritt. Konnten Sie die Kritik im Nachhinein nachvollziehen?


Görges: Natürlich, ich bin ja selbst meine härteste Kritikerin und leider auch eine Perfektionistin. Das ist im Sport nicht sehr hilfreich, aber ich habe viel aus diesem Match gegen Radwanska mitgenommen. Man kann immer verlieren, aber man sollte nicht so auf dem Platz stehen. Aus jeder Niederlage lernt man mehr als aus Siegen, und die harten Niederlagen formen den Charakter. Definitiv hat mir diese Niederlage letztes Jahr hier gezeigt, worauf es wirklich ankommt. So habe ich danach nicht mehr auf dem Platz gestanden und das wird auch nie mehr passieren.


Sind Sie mit Ihrer Auslosung in Melbourne zufrieden?


Görges: Gegen eine Qualifikantin muss es nicht unbedingt ein Vorteil sein, denn die haben schon drei Matches gespielt. Aber es geistern so viele gefährliche Namen durchs Tableau, die gerade nicht gesetzt sind. Wie eine Kuznetsova zum Beispiel. Insofern bin ich mit der Auslosung ganz zufrieden. Schön wäre natürlich, nach so vielen dritten Runden in Folge auch mal ein Achtelfinale zu erreichen und das auch zu gewinnen. Das erwarte ich ja auch von mir.


Bisher verteilten sich die Erwartungen auf das deutsche Quartett, nun ist Kerber ziemlich vorgeprescht. Spüren Sie jetzt mehr oder weniger Druck?


Görges: Erst einmal ist es schön zu sehen, was 'Angie' macht. Davor habe ich großen Respekt. Sie ist schon so lange dabei und hatte immer Höhen und Tiefen - ich kann jetzt nur den Hut vor ihr ziehen: "Geil gemacht, Angie!" Es ist gute Werbung für das deutsche Tennis, und natürlich versuchen wir alle, da oben hinzukommen. Auf wem von uns nun mehr Druck liegt, ist egal. Wir machen uns alle Druck und ziehen uns gegenseitig hoch.


Gibt es mittlerweile Neid zwischen Ihnen?


Görges: Nein, Neid gibt es bei uns nicht. Bei manchen Spielerinnen auf der Tour sieht man leider, dass der Erfolg sie zum Negativen verändert hat. Aber wir deutschen Mädels verstehen uns immer noch gut, auch wenn jede bei den Turnieren so ein bisschen ihr Ding macht. Umso schöner sind dann die Fed-Cup-Wochen, wenn wir wieder intensiver zusammen sind.


Andrea Petkovic fehlt nun wieder für mehrere Monate...


Görges: Es ist einfach nur bitter und traurig. In Sachen Verletzungspech ist Andrea wirklich die unangefochtene Nummer eins. Aber Mitleid hilft ihr nicht, sie muss sich da selbst rausquälen. Es ist ein langer Weg für sie, ich glaube aber definitiv daran, dass sie es schaffen kann.(Interview: Petra Philippsen / Eurosport; Foto: GEPA pictures)

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Samstag
12.01.2013, 13:25 Uhr