"Ich will in die Top 100"

Trotz vielen Krankheiten und Verletzungen gelang dem sympathischen und selbstbewussten 20-Jährigen 2010 ein Quantensprung.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 01.01.2011, 13:34 Uhr

Von Christian Storhas

Cedrik-Marcel Stebe hat eine tolle Saison hinter sich. Neben seinem ersten Future-Triumph, stieß er auch in das Finale des Challengers von Oberstaufen auf, beides aus der Qualifikation heraus. Weiters gelangen dem 20-Jährigen aus dem württembergischen Vaihingen an der Enz ganze vier Siege über Spieler, die 2010 in den Top 100 standen oder es noch immer sind.

Gegenüber tennisnet.com spricht Stebe, der schon 2008 für Furore gesorgt hatte, als er an der Seite des Österreichers Niki Moser das Junioren-Doppel bei den US Open gewann, von zahlreichen Rückschlägen 2010, über Ziele und auch seine neue Trainings-Umgebung.

Cedrik, du hast eine tolle Saison hinter dir und einen großen Sprung nach vorne gemacht. Im Einzel hast du dich bis auf Position 375 und im Doppel auf 682 vorgearbeitet. Bist du zufrieden mit 2010 oder wäre noch mehr drin gewesen?

Ja, ich bin schon zufrieden. Es kann natürlich immer noch besser laufen, aber ich hatte einige krankheits – und verletzungsbedingte Probleme, die mich zurückgeworfen haben. Als ich fit war, lief es aber wirklich gut. Deswegen sehe ich 2010 trotzdem positiv.

Was hattest du denn alles? Seit Ende August hast du dann ja auch nur noch ein Turnier gespielt und dort dann passen müssen? Was für eine Verletzung war da das Problem?

(lacht) Eine ganze Menge, wenn ich’s mir recht überlege. Anfang des Jahres musste ich Antibiotikum nehmen und lag fast sechs Wochen im Bett. Dann ging es mir besser und ich hatte meine Erfolge, aber dann habe ich mich Ende des Jahres noch einmal am Rücken verletzt und konnte dann zum Saisonende wenig spielen wieder. Jetzt im Dezember war ich auch noch einmal krank, aber jetzt geht es mir wieder langsam besser und ich fühle mich auch wieder fit.

Wie kam es denn zu deiner Rückenverletzung?

Das war im Oktober in Frankreich. Davor habe ich erstmal eine dreiwöchige Fitness-Vorbereitung gemacht und war dann wieder heiß aufs Turnier-Spielen. Dann habe ich mir aber bei dem Future in Frankreich die Rückenverletzung geholt. Bei einem Passierschlag ist es mir in den Rücken gefahren und ich musste aufgeben.

Wie ging es dann weiter?

Ja, das Problem war dann, dass lange nicht festgestellt wurde, was ich genau habe. Sie haben dann ein leichtes Wirbelgleiten am fünften Lendenwirbel festgestellt. Ich musste dann lange Reha machen. Das hat dann auch ne ganze Weile gedauert. Aber wie gesagt, das ist jetzt vorbei. Langsam fühle ich mich wieder richtig gut.

Zwischen deinen Problemen lief es dann aber 2010 echt super. Ende März hast du ja beim Future in Rovinj das Halbfinale erreicht, im April dann sogar aus der Qualifikation heraus das Future in Padua gewonnen. Es war dein erster Future-Triumph überhaupt nach zuvor schon zwei Finalteilnahmen 2009. Was für ein Gefühl war das am Ende einmal eines zu gewinnen?

Das war schon ein tolles Gefühl. Ehrlich gesagt ist mir auch eine ziemliche Last von den Schultern gefallen. Es war wie ein Befreiungsschlag auch nach den vorigen Final-Niederlagen und dann auch noch aus der Quali heraus. Da dachte ich schon, dass ich jetzt richtig angreifen kann im Hinblick auf die weiteren Turniere.

Im Juli bist du dann auch noch einmal richtig explodiert, hast beim Challenger von Oberstaufen wieder aus der Quali heraus das Finale erreicht. Danach bist du hauchdünn am Hauptbewerb des ATP-Turniers von Umag vorbeigeschrammt, hast in der letzten Quali-Runde 6:7 im Dritten verloren. Was lief diesen Monat anders oder besonders gut?

Schwer zu sagen. Ich habe davor einfach gut trainiert und mich total wohl und fit gefühlt. Von der Atmosphäre her hat da alles gepasst und ich war richtig heiß und motiviert. In Oberstaufen hatte ich dann auch einen ziemlichen Lauf und bin wieder aus der Quali heraus ins Finale gekommen. Das war schon eine Wahnsinns-Woche für mich.

Glaubst du, dass du dich jetzt auch auf Challenger-Ebene voll etabliert hast?

Voll etabliert habe ich mich da sicher noch nicht. Ich weiß aber, dass ich da mitspielen und einem guten Tag auch gefährlich sein kann. Es ist eben auch von der Tagesform abhängig. Ich hoffe mich da aber in der Zukunft noch mehr zu verbessern, um auch auf ATP-Ebene dann voll mitzuhalten.

Deine Bescheidenheit ehrt dich, aber du hast 2010 mit Michal Przysiezny, Pablo Andujar, Simon Greul und Blaz Kavcic immerhin vier Leute geschlagen, die im Laufe des Jahres unter den Top 100 standen oder dort immer noch vertreten sind. Zeigt dir das nicht, wie nahe du schon dran bist oder ist zu den Top-Spielern doch noch ein größerer Unterschied?

Das stimmt schon. Ich habe mir nach diesen Matches auch gedacht, dass ich echt nahe dran bin vor allem vom spielerischen. Es ist aber wie gesagt auch immer von der Tagesform abhängig. Ich bin mir schon bewusst, dass ich das Potential habe schon in meinen jungen Jahren voll mitzuhalten. Es fehlen halt noch ein paar Faktoren, um diese Leistungen dann auch konstant zu zeigen.

An was für Faktoren denkst du da?

Vor allem die Erfahrung. Für mich ist es ja schon noch eine Neuheit solche starken Leute zu schlagen. Von der Fitness her bin ich auch noch nicht auf dem Level, um einfach konstant Top-100-Leute zu besiegen. An allen Bereichen kann man arbeiten, auch im taktischen Bereich kann man immer mal wieder etwas verbessern. Allgemein ist eben vor allem noch die Konstanz, die halt noch kommen muss, aber ich bin ja noch jung (lacht).

Auch Doppel spielst du ja ganz gut. 2008 hast du schon für Furore gesorgt, als du mit dem Österreicher Niki Moser das Junioren-Doppel bei den US Open gewonnen hast. 2010 stehen zwei Future-Turnier-Siege in Kroatien zu Buche. Macht dir auch Doppel sehr viel Spaß oder siehst du es nur als Trainings-Faktor fürs Einzel?

Bis jetzt habe ich es nur als Trainings-Faktor angesehen. Eben um Rhythmus zu bekommen, etwas auszuprobieren usw. Es ist aber schon schön zu sehen, dass man sowohl im Einzel, als auch im Doppel voll konkurrenzfähig ist und gut spielen kann.

Was stufst du als deinen bisher größten Erfolg ein. War es der Erfolg im Junioren-Doppel bei den US Open 2008, das Finale beim Oberstaufen-Challenger oder die Siege über die Top-100-Spieler? Was zählt da für dich am meisten?

Gute Frage (lacht). Im Junioren-Bereich war es sicher der Triumph bei den US Open, aber eben auch, dass ich mich da bis unter die Top-10 der Junioren-Weltrangliste vorgearbeitet habe. Insgesamt war aber sicher das Finale in Oberstaufen mein größter Erfolg. Da haben echt gute Leute mitgespielt und ich bin aus der Quali heraus ins Finale vorgestoßen. Ich hätte es natürlich auch gerne gewonnen, aber das wollte mein Finalgegner Martin Fischer halt auch. (lacht)

Wie sieht deine Turnierplanung für 2011 aus? Wirst du dich nur auf Challenger oder ATP-Ebene aufhalten oder auch noch das ein oder andere Future spielen?

Am Anfang werde ich jetzt erst einmal eine Aufbauphase in Sachen Fitness einlegen und erst Ende Januar dann wieder in den Turnierzirkus einsteigen. Das wird dann auch erst einmal ein nationales Preisgeld-Turnier sein. Danach sind ein paar Futures geplant, bevor ich dann wieder auf die Challenger-Tour wechseln werde. Ich will mich dort einfach durchbeißen auch wenn ich Quali spielen muss manchmal. Das habe ich ja auch schon bewiesen, dass ich dazu fähig bin.

Du bist der jüngste Deutsche in den Top 400 der Weltrangliste. Wie hart ist es wirklich sich in diesem jungen Alter schon durchzusetzen? Wird das immer schwerer? Immerhin steht aktuell kein Teenager unter den Top 100 der Welt.

Ja, es war früher sicher einfacher. Das sagt jeder. Früher war die Dichte einfach nicht so groß wie jetzt. Außerdem hat sich das Tennis verändert, es ist einfach viel schneller und athletischer geworden. Die Ausbildung, um dann ganz nach vorne zu kommen, dauert einfach länger.

Wie siehst du deine Chancen, diesen Sprung unter die Top 100 selbst schon 2011 oder 2012 zu schaffen?

Meine Chancen dafür schätze ich ganz gut ein. Ich habe gezeigt, dass ich mithalten kann und bin auch zuversichtlich, dass das schon 2011 klappen kann. Es hängt natürlich auch immer von der Gesundheit ab.

Woran arbeitest du momentan mit deinen Trainer? Ist das überhaupt noch Roberto Flego?

Nein, wir arbeiten seit November nicht mehr zusammen. Das hat allerdings nicht mit Roberto zu tun. Er ist ein super Trainer, aber ich habe einfach einmal etwas Neues gebraucht. Zurzeit bin ich in der Schüttler-Waske Tennis Academy.

Wie gefällt es dir denn dort?

Bis jetzt ist es super. Dort sind echt gute Leute und super Trainer. Der Fitness-Bereich ist dort sehr anspruchsvoll und das hilft mir sehr. Die ganzen Bereiche, die mir noch fehlen und die ich auch vorher erwähnt habe, werden dort ganz gut abgedeckt.

Wer sind da deine Trainingspartner?

Da sind eigentlich immer viele da. Im Moment Sebastian Rieschick, Richard Becker und einige indische Spieler. Natürlich auch Rainer Schüttler und Alex Waske selbst. Mit den Leuten dort kann man echt super trainieren.

Was sind deine Ziele für 2011?

Ich will mich in allen möglichen Bereichen verbessern, in denen ich noch Defizite habe. Der Rest kommt dann von alleine. Die Top 100 will ich aber schon anstreben.

Und langfristig?

Erst einmal in den Top 100 etablieren und dann natürlich so weit es geht nach oben. Top 20 wäre natürlich schon ein sehr gutes Ziel. Da will ich mich aber gar nicht wirklich festlegen, weil man eben nie weiß was passiert.

Wann sehen wir einen Cedrik Stebe im Davis-Cup auf dem Platz?

(lacht) Das wäre natürlich schön auch einmal für Deutschland spielen zu können. Darüber habe ich mir jetzt aber noch keine Gedanken gemacht. Ich will mich wie gesagt erst einmal in den Top 100 etablieren und dann schauen wir weiter.

Mit welchen deutschen Spielern verstehst du dich besonders gut? Entwickeln sich da auch Freundschaften auf der Tour?

Ich verstehe mich eigentlich mit allen Spielern gut. Es gibt wirklich keinen, wo ich sagen würde, den kann ich nicht leiden. Freunde auf der Tour habe ich viele, jetzt aber keinen speziellen dicken Freund. Die kann ich jetzt nicht alle aufzählen.

Wer sind deine Idole im Tennis?

Früher habe ich immer Marat Safin nachgeeifert. Ziemlich beeindruckend finde ich aber auch David Nalbandian. Mit was für einer Leichtigkeit der spielt, ist schon verblüffend.

Auf www.itftennis.com gibst du Schlagzeug-Spielen als dein Hobby an. Woher kommt diese Musik-Leidenschaft? Wolltest du auch mal Musiker werden oder willst du es vielleicht mal falls es mit der Tennis-Karriere nicht klappen sollte oder sie vorbei ist?

Also auf die Idee damit Geld zu verdienen bin ich noch nicht gekommen. Es ist aber glaube ich gut ein Instrument zu spielen, um auch mal abschalten zu können. Ich spiele neben Schlagzeug auch noch Klavier. Die Leidenschaft für Musik habe ich von meinem Vater (lacht). Er spielt in einer Jazz-Band und hat mir schon von früh an eingetrichtert, dass es gut wäre ein Musik-Instrument zu erlernen.

(Foto: Jürgen Hasenkopf)

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01.01.2011, 13:34 Uhr