NHL

Ein Blick in den Spiegel

Von Adrian Franke
Marian Hossa will unbedingt den Stanley Cup nach Chicago holen
© getty

Endlich ist es soweit! Die Stanley-Cup-Finals starten und die Chicago Blackhawks wollen den nächsten Titel einfahren. Mit den Tampa Bay Lightning wartet eine Art Spiegelbild des eigenen Teams und der eigenen Philosophie auf Chicago - und doch gibt es Unterschiede. Welche Defense hält die brandgefährliche Offense auf? Und können die Blackhawks ihren dritten Titel in den letzten sechs Jahren einfahren? Der Check zum Finale.

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Tampa Bay Lightning (2) - Chicago Blackhawks (3)

Ausgangslage: Wenn man einen großen Vorteil für die Blackhawks benennen wollte, man würde wohl auf die Erfahrung gehen. Das Herz des Teams hat den Cup bereits 2010 und 2013 gewonnen und ist auf bestem Weg, die erste Salary-Cap-Dynasty zu formen. Tampa Bay auf der anderen Seite stand seit 2004 nicht mehr in den Finals, als es den bislang einzigen Cup-Sieg gab.

Gleichzeitig aber gibt es viele Übereinstimmungen. Beide Teams bauen auf Geschwindigkeit und Puck Possession, beide haben spektakuläre Spieler in der Offense und beide wissen, wie man verteidigt: Chicago, das wieder mit Marcus Krüger und Bryan Bickell planen kann, hat alle 32 Spiele in der Regular Season und den Playoffs gewonnen, wenn es nach dem zweiten Drittel in Führung lag. Tampa Bay gewann alle neun Partien in der Postseason, wenn es den ersten Treffer erzielte.

Blackhawks: Letzte Chance zur Dynasty?

Dennoch kennen sich beide auf dem Eis direkt bislang nicht allzu gut, Blackhawks-Goalie Corey Crawford stellte klar: "Es ist eine Sache, sich das Videomaterial anzuschauen. Es dann tatsächlich im Spiel zu erleben, aus deiner Perspektive auf dem Eis, ist etwas komplett anderes. Am Anfang wird es eine kleine Abtast-Phase geben, aber wir wissen sehr gut, was sie machen. Das ist ein schnelles, talentiertes Team, das in hohem Tempo spielt. Wir spielen beinahe genauso. Das wird eine unterhaltsame Serie."

Verteidiger Duncan Keith, dem in 17 Playoff-Spielen 18 Scorerpunkte gelangen, ist sich zudem nach der Serie gegen die physischen Ducks sicher, dass Chicago gegen jeden Gegner bestehen kann: "Ich denke, wir zeigen viel Charakter und nutzen unsere Geschwindigkeit und unsere Fähigkeiten. Ich denke, zu diesem Zeitpunkt in der Saison ist keiner müde. Wir freuen uns, dass wir ein großartiges Team wie Anaheim ausgeschaltet haben und darauf, die Gelegenheit zu haben, mit Tampa Bay ein anderes großes Team zu schlagen."

Doch auf die starke Blackhawks-Defense wartet jetzt ein echter Test. Das junge Lightning-Team führte die Regular Season mit 259 Toren an und die Dreier-Kombination bestehend aus Tyler Johnson, Nikita Kucherov und Ondrej Palat, an sich nur die zweite Reihe, hat 28 der 55 Lightning-Postseason-Tore erzielt. In der ersten Line fand außerdem Steve Stamkos schnell wieder zu alter Stärke, nachdem er im Laufe der Playoffs aus dem Zentrum auf den Flügel ausweichen durfte.

Kucherov warnte daher: "Chicago hat ein wirklich gutes Team. Sie haben in all den Jahren gute Arbeit geleistet und zwei Mal den Titel gewonnen. Ich weiß, dass sie es erneut schaffen können, sie wissen wie es geht. Aber uns ist das egal. Wir sind hungrig, wir wollen gewinnen und wir werden hart arbeiten, um das zu schaffen."

Coach Jon Cooper, dessen Team sowohl im Powerplay (22,2 Prozent), als auch im Penalty-Killing (81,2 Prozent) stärker war als Chicago, baut indes auf den Lerneffekt bei seinen Spielern. Nach dem bitteren Aus im Vorjahr bewies Tampa Bay in der laufenden Postseason etwa gegen Detroit oder auch im siebten Spiel gegen New York viel Herz und Cooper betonte: "Jedes Mal, wenn es Gegenwind gab, kam das Team mit einem K.o.-Schlag zurück. Das begann nach der Montreal-Serie im letzten Jahr und die Einstellung hat sich nicht verändert."

Players to Watch: Die Blackhawks haben die vielleicht ligaweit tiefste und stärkste Ansammlung an Stürmern, insofern geht bei Tampa Bay der Blick auf die Defensive. Mit Victor Hedman und Anton Stralman kann Cooper seinerseits mit großer defensiver Feuerkraft antworten, vor allem Hedman spielt eine starke Postseason.

Stralman hält seinem Partner dafür den Rücken frei und Cooper schwärmte: "Er ist das komplette Packet, er kann in jeder Situation spielen." Komplettiert wird das Defensiv-Trio durch Ben Bishop. Der Goalie liefert bislang eine herausragende Postseason ab, verzeichnete drei Shutouts und wehrte 95,1 Prozent der Schüsse auf sein Tor ab. Wenn Tampa aus starker Defensive heraus in die schnelle Offensive übergehen kann, wird es auch für die Blackhawks gefährlich.

Auch Chicago muss sich auf seine starke Defensive rund um Keith verlassen, welche die harten Spiele gegen Anaheim noch in den Knochen haben dürfte. Crawford hat sich im Laufe der Playoffs nach schwachem Start gefangen und ist zumindest ein solider Rückhalt - auch wenn der Goalie-Vergleich an Tampa Bay geht.

Doch bei Chicago dürfen hier Jonathan Toews und Patrick Kane nicht unerwähnt bleiben. Die beiden 84-Millionen-Dollar-Männer boten vor allem im entscheidenden Spiel gegen Anaheim eine Show und können auch die Finals dominieren - egal, ob sie zusammen auf dem Eis stehen oder nicht. Und bekommt Tampa Bay die beiden Superstars halbwegs in den Griff, könnte Brandon Saad der Nutznießer sein.

Prognose: Die Blackhawks hatten ihre Durchhänger und das Torschuss-Verhältnis von -73 ist das schwächste in den Playoffs. Auch hat kein Team mehr Hits einstecken müssen, und doch: Chicago macht gegen Tampa den dritten Titel in sechs Jahren perfekt. Die Blackhawks sind zu abgezockt, haben einen zu starken Teamkern und sind für ein aufstrebendes Lightning-Team noch zu stark.

"Die Chance liegt hier direkt vor uns", brachte es Toews auf den Punkt: "Wir wollen einen großartigen Start in diese Serie hinlegen. Darauf können wir uns fokussieren." Tampa Bay trifft auf einen Gegner, der auf dem Zenit scheint - und sich diese Chance nicht nehmen lassen wird. Blackhawks in 6.

Der Kader der Tampa Bay Lightening im Überblick

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