NHL

... und reichlich böses Blut

Von Philipp Dornhegge
Ryan Miller ist rechtzeitig zu den Playoffs topfit und soll Buffalo zum Sieg über die Flyers führen
© Getty
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Vancouver Canucks (1) vs. Chicago Blackhawks (8)

Saisonbilanz: 2-2 (1:2 OT, 1:7, 3:0, 4:3)

Ausgangslage: Für die Canucks und ihre Fans war es über weite Strecken eine Saison zum Träumen. Vancouver hat einen neuen Franchise-Punkterekord aufgestellt, ist die Nummer eins der Liga und hat die beste Defense sowie die beste Offense aller Teams. Auch in punkto Power Play (Platz eins) und Penalty Kill (Platz drei) sind die Kanadier ganz vorne dabei. Trotzdem wäre diese Spielzeit nichts wert, wenn am Ende nicht der Titel zu Buche stehen würde.

Der mögliche Weg in die Stanley-Cup-Finals beginnt gleich mit einem harten Brocken. Zwar hat der Titelverteidiger eine durchwachsene Saison hinter sich, aber Chicago ist so etwas wie der Angstgegner der Canucks. In den letzten beiden Jahren scheiterte Vancouver jeweils an den Blackhawks - und war sowohl auswärts als auch zu Hause unterlegen. Interessant: Chicago ist das einzige Team, das daheim keine einzige Partie nach Verlängerung oder Shootout verlor (7 Siege).

Players to watch: Ryan Kesler vs. Corey Crawford. Natürlich stehen die Sedin-Zwillinge und Goalie Roberto Luongo bei den Canucks nicht zu Unrecht im Rampenlicht, doch müssen sie sich den Platz zunehmend mit einem Spieler teilen, der dafür gar nicht geeignet scheint. Kesler ist ein Arbeiter, vielleicht der beste Defensive Forward der NHL und einer, der Abend für Abend die Top-Spieler des Gegners checkt. Trotzdem hat es der Amerikaner in diesem Jahr geschafft, ganz nebenbei noch 41 Tore zu machen - und damit gleichauf mit Daniel Sedin zu liegen. Vancouvers Erfolg hängt ganz entscheidend mit Kesler zusammen.

Gleiches gilt bei den Hawks für Crawford. Der Rookie-Goalie kam überhaupt nur ins Tor, weil Neuzugang Marty Turco die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Crawford dagegen hielt wie ein Derwisch und mauserte sich mit 33 Siegen und einer Save Percentage von 91,7 zu einem echten Anwärter auf die Calder Trophy für den besten Neuling. Die Torwartposition ist nur eine vermeintliche Schwachstelle bei Chicago.

Prognose: In den letzten beiden Regular-Season-Duellen scheinen die Canucks endlich herausgefunden zu haben, wie man den Champion schlägt. Christian Ehrhoff traf übrigens in beiden Spielen. Den Hawks wird in den Playoffs im Vergleich zum letzten Jahr der bullige Dustin Byfuglien (Atlanta Thrashers) abgehen. Canucks in 6.

Die Serien der Western Conference in der mySPOX-Analyse

San Jose Sharks (2) vs. L.A. Kings (7)

Saisonbilanz: 3-3 (6:3, 0:4, 1:0, 2:3 SO, 3:4 SO, 6:1)

Ausgangslage: Im Vergleich zum Vorjahr hat sich bei den Sharks gar nicht viel getan. Der Kern des Teams steht, neu kam allerdings mit Antti Niemi ein Goalie, der gerade erst den Titel mit Chicago gewonnen hatte und dabei viele überraschte. Dazu erlebte Logan Couture ein famoses Rookie-Jahr. Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, bis San Jose so richtig in Form war. Dafür spielen sie seit Mitte Januar umso beeindruckender. Die Erfahrung, 2010 endlich mal die Conference Finals erreicht zu haben, dürfte zumindest die gröbsten Ängste vor einem frühen Scheitern vertreiben.

Von Angst kann bei den Kings auch keine Rede sein. Das Team ist sich der Tatsache durchaus bewusst, dass es im Kalifornien-Clash der vielleicht größte Außenseiter der ersten Runde ist. Ein schnelles Aus wäre somit keine Überraschung. L.A. kann befreit aufspielen, aber mit welchen Spielern? Anze Kopitar ist verletzt, Justin Williams' Einsatz ist fraglich. Ryan Smyth tun ohnehin fast immer die Knochen weh. Schon mit den besten Scorern war der Underdog vor allem ein Defensivmonster, jetzt wird man noch mehr mauern und auf seine Chance warten müssen. Größter Trumpf ist wohl das vorzügliche Penalty Kill (Platz 4).

Players to watch: Joe Pavelski vs. Dustin Penner. Während den alten Recken der Sharks immer wieder Nervenflattern und mangelhafte Toughness in den Playoffs vorgeworfen wird, ist die junge Generation aus einem anderen Holz geschnitzt. Das zeigt unter anderem Pavelski, der aktuell zu den heißesten Spielern der NHL gehört. In den letzten 13 Partien verbuchte der 26-Jährige 20 Punkte, insgesamt stellte er in diesem Jahr in so ziemlich jeder Kategorie Karriere-Bestwerte auf. Und dass er es in den Playoffs kann, bewies er im Vorjahr, als er im Schnitt mehr als einen Punkt pro Spiel machte. Penner dagegen steht vor allem unter Druck. Nach seinem Trade von Edmonton nach L.A. ist der Left Winger eine einzige Enttäuschung, zuletzt blieb er zwölf Mal in Serie ohne Tor oder Assist. Dabei haben die Kings nur mit einem starken Penner überhaupt eine Chance gegen die Sharks.

Prognose: Die Kings werden wie immer kratzen, beißen und sich teuer verkaufen, aber San Jose ist so viel talentierter und erfahrener, dass eine lange Serie eine echte Überraschung wäre. Sharks in 5.

Detroit Red Wings (3) vs. Phoenix Coyotes (6)

Saisonbilanz: 2-2 (2:1 OT, 2:4, 3:2 OT, 4:5 SO)

Ausgangslage: Das hatten wir doch schon im Vorjahr? Ganz genau. Erneut trifft Detroit in Runde eins auf Phoenix, erneut sind die Rollen scheinbar klar verteilt: Die Red Wings sind der Favorit, die Coyotes der klare Underdog. Im letzten Jahr kämpfte sich Phoenix, mit dem Heimvorteil im Rücken, bis ins siebte Spiel. Dieses Jahr könnte es sogar weiter gehen. Denn trotz aller individuellen Klasse und der enormen Erfahrung machten die Wings in letzter Zeit keinen guten Eindruck. Der verletzte Topscorer Henrik Zetterberg wird vermisst, so viel steht fest. Goalie Jimmy Howard war nicht immer frei von Fehlern. Und in der Defense stimmt es auch nicht: In den letzten sechs Spielen kassierte man satte 25 Gegentreffer. Phoenix ist insgesamt besser drauf: In 16 Spielen gab es zuletzt nur drei Pleiten in regulärer Spielzeit, die mittelprächtige Offense hat fast so etwas wie Konstanz gefunden. Im Fokus wird aber vor allem das grottenschlechte Penalty Kill gegen die Power-Play-Maschine aus Detroit stehen.

Players to watch: Nicklas Lidström vs. Keith Yandle. Das Duell Detroit gegen Phoenix ist auch das Duell von zwei der punktbesten Verteidiger der Liga. Lidström sammelte 62 Zähler (Platz 2), Yandle 59 (3.). Lidström ist ohne Frage der Erfahrenere der beiden, einmal mehr heißester Anwärter auf die Norris Trophy und vor allem im Power Play erfolgreicher. Aber der 24-jährige Yandle lernt ständig dazu, hat sich jedes Jahr verbessert und seinem Kontrahenten eins voraus: Er steht beim Plus-Minus-Rating für die gesamte Saison bei +12, Lidström nur bei -2.

Prognose: Am Ende des Tages sind die Red Wings immer noch die Red Wings. Und die werden sich von einer No-Name-Truppe wie den Coyotes nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Auch wenn es nicht leicht wird. Red Wings in 6.

Anaheim Ducks (4) vs. Nashville Predators (5)

Saisonbilanz: 1-3 (1:4, 5:4, 1:4, 4:5)

Ausgangslage: Es ist schon irgendwie seltsam, dass die Ducks stehen, wo sie stehen. Mit einer mittelmäßigen Offense (Platz 11), einer unterdurchschnittlichen Defense (20) und einem ebenso schwachen Penalty Kill (19) sollte man doch allenfalls mit viel Glück in die Playoffs rutschen. Doch die Zahlen zeigen nur die halbe Wahrheit und liegen vor allem in der schlechten ersten Saisonhälfte begründet. Dank Superscorer Corey Perry (98 Punkte) und seiner Linie (Ryan Getzlaf, Bobby Ryan) hat Anaheim jedoch Feuer gefangen und ist derzeit in Topform. Kaum jemand wollte auf die Kalifornier treffen - jetzt hat es Nashville erwischt. Die Teams sehen sich zum ersten Mal in den Playoffs.

Die Qualitäten der Predators sind genauso gelagert wie im Vorjahr: Es gibt keinen Star in der Offensive - Martin Erat und Sergej Kostitsyn sind mit je 50 Punkten schon die Topscorer -, dafür steht die Defense wie eine Eins und sorgt dank der überragenden Shea Weber (48 Punkte) und Ryan Suter (39) auch im Angriff für Entlastung. Pekka Rinnes Leistungen im Tor sind ebenfalls wieder mit das Beste, was die Liga zu bieten hat. Entsprechend ist Nashville stark im Penalty Kill, aber schwach im Power Play.

Players to watch: Teemu Selänne vs. Shea Weber. Wie erwähnt, Anaheims erste Reihe ist beeindruckend. Aber wo wäre man ohne Selänne? Der Finne punktet immer noch wie vor zehn Jahren, dabei ist er inzwischen 40 Jahre alt! Jahr für Jahr flehen ihn die Fans an weiterzumachen, aber mit einer Monster-Performance könnte Selänne dieses Jahr endgültig einen Schlussstrich ziehen. Was bei Anaheim in der zweiten Linie spielt, hat Nashville nicht mal in der ersten. Was also tun? Die Defensivspieler fördern! "Ich kenne Shea aus dem Nationalteam gut", warnt Perry. "Er hat einen Wahnsinnsschuss und ist extrem gefährlich. Wir müssen sehr genau auf ihn aufpassen." Mehr muss man eigentlich gar nicht wissen.

Prognose: Die Predators werden der geballten Ducks-Offensive sicher das Leben zur Hölle machen. Zumindest zu Beginn der Serie. Das haben sie auch im Vorjahr mit den Blackhawks geschafft. Aber irgendwann findet eine offensivstarke Mannschaft auch den Schlüssel für die beste Abwehr - und dann gehen die Lichter aus. Ducks in 7.

NHL: Der komplette Playoff-Spielplan

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