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Draft: Die Running-Backs-Spezialisten - der wahre Wert der Klasse

Wo liegt der diesjährige Wert der Running-Back-Klasse?
© getty

Die diesjährige Draft-Klasse der Running Backs hat nicht in der Breite nicht die Qualität, wie sie etwa die Receiver-Klasse aufweist - vielmehr gibt es nach der klaren Nummer 1 eine deutliche Lücke. Vielleicht liegt darin aber auch eine Chance; eine Chance, den Draft auf gerade dieser Position anders anzugehen. "Spezialisten" im Backfield könnten immer größer in Mode kommen.

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Eine einfache Frage zu Beginn: Wie viele NFL-Backfields haben noch einen klaren 3-Down-Back? Also einen Running Back, der mit weitem Abstand die meisten Snaps absolviert, der in der Hurry-Up und bei klaren Passing-Downs auf dem Feld bleibt und gleichzeitig der unangefochtene Leading-Rusher ist?

Die Cowboys mit Elliott sind ein Kandidat, die Giants mit Barkley ebenfalls. Zumindest letztes Jahr gehörte Carolina fraglos dazu, McCaffrey spielte monströse 967 Snaps. James Conner in Pittsburgh fiel ebenfalls in die Kategorie, Todd Gurley bei den Rams bis zum Beginn seiner Verletzungsprobleme ebenfalls.

Danach wird es aber sehr schnell dünn; "Backfield by Committee" ist der Trend in der NFL. New England ist hier schon seit Jahren flexibel unterwegs, kombiniert gerne einen Power-Runner (LeGarrette Blount, Sony Michel) mit einem agilen Pass-Catcher (Dion Lewis, James White). Die Falcons hatten jetzt über mehrere Jahre mit Tevin Coleman und Devonta Freeman ein Duo im Backfield, die Chargers spielten letztes Jahr mit Gordon und Ekeler auf diese Weise und die Saints mit Kamara und Ingram sind vielleicht sogar das beste Beispiel.

Running Backs im Draft: Der Value liegt bei den Spezialisten

Dieses Modell hat diverse Vorteile, ein Aspekt: Spezialisten insbesondere auf der Running-Back-Position findet man später im Draft und auch darüber hinaus. Einige der gefährlichsten Receiving-Backs der Liga bestätigen das: James White (4. Runde), Tarik Cohen (4.), Jalen Richard (Undrafted), Duke Johnson (3.), Dion Lewis (5.) oder auch Austin Ekeler (Undrafted) waren alle ohne hohes Draft-Kapital zu haben.

Hier liegt der Wert, wenn es ans Draften von Running Backs geht. Saquon Barkley hatte eine spektakuläre Rookie-Saison; dennoch belegten die Giants, die mit dem Nummer-2-Pick immenses Kapital in ihn investierten, am Ende Platz 18 in Football Outsiders' Rushing-DVOA und verloren sechs Mal, obwohl Barkley über 100 Total Yards beisteuerte mit dem traurigen Highlight in Woche 6 gegen die Eagles, als 229 Yards von Barkley (130 Rushing, 99 Receiving) nicht reichten.

Wer dagegen argumentiert, dass die Offensive Line schlecht war, dass Eli Manning Defenses nicht bedrohen konnte und als Passer nicht mehr gut genug ist, oder dass die Verletzung von Odell Beckham die Offense eindimensionaler gemacht hat - der hat Recht. Das ist genau der Punkt. Running Backs sind einerseits extrem abhängig von der Situation um sie herum, und sie haben nicht mehr den Einfluss auf den Ausgang eines Spiels, wie das noch vor 15, 20 Jahren der Fall war.

Die Quintessenz ist diese: Das Run Game verliert im Vergleich zum Passing Game in der NFL immer mehr an Relevanz, und der Running Back hat nur einen geringen Einfluss auf das Run Game. Die Offensive Line spielt die zentralste Rolle, auch die Qualität des Quarterbacks und des Passing Games insgesamt ist entscheidender, wenn es an Erfolg oder Misserfolg des Run Game geht.

Fokus auf die Running Backs im Passing Game

Wer andauernd in eine 8-Men-Box laufen muss - LeGarrette Blount, Royce Freeman und Leonard Fournette hatten prozentual gesehen letztes Jahr besonders häufig dieses Vergnügen - wird es deutlich schwerer haben, als Runner gute Zahlen aufzulegen. Gleiches gilt für einen Running Back hinter einer schlechten Offensive Line. Ein guter Runner hat noch immer einen gewissen Wert, aber der ist deutlich niedriger, als viele NFL-Teams noch immer zu glauben scheinen.

Wo kann ein Running Back also den größten Unterschied ausmachen? Man kann sehr gut argumentieren, dass ein Running Back, der ein gefährlicher Receiver ist und so auch eingesetzt wird, in der heutigen NFL in puncto Value dagegen noch immer deutlich unterschätzt wird.

Im Idealfall kann ein Running Back natürlich beides - als Runner selbst Yards kreieren und als Receiver flexibel agieren, einen ausgeprägten Route Tree laufen und das idealerweise auch aus dem Slot und Outside. Es gibt aber ohne jeden Zweifel in der modernen NFL Value bei den Running Backs, die als Runner durchschnittlich sind, im Passing Game aber einen echten Unterschied machen können.

Die vertikalsten Pass-Catching-Backs der vergangenen Saison:

Name, TeamTargets (Catches)aDOT (Receiving-Yards)
Elijah McGuire, Jets30 (18)6 Yards (191 Yards)
Tarik Cohen, Bears86 (69)3,7 Yards (684 Yards)
Duke Johnson, Browns59 (44)3,6 Yards (399 Yards)
James White, Patriots125 (89)3,3 Yards (770 Yards)
Jacquizz Rodgers, Buccaneers45 (38)3 Yards (304 Yards)
Nyheim Hines, Colts81 (63)2,5 Yards (425 Yards)
Kenyan Drake, Dolphins74 (54)2,4 Yards (487 Yards)
Alvin Kamara, Saints104 (80)1,9 Yards (703 Yards)
Jalen Richard, Raiders80 (67)1,8 Yards (605 Yards)
Javorius Allen, Ravens43 (35)1,7 Yards (204 Yards)

Anm. d. Red.: "aDOT" steht für "Average Depth of Target", also wie weit entfernt von der Line of Scrimmage der Spieler im Schnitt angespielt wurde. Die Zahlen stammen von "airyards.com", leichte Abweichungen zu anderen Arten der Messung was Targets und aDOT angeht sind möglich. Als Minimum habe ich 30 Targets festgelegt.

Zum Vergleich: Barkley hatte zwar 120 Targets, die kamen aber im Schnitt gerade einmal 0,3 Yards von der Line of Scrimmage entfernt - selbst Adrian Peterson (0,5) hatte mehr. Todd Gurley (0,7) wurde ebenfalls primär für Dumpoffs und Screen-Pässe eingesetzt, genau wie James Conner (0,3).

Der Maßstab für diese Qualität aus den letzten Jahren ist immer noch David Johnsons 2016er Saison, als er im Schnitt 4,7 (!) Yards tief angespielt wurde. In dieser Saison setzten Bruce Arians und die Cardinals Johnson tatsächlich als einen Running Back und Wide Receiver ein, was Target-Tiefe und auch was die Positionierung in der Formation angeht - Johnson verbrachte damals 121 seiner 965 Snaps als Outside-Receiver, mehr als er im Slot spielte (76 Snaps).

Setzen die Jets Le'Veon Bell besser ein?

Das machte Johnson damals zum besten Back der Liga, auch wenn er als reiner Runner nicht in die Top-3 gehört. Wo man einerseits festhalten muss, dass Running Backs im Run Game eben sehr abhängig von den Umständen um sie herum sind, kann man andererseits auch sagen, dass ein Running Back, der im Passing Game auch über Screens und Dumpoffs hinaus eine Gefahr darstellt, seinen Wert deutlich erhöht. Er kann so als Matchup-Waffe in der Formation herumbewegt werden, gleichzeitig kann er dann Mismatches im Passing Game auch ausnutzen.

Gewissermaßen spielte Johnson damals die Rolle, die medial gerne Le'Veon Bell gegeben wird. Bell ist zwar ein Mismatch-Spieler, weil man ihn ebenfalls im Slot und Outside aufstellen und so gewisse Matchups forcieren und Reads für den Quarterback vereinfachen kann.

Im Passspiel kam Bell aber fast immer vor allem über die Masse. Zwischen 2014 und 2017 wurde er laut Pro Football Focus im Schnitt 0,42 Yards von der Line of Scrimmage entfernt angespielt. Das spricht vor allem für Screens, kurze Pässe in die Flat und Dumpoffs, während Johnson oder auch Kamara (aDOT 2017: 2,4 Yards; 2018: 1,9 Yards) tiefe Wheel-Routes, Slants, Out-Routes und dergleichen laufen.

Es wird spannend sein zu sehen, ob sich das bei den Jets anders gestaltet - Gang Green hatte letztes Jahr insgesamt drei Running Backs - Trenton Cannon (25 Targets, 6,3 YDS aDOT), Elijah McGuire (30 Targets, 6 YDS aDOT) und Bilal Powell (18 Targets, 5 YDS aDOT) - mit einem aDOT-Wert von fünf oder mehr Yards; womöglich ein Fingerzeig auf eine andere Nutzung von Bell als Receiver, als es in Pittsburgh der Fall war.

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