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Taktik-Analyse Patriots-Defense: Wie stoppen die Pats die Rams?

SPOX blickt vor Super Bowl 53 im Detail auf die Patriots-Defense.
© getty
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Die Secondary: Wie verteidigt New England die Rams?

Mindestens so spannend wird das Duell dahinter, in der Secondary. Die Rams haben zwar in Brandin Cooks einen potentiellen Nummer-1-Receiver, auf diese Art aber funktioniert die Offense nicht; stattdessen geht es um die Route-Kombinationen und die Receiver in Rollen. Plays sind nicht spezifisch für einzelne Receiver designed, eher füllen sie ihre Rolle innerhalb des Schemes aus.

Im Kern ist New England eine Cover-1-Defense, beispielhaft zu sehen hier im Spiel gegen die Chargers. Die Patriots haben mit Abstand am häufigsten Cover-1 gespielt, dabei gibt es Man Coverage überall auf dem Feld, mit einem freien tiefen Safety und einem freien Underneath-Verteidiger, der meist nach dem Snap aus einer anderen Position ins Zentrum zieht.

Die beiden freien Verteidiger sind dabei die X-Faktoren: Wie gegen die Chiefs zu sehen, kann der tiefe Safety etwa gezielt als zusätzlicher Man-Cover-Spieler eingesetzt werden, wenn man einen besonders gefährlichen Receiver wie Tyreek Hill in Double-Coverage nehmen will. Der freie Underneath-Verteidiger dagegen wird gerne als Blitzer umfunktioniert. Es ist die Basis-Defense der Pats, und auch die Defense, die sie am besten beherrschen.

Und der Ausschnitt aus dem Chargers-Spiel zeigt noch ein weiteres Element der Patriots-Defense: Der rechte Edge-Rusher bewegt sich nach dem Snap kurz in Richtung des eng an der Line postierten Slot-Receivers und gibt ihm einen kurzen Schubs, ehe er Richtung Quarterback zieht.

Das stört den Rhythmus der Route in Kombination mit dem Dropback des Quarterbacks, und angesichts der Tatsache, dass die Rams mehr enge Formationen als irgendein anderes Team spielen, sollten sich dafür am Sonntag zahlreiche Möglichkeiten bieten.

Patriots: Cover-1, Cover-3 - oder Cover-4?

Wenn New England aus der Man Coverage in eine Zone-Defense übergehen will, dann findet das zumeist mit Cover-3-Konzepten statt - was stilistisch der Cover-1-Defense auch am nächsten ist. Bei Cover-3 teilen sich ein tiefer Safety und je ein Cornerback zu seiner linken und rechten Seite den tiefen Bereich des Feldes in drei Zonen auf; ähnlich wie bei der Cover-1 also gibt es einen zentralen, tief postierten Safety.

Abgesehen von der Tatsache, dass in Coverage Zone und nicht Man Coverage gespielt wird, liegt der große Unterschied aber in der Front: Im Gegensatz zu Cover-1, die durch die Manndeckung mehr Freiheiten in den Blitz-Calls gibt, müssen in einer Cover-3 die jeweiligen Zonen abgedeckt sein, aggressive, exotische Blitz-Calls sind also schwieriger.

Der oben abgebildete Sack im Spiel gegen die Steelers aber zeigt eine Variante, wie die Pats dennoch Druck erzeugen. Von den fünf Spielern in der Box kommen nur vier, die Offensive Line weiß aber nicht, welche vier. Das führt zu einem Protection-Bust, der Linebacker über die Mitte bekommt einen freien Shot auf Roethlisberger.

Ähnliches Beispiel, hier im Chargers-Spiel: Wieder täuschen die Pats mehrere Rusher an, dieses Mal auch nach dem Snap. Zwei vermeintliche Rusher lassen sich dann in ihre Zones zurückfallen, und es entsteht eine normale Cover-3.

Doch durch die angetäuschten Rusher ist es für die Pats möglich, letztlich mit einem 3- oder wie hier 4-Men-Rush immer wieder Druck auf den Quarterback auszuüben. Blocker bleiben plötzlich beschäftigungslos, der Quarterback muss die Defense neu lesen und dann ist es oft schon zu spät.

Genau das konnte man auch gegen Kansas City mehrfach beobachten; hier gegen eine Bunch-Formation der Receiver auf der linken Seite der Formation. Die hier abgebildete Offense-Formation - drei Receiver im Bunch, einer isoliert auf der anderen Seite und der Quarterback mit dem Running Back in der Shotgun im Backfield - wird es im Super Bowl von den Rams ebenfalls geben.

Es ist der gleiche Ablauf: Der Edge-Rusher - in diesem Fall der Looper - treibt Mahomes in die Pocket, wo ihn dann der Interior Rush erwischt.

Dahinter spielt New England gegen die Bunch-Formation Cover-3, mit einer Matchup-Zone-Coverage (vereinfacht gesagt: aus einer Zone Coverage wird eine Man Coverage während des Plays, je nachdem welche Routes in die Zone des Verteidigers kommen) gegen den isolierten Receiver auf der rechten Seite der Formation.

Der spannendste Part aber kommt erst noch: wie anpassungswillig sind die Patriots am Sonntag? New England könnte seine bevorzugte Man Coverage spielen, mit Gilmore gegen Cooks, Jackson gegen Woods und Safetys gegen Gurley im Passing Game. Allerdings waren die Rams gegen Cover-1 dieses Jahr vergleichsweise stark, legen hier laut Sports Info Solutions im Schnitt 10,2 Yards pro Pass (136 Pässe) auf - besser war L.A. nur gegen Cover-2-Man.

Wenn New England wirklich umstellen will, dann läge die Antwort in einer ganz anderen Coverage: Cover-4. Eine Zone Coverage, bei der sich zwei Safetys und zwei Cornerbacks den mittleren und tiefen Bereich des Feldes in vier Zonen aufteilen, mit drei Underneath-Zone-Verteidigern. Gegen keine Coverage hatte L.A. größere Probleme, genau das nutzten die Eagles, Bears und auch die Lions in der Regular Season, um den Rams im Passing Game ernsthafte Probleme zu bereiten.

Es nahm das vertikale Passspiel und die ganzen (Play-Action-)Crosser weg und zwang Goff zu konstanten Checkdowns, zu ungewohnten Reads und zu hoher Disziplin im Passing Game. 55 Pässe haben die Rams gegen Cover-4 geworfen, für im Schnitt 4,2 Yards pro Pass - der klar schwächste Wert für L.A. Die Pats aber haben keine Standard-Coverage seltener gespielt als Cover-4 (22 Mal); wenn sie sie gespielt haben, allerdings äußerst erfolgreich: 0,6 Yards pro Passversuch ließ New England hieraus zu.

Das Problem für die Patriots? New England hat nicht den dominanten 4-Men-Rush wie die Eagles oder Bears und die Pats wären in ihren Blitz-Paketen drastisch eingeschränkt. Belichick und Flores müssten mehr mit den Pressure-Paketen machen, aus denen sie wie oben aus der Cover-3 heraus gezeigt Rusher antäuschen und dann aber letztlich meist nur mit vier Mann kommen. Womöglich ist das gegen Goff jedoch ohnehin die bessere Antwort.

McVays zweite Chance gegen Belichick

Auf McVay wartet mit dieser Defense und diesem Coaching-Gespann auf der anderen Seite in jedem Fall eine riesige Prüfung, auf der größtmöglichen Bühne. Am Sonntag wird es keinen Platz für Nerven und einfache Fehler geben; das weiß McVay genau, nicht nur, weil er bereits einen Vorgeschmack des imposanten Gegners im Hinterkopf hat.

2015 war der Head Coach der Rams noch Washingtons Offensive Coordinator, die Redskins waren zu Gast in Foxboro. Die Pats gewannen souverän mit 27:10, ein Tag, den McVay noch heute als einen Tag, "der mich sehr geerdet hat" in Erinnerung behält.

Heute kann McVay sogar zugeben, dass er an jenem Tag in Foxboro kurzzeitig sogar überlegt hatte, zu klatschen, als Brady unter tosendem Applaus der Zuschauer einlief: "Ich stand da und dachte mir: Man, ich würde gerne applaudieren. Und der nächste Gedanke war: Verdammt. Wie sollen wir hier denn gewinnen?"

Weiter führte er bei NBC aus: "Das war kein guter Tag, und unser Touchdown war ein ganz billiger Touchdown in letzter Minute, als das Spiel schon vorbei war. Coach Belichick und Coach Patricia haben uns da ziemlich die Grenzen aufgezeigt."

Seither ist viel Zeit vergangen, eine Wiederholung ist aus Rams-Sicht aber absolut unerwünscht. Die Patriots werden verschiedene Antworten haben und Goff sowie McVay verschiedene Denkaufgaben geben. Die spannende Frage wird lauten, ob L.A. und ganz konkret Goff auf dem Feld die richtigen Lösungen findet. Davon wird der Ausgang von Super Bowl 53 maßgeblich abhängen.

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