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Aaron Donald bei den L.A. Rams: Der beste Verteidiger seit vielen Jahren

Von Pascal De Marco
Aaron Donald sammelte in dieser Saison 20,5 Sacks. Der Rekord liegt bei 22,5.
© getty

Die Defense der Los Angeles Rams erwartet beim Super Bowl LIII eine Mammutaufgabe: Sie muss Tom Brady und die New England Patriots stoppen. Gäbe es Aaron Donald nicht, die meisten würden L.A. wohl keine Chance zuschreiben. Aaron Donald jedoch verändert vieles. Er ist der beste Defense-Spieler der NFL. Und das vielleicht sogar seit mehreren Jahren. Den Super Bowl gibt's in der Nacht vom 3. auf den 4. Februar ab 0.30 Uhr live auf DAZN - mit Original-Kommentar zur Auswahl!

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Das Zeitalter der offensiven Dominanz scheint in der NFL endgültig angekommen. Super Bowl LIII wird zwischen zwei Top-5-Offenses ausgetragen und das Nachsehen wird schlussendlich wohl dasjenige Team haben, welches offensiv nicht (nahezu) jeden Drive in Punkte ummünzen kann.

"Offense - not Defense - wins Championships".

Die Defense der Rams scheint auf dem Papier die schwächste Unit zu sein, die am Sonntag auf das Feld in Atlanta treten wird. L.A.'s Defense konnte in dieser Saison mit der eigenen offensiven Qualität keineswegs Schritt halten und erlaubte zahlreiche Shootouts. Man schloss das Jahr auf Platz 16 nach dem defensiven DVOA ab und das hatte vor allen Dingen mit der anfälligen Run-Defense zu tun. Football Outsiders listet hier nur vier Teams schlechter.

Doch auch gegen den Pass sind die Rams alles andere als eine sichere Bank. In vier Spielen gegen Top-5-Offenses nach DVOA ließ man durchschnittlich 36,25 Punkte und 312,75 Passing Yards zu. Mit den Patriots erwartet Defensive Coordinator Wade Philipps und die Rams-Defense eine weitere Offense dieser Kategorie - und zudem eine, die vom fünfmaligen Super-Bowl-Sieger Tom Brady angeführt wird.

Auf der Suche nach potenziellen Antworten gegen New Englands Offense-Maschine wird man jedoch dennoch schnell fündig. Trotz all der negativen Statistiken haben die Rams eine Konstante in ihrer Defense, den wohl besten defensiven Spieler seit vielen Jahren: Aaron Donald.

Aaron Donald ist der MVP der Nicht-Quarterbacks

In seinem erst vierten Jahr in der NFL ist Donald eindeutiger Favorit auf den Defensive Player of the Year Award. Der letzte Defensive Tackle, der den Award gewinnen konnte, war Warren Sapp in der Saison 1999; doch wäre es für Donald nun schon der zweite in Folge. Mit seinen 20,5 Sacks fehlten ihm nur zwei zum ewigen Rekord von Michael Strahan 2001. Seine 41 Quarterback-Hits und 25 Tackles for Loss sind ebenfalls mit großem Vorsprung Ligaspitze und aus einer Interior-Line-Position eine absolute Sensation.

Donalds Dominanz wird nicht nur in totalen Zahlen ausgedrückt, sondern auch in den Advanced Stats. Pro Football Focus notierte 106 Pressures und eine Win Rate von 25,9 Prozent. Auch diese Zahlen sind mit großem Vorsprung Ligaspitze.

Er spielte eine absolute Fabelsaison und auch wenn er ihn aufgrund der Quarterback-Konkurrenz von Patrick Mahomes und Drew Brees nicht gewinnen wird: Aaron Donald ist der MVP der Nicht-Quarterbacks!

Donald wird im Draft erst an Position 13 gezogen

Donald sollte man während eines Spiels nie aus den Augen verlieren. Als Zuschauer nicht und als Spieler gleich dreimal nicht. Doch die so dominante Nummer 99 hat mit seinen 1,83 Meter noch nicht einmal Idealmaße für einen Defensive Tackle vorzuweisen. Ein Merkmal, in welchem viele Experten eine Problematik gesehen haben, als Donald 2014 aus dem College kam.

Er jedoch weiß seine kleinere Statur und den tieferen Körperschwerpunkt zu einem Vorteil und in eine Art Hebelwirkung gegen seinen zugeteilten Blocker einzusetzen. Dies gepaart mit seiner Dynamik und Explosivität, die er schon mit dem ersten Schritt auf den Rasen bringen kann, machen ihn zu einem stärkeren und schnelleren Gegenüber.

Donald gewann schon beim Draft Combine 2014 den Ruf, einer der talentiertesten Athleten zu sein, die jemals auf ein NFL-Feld treten würden. "Was lief Aaron nochmal im 40-Yard-Combine?", fragt Ravens All-Pro-Guard Marshall Yanda. "Es war unglaublich. Mit 300 Pfund Gewicht ist er eine 4,5 gelaufen. Er ist superschnell. Und dann hat er auch noch 30 Wiederholungen an der 225 [Pfund beim Bankdrücken, Anm. d. Red.] geschafft."

Die NFL wusste sofort Bescheid. Defensive Tackles sind normalerweise nicht so gebaut. Donald ist ein physischer Freak. Ein Freak ohne Körperfett. "Ich glaube, dass manche Spieler versuchen, ihn über ihre Stärke zu schlagen. Das wird aber niemand in dieser Liga schaffen", philosophiert Rams-D-Line-Coach Bill Johnson. "Das kann ich garantieren. Ich bin seit 18, 19 Jahren in der Liga. Er bringt einfach alles mit."

"Es ist in Alptraum, ihn zu verteidigen"

Sein einzigartiges Profil ist die Basis für seinen Erfolg. An der University of Pittsburgh verbuchte er in seiner Senior-Saison 28,5 Tackles for Loss und daraufhin lieferte er eine Show beim Draft-Combine. Und dennoch fiel Donald im Draft schließlich bis an 13. Stelle. In seinem Draft-Profil bei NFL.com ist von Schwachpunkten in Sachen Körpergröße und Spannweite die Rede. Er würde im Run Game "overpowered" werden und wäre durch Double Teams oder von größeren Blockern zu kontrollieren.

Ironischerweise jedoch hassen Offensive Linemen Donalds Statur: "Ich hasse kleinere Spieler, weil sie eine natürliche Hebelwirkung haben", erklärt Yanda weiter. "Er verursacht Probleme", sagt Giants-Center John Greco. "Er ist vom ersten Moment an an einem tieferen Punkt als du. Wenn er Fahrt aufnimmt und die Hebelwirkung einsetzt, ist es ein Alptraum, ihn zu verteidigen."

Donald zu verteidigen, ist für Offensive Linemen in der Tat ein Alptraum. Er ist der athletischste Defensive Tackle der Liga und leistet als Pass Rusher konstant effiziente Arbeit mit seinen Händen. Seine physische Dominanz und die technische Präzision - in der Offseason trainierte Donald seine Technik mit einem Coach, der ihn mit falschen Messern angriff - sind herausragend und lassen Game Planer verzweifeln.

Geringe Angriffsfläche macht Donald nahezu unblockbar

Die Geschwindigkeit, mit der Donald gegnerische O-Liner attackiert, ist einzigartig. Er schafft es unglaublich häufig, Gegner rapide mit Kontakt zu schlagen. So kam er in dieser Saison als Pass-Rusher auf 87 Quick Wins, also innerhalb von 2,8 Sekunden nach dem Snap. Der nächstbeste in dieser Kategorie ist J.J. Watt mit 51.

Die geringe Angriffsfläche für Offensive Linemen und die Geschwindigkeit machen Donald zu einer nahezu unblockbaren Waffe. Als die Bears ihn in Week 14 Eins-gegen-Eins verteidigt haben, wurde Trubisky den Ball nach verrückten 1,5 Sekunden schon wieder los.

Meistens aber hat Donald gegen Double Teams zu kämpfen. Doch auch diese weiß er zu schlagen. "Ich denke, dass er der dominanteste defensive Spieler ist", sagt Los Angeles' Defensive Coordinator Wade Philipps, der Donald auch gerne an der Line of Scrimmage vor dem Snap herumschiebt, um vorteilhafte Matchups zu erhalten. Dies wird auch am Sonntag beim Super Bowl zu beobachten sein.

Patriots-O-Line spielt auf bärenstarkem Level

Hier wird er auf die Offensive Line der Patriots und den erfahrensten Super-Bowl-Quarterback aller Zeiten treffen. New England hat in diesen Playoffs Brady herausragend gut beschützen können. In beiden Spielen musste er keinen einzigen Sack hinnehmen und sah bei 90 Dropbacks lediglich 11 Pressures. Mit Blick auf die bemerkenswerten Leistungen der Patriots-O-Line in den letzten Wochen, wird es alles andere als einfach, zu Brady zu gelangen.

Bradys Super-Bowl-Niederlagen gegen die Giants und die Eagles zeigen den Rams aber, dass dies auch auf der größten Bühne der noch immer aussichtsreichste Weg ist, um sich für die Super-Bowl-Niederlage bei Bradys erstem Triumph zu rächen. In allen Drei Pleiten wurde Brady mit vier Rushern und sieben Verteidigern in Coverage verteidigt. Das jedoch verlangt einen Elite-Pass-Rush, wozu der Pass-Rush der Rams in diesem Jahr insgesamt nicht zählte.

Auch die Chargers hatten es in der Divisional Round mit einem 4-Men-Rush probiert und sind dabei böse auf die Nase gefallen. New England hatte einen idealen Game Plan, um Melvin Ingram und Joey Bosa aus dem Spiel zu nehmen. Brady hatte genug Zeit, um die Defensive Backs der Chargers zu zerlegen. Anschließend gegen die Chiefs hatte Brady bei 85 Prozent seiner Passversuche eine saubere Pocket.

Donald verspricht: "Wir werden ihn bekommen"

Dies gilt es für die Rams und die nicht gerade zuverlässige Pass-Coverage unbedingt zu verhindern. Helfen wird hier, dass Brady sich in dieser Saison vor allem gegen die Kernkompetenz von Donald schwergetan hat: Inside Pressure.

Während TB12 bei Outside Pressure für ein Passer Rating von 118,7 wirft, ist es bei Inside Pressure ein signifikant geringerer Wert mit 63,1. Kein Team ist so gut darin, Druck über die Mitte zu kreieren, wie die Rams. Selbstverständlich ist dies zu großen Stücken auf Donald zurückzuführen.

Brady findet zwar auch hierfür Antworten; schließlich wirft er 55 Prozent seiner Pässe innerhalb von 2,5 Sekunden nach dem Snap. Doch verspricht Donald vor dem Super Bowl, ihn dennoch zu erwischen.

"Wir werden ihn bekommen", so der 27-Jährige. "Wir dürfen nur nicht frustriert werden und müssen weiter unseren Job erledigen. Wir haben eine tolle Secondary, die gut darin ist, Spieler eng zu verteidigen. So wird er den Ball halten müssen und wir werden unsere Chancen bekommen, ihn zu erwischen. Wir müssen ihn einfach erwischen."

Die Rams sind sich der Herausforderung und der Aufgabe bewusst, die sie am Sonntag erwartet. Die Voraussetzungen, um Brady konstant zu stoppen, sind mit dieser Defense eigentlich kaum gegeben. Wenn sie aber eine große Hoffnung aber haben, dann sind es spielentscheidende Plays von Nummer 99, dem wohl besten Verteidiger seit vielen Jahren: Aaron Donald.

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