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Titans vs. Colts: Wer gewinnt das erste Playoff-Spiel?

Die Regular Season endet in Nashville: Die Tennessee Titans empfangen die Indianapolis Colts.
© getty

Week 17 endet mit einem vorgezogenen Playoff-Spiel: Die Tennessee Titans empfangen die Indianapolis Colts - der Sieger ist in den Playoffs dabei, für den Verlierer ist die Saison beendet. Gelingt Andrew Luck und Co. die unverhoffte Rückkehr in die Postseason? Oder kann Tennessees Run Game die Playoff-Tür öffnen? Das Spiel gibt es in der Nacht zum Montag (ab 2.20 Uhr) live auf DAZN!

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NFL Preview: Tennessee Titans (9-6) - Indianapolis Colts (9-6) (Mo., 2.20 Uhr live auf DAZN)

Unmittelbar nach dem Last-Minute-Sieg über die Giants in Week 16 wollte Colts-Coach Frank Reich nichts von Playoff-Szenarien oder den Möglichkeiten, gar noch die Division zu gewinnen, hören: "Wir haben uns fest unserer Art verschrieben. Es gibt für uns keinen anderen Weg. Egal, wie die anderen Spiele laufen - was wir aus dem 1-5-Start mitgenommen haben, ist die tiefe Überzeugung, an unserem Ansatz und unserer Art und Weise, die Dinge anzugehen, festzuhalten. Und jetzt müssen wir darauf aufbauend einfach besser werden. Genau das werden wir versuchen."

Jenes Spiel gegen New York dürfte dem einen oder anderen Colts-Fan wie ein Mini-Kosmos der eigenen Saison vorgekommen sein. Gegen ein Giants-Team, für das es um nichts mehr geht, landete man auch durch eigene Fehler verschuldet schnell in einem 0:14-Loch, als Andrew Luck den Ball auch noch mit einer äußerst unschönen Interception den G-Men zurückgab.

Indianapolis stand wieder einmal schnell mit dem Rücken zur Wand.

Doch die Lektion aus dem Saisonstart mit fünf Pleiten aus den ersten sechs Spielen, auf die auch Reich nach dem Sieg am Sonntag anspielte, hat Fans genau wie viele Experten mit einem Gedanken zurückgelassen: Indianapolis gehört dieses Jahr zu den Teams, die man nie abschreiben sollte. Dafür ist das Coaching zu gut, dafür ist der Quarterback zu gut, dafür ist das Team, trotz vieler junger Spieler, schon jetzt zu gefestigt und innerhalb des Schemes zu sicher.

Das hat den Weg geebnet zu einem vorgezogenen Playoff-Spiel gegen Division-Rivale Tennessee. Der Sieger ist in den Playoffs, der Verlierer geht in die Offseason - und sollte Houston zuvor gegen Jacksonville verlieren, würde sich der Gewinner am Sonntagabend sogar die Division-Krone aufsetzen. Man kann also sagen: es steht viel auf dem Spiel.

Die Colts unter Reich: Fehlstart - und eindrucksvolle Wende

Dass die Colts vor dem Regular-Season-Finale in dieser Position stehen würden, hatte im Februar kaum jemand vermutet. Als Josh McDaniels gerade in letzter Sekunde doch noch abgesagt hatte und der vakante Head-Coach-Posten plötzlich wieder komplett offen war. Als die Colts den Notfall-Plan aus der Schublade zogen und Frank Reich aus Philadelphia holten, der gezwungen war, mehrere von McDaniels gewünschte und bereits verpflichtete Coaches - darunter Defensive Coordinator Matt Eberflus - zu übernehmen. Als niemand wusste, ob Lucks Schulter die Saison überstehen würde.

So war dann auch das Echo kurz vor der Saison-Halbzeit. Die Colts standen bei 1-5, gerade in den ersten Wochen hatte Luck auffällig kurz geworfen und eine vertikale Komponente fehlte häufig, während die junge Defense noch sehr roh und gerade in ihren Coverages wenig komplex daherkam.

Zu sagen, dass ein angeschlagenes Titans-Team es am Sonntag mit einem ganz anderen Colts-Team zu tun bekommt, wäre eine kräftige Untertreibung. Indianapolis hat vor allem in den vergangenen Wochen defensiv merkliche Fortschritte gemacht, ist etwa komplexer in seinen Coverages und aggressiver in seinen Blitz-Calls geworden. In der jungen Defense hat sich nicht nur individuelle Qualität hervorgetan, die Spieler arbeiten auch im Gesamtprodukt des Schemes besser und sicherer zusammen, was es Eberflus erlaubte, schrittweise mehr Dinge einzubauen.

Doch das Herz des Colts-Teams ist die Offense, die Reich erstaunlich schnell aufgebaut hat und die Luck, hinter der mit Abstand besten Offensive Line, die er in seiner NFL-Karriere bisher hatte, exzellent umsetzt.

Die Colts-Offense: Kurzpass und Tight Ends

Die Markenzeichen der neuen Colts-Offense lassen sich auf drei Dinge herunterbrechen: ein ausgeprägtes Kurzpassspiel, selektive Deep Shots vor allem aus Play Action - und eine prominente Rolle von 2- und 3-Tight-End-Paketen. Letzteres ist ein ganz elementarer Part der Handschrift von Reich: Indianapolis spielt 20 Prozent seiner Snaps aus 12-Personnel, also mit zwei Tight Ends gleichzeitig auf dem Feld, ein Top-10-Wert. Vor allem wirft Reich den Ball gerne und überaus erfolgreich aus 12-Personnel.

Der Erfolg hier geht Hand in Hand mit dem Play Action Game; Formationen mit mehreren Tight Ends lassen sich einfacher mit dem Run Game verknüpfen und Defenses werden in ihren Formationen und vor allem ihrem Personnel häufig etwas vorhersehbarer, wenn die Offense zwei Tight Ends gleichzeitig aufs Feld schickt. Umso schwerwiegender ist für die Colts die Verletzung von Jack Doyle, der hier eine große Rolle innehatte. Und umso wichtiger wäre es, wenn der angeschlagene Eric Ebron am Sonntag spielen könnte.

Eine Formation, die man dabei auf den Colts-Tape immer wieder sieht ist diese, sowie Varianten davon. Reich postiert gerne beide Tight Ends eng an der Offensive Line sowie beide Wide Receiver jeweils isoliert, um daraus dann in Kombination mit einem Play Action Fake tiefe Pässe zu versuchen.

Das haben auch schon die Titans im ersten Duell dieser Saison zu spüren bekommen. Bei diesem Big Play zu Hilton erkennt Luck vor dem Snap bereits die Man Coverage, Tennessee hat zudem keine tiefe Safety-Hilfe. Da der am weitesten zurückgezogene Safety (roter Pfeil) dann zumindest kurz auf den Run-Fake anspringt, gibt es keine tiefe Absicherung und T.Y. Hiltons Geschwindigkeit erledigt den Rest.

Und tatsächlich: von allen Quarterbacks, die mindestens 100 Play-Action-Dropbacks auf dem Konto haben, macht kein Quarterback im Play Action Passspiel einen größeren Sprung was Yards pro Pass angeht als Luck (3,5 Yards pro Pass mehr im Schnitt als im Standard Passing Game) und lediglich Deshaun Watson (10,2) verzeichnet via Play Action mehr Yards pro Pass als Luck (10), der hier zudem ein Top-5 Touchdown-zu-Interception-Ratio vorweisen kann (9:2).

Luck über die Titans: "Fordern unsere Offense heraus"

Ein weiterer Aspekt, der bei der Colts-Offense regelmäßig auffällt, sind die vielen verschiedenen Varianten, die Reich installiert hat, um Zone-Defenses auf verschiedenen Ebenen zu attackieren - sogenannte Hi-Lo-Konzepte mit Routes, die den gleichen Bereich des Feldes in unterschiedlicher Tiefe attackieren.

Indianapolis macht das aus verschiedensten Personnel-Groupings und Formationen heraus und macht es einer Defense in Zone Coverage so extrem schwer. Dennoch mahnte Luck vor dem Duell mit den Titans auch, dass "sie viele verschiedene Grundprinzipien unserer Offense heraus fordern", was die Art und Weise angeht, wie die Colts offensiv spielen wollen.

"Wir spielen auswärts, und Tennessee spielt gut. Das ist erneut eine sehr gute Defense, ich glaube sie sind in zehn der 13 Kategorien, die wir analysieren, in der Top-10", fügte Reich hinzu. "Die Jungs sind wirklich gut, sie schlagen sich nicht selbst. Ich glaube, sie haben ligaweit die wenigsten Strafen."

Und: Tennessee hat sich im Laufe der Saison vor allem stabilisiert, wenn es um zugelassene Big Plays geht; ein Aspekt, auf den Defensive Coordinator Dean Pees besonderen Fokus legt: "Ich habe das jedes Jahr studiert. Wenn man keine Strafe und kein Big Play zulässt, ist es wirklich schwer für gegnerische Teams, in die Endzone zu kommen. Da sprechen wir von weniger als fünf Drives im Jahr für eine Defense. Deshalb war das für mich vom ersten Meeting an eine Priorität, diese Stat habe ich ihnen damals gegeben."

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