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NFL: Die Sieglos-Teams unter der Lupe: Von Totalschaden und Hoffnungsschimmern

Von Jan Dafeld
Ben Roethlisberger, Eli Manning und Russell Wilson sind nach zwei Spielen noch sieglos
© getty
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Houston Texans (0-2):

Wer die Texans tatsächlich als Dark Horse im Titelrennen der NFL gesehen hat, der dürfte nach zwei Spielen maßlos enttäuscht von der Franchise aus Houston sein. Gegen die Patriots nicht auf Augenhöhe und dann auch noch gegen die Titans mit Blaine Gabbert (!) als Starting Quarterback verloren!

Dabei kommen die großen Problemzonen des Teams keineswegs aus dem Nichts: Die Offensive Line ist mit das schlechteste, was die NFL in diesem Bereich zu bieten hat und auch bei den Outside Cornerbacks fehlt es schlicht und einfach an Qualität.

Dass das Team trotz allem zweifelsohne über Talent verfügt, war im letzten Spiel durchaus zu sehen: Watson, der seinerseits deutlich mehr Probleme als noch letztes Jahr hatte, warf für mehr als 300 Yards, DeAndre Hopkins und Will Fuller knackten beide die 100 Receiving-Yards-Marke und die Texans verbuchten über 150 Total Yards mehr als die Titans.

Brutale individuelle Fehler, sowohl auf Coaching- als auch auf Spieler-Ebene, kosteten das bessere Team letztendlich den Sieg. Zum Bodensatz der Liga dürften die Texans in den nächsten Wochen nicht (mehr) gehören. Ob es allerdings tatsächlich für einen Platz im Playoff-Rennen der AFC reichen kann, darf aktuell bezweifelt werden.

New York Giants (0-2):

Die New York Giants zählen zu den Teams mit den besten Offensiv-Waffen der NFL. Odell Beckham Jr. gilt als der vielleicht beste Wide Receiver der Liga, Sterling Shepard und Evan Engram komplettieren das Receiving-Corps als hochveranlagte Talente und dann ist da ja noch Saquon Barkley, Nummer-zwei-Pick im vergangenen Draft, dessen Dienste die Giants höher einschätzten als beispielsweise die von Sam Darnold.

Zusammen mit Eli Manning, immerhin zweifacher Super Bowl MVP, sollte das doch eine herausragende Offense ergeben, richtig?

Falsch! Nach zwei Spielen haben die Giants gerade mal zwei Touchdowns erzielt. Beide zu einem Zeitpunkt, an dem das Spiel bereits mehr oder weniger gelaufen war. Die O-Line der G-Men ist bislang nicht weniger als eine Katastrophe, zudem wirkt Manning fahrig, unsicher und lässt es bei seinen Pässen immer wieder an Genauigkeit vermissen. Es erscheint zunehmend unwahrscheinlich, dass Eli tatsächlich noch mehrere Jahre als NFL-Starter im Tank hat.

Dass die Giants-Defense ohne Star-Pass-Rusher Olivier Vernon bislang auch alles andere dominant aufgetreten ist, macht die Sache nicht besser. Head Coach Pat Shurmur wird sein Scheme schnellstmöglich so anpassen müssen, dass die großen Probleme in der Pass-Protection besser kaschiert werden. Gelingt ihm das nicht, könnten die Giants erneut zu den schlechtesten Teams der NFL gehören - und er seinen Job womöglich bald schon wieder los sein.

Oakland Raiders (0-2):

Trotz zwei Niederlagen in den ersten zwei Spielen könnte man im Falle der Raiders tatsächlich argumentieren, dass das Team bislang eher positiv als negativ überraschte. Nach zahlreichen fragwürdigen Entscheidungen in der Offseason, gipfelnd im Trade von Khalil Mack, ging Head Coach Jon Gruden mit einem der ältesten und auf dem Papier auch vermeintlich schwächsten Kader aller Teams in die neue Saison.

Doch: Gegen die Rams ging man mit einer 13:10-Führung in die Pause, in Denver führte das Team im dritten Viertel noch mit 19:7. Bei aller berechtigten Kritik an seinem Stil, Grudens Gameplan hatte in beiden Spielen Hand und Fuß, mit den Dolphins und Browns als nächsten Gegnern könnte schon bald der erste Saisonsieg winken.

Dass Oakland trotz allem aktuell aber eben immer noch ohne Sieg dasteht, führt dann doch wieder zum Grundproblem zurück: Das Talentlevel in diesem Team könnte einfach zu niedrig sein, um tatsächlich mehr als eine Handvoll Spiele zu gewinnen. Das Receiving-Corps weist viele Fragezeichen auf, der Pass-Rush verdient seinen Namen über die ersten zwei Spiele kaum und die Front generell wackelt auch gegen den Run extrem.

Vielleicht ist der Ansatz, auf einen harten Rebuild zu setzen, bei den Raiders tatsächlich der richtige Weg.

Pittsburgh Steelers (0-1-1):

Als einer der Favoriten auf die AFC-Krone in die Saison gegangen, sind die Steelers wahrscheinlich der überraschendste Vertreter auf der Liste der Sieglos-Teams. Die Absenz von Running Back Le'Veon Bell fällt dabei sicherlich zuerst ins Auge - allerdings erscheint es fragwürdig, dass Bell auf dem Feld allzu viel am Ausgang der ersten beiden Spiele hätte ändern können. James Conner vertrat Bell mehr als anständig, die Problemzonen der Steelers waren in beiden Spielen woanders zu finden.

Den Sieg gegen die Browns warf Ben Roethlisberger mit fünf Turnovern praktisch im Alleingang weg. Als dieser in Woche zwei dann überragend aufspielte, brach die Defense vollkommen ein und ließ 449 Yards und sechs Passing-Touchdowns zu. Während man sich um die Offense (auch ohne Bell) langfristig wohl nicht allzu viele Sorgen machen müssen wird, könnte die Defense ohne Ryan Shazier im Laufe der Saison tatsächlich noch zu einem echten Problem werden.

Zwar trifft Pittsburgh keineswegs wöchentlich auf Andy Reid und Patrick Mahomes, doch die Lücken, die die Gastgeber ohne Cornerback Joe Haden in der Secondary präsentierten waren stellenweise brutal. Die Steelers werden sicher wieder in die Spur finden, das Rennen um den ersten Platz in der AFC North könnte allerdings deutlich spannender werden, als vor ein paar Wochen noch angenommen.

Seattle Seahawks (0-2):

Die Seahawks plagt bereits seit Jahren das gleiche, immer wiederkehrende Problem: Die Offensive Line gehört zu den schwächeren der NFL. Daran hat auch der Abgang von Tom Cable nichts geändert. Gegen die Bears ließ Seattle im letzten Spiel sechs Sacks zu, im Running Game konnten zudem nur 74 Yards produziert werden.

Doch in diesem Jahr gehen die Schwächen weit über diese Problemzone hinaus. Der offensive Game Plan von Brian Schottenheimer in den ersten zwei Spielen macht wenig Mut auf mehr, das Fehlen von Doug Baldwin macht sich im Passing Game deutlich bemerkbar und selbst Star-Quarterback Russell Wilson wirkt alles andere als auf der Höhe und hat nach nur zwei Spielen bereits drei Interceptions und vier Fumbles (ein Fumble lost) auf dem Konto.

Die Zeiten, in denen die Defense den Seahawks Spiele im Alleingang gewinnen konnte, sind ohnehin vorbei - erst Recht wenn dann auch noch Bobby Wagner und KJ Wright ausfallen.

Die erste Hoffnung auf Besserung für Seattle sollten daher die Rückkehrer sein: Mit Baldwin, Wagner und Wright könnte man bereits wie ein komplett anderes Team aussehen. Trotzdem wird Schottenheimer Veränderungen an seinem Play-Calling vornehmen müssen, um seinen Quarterback und seinen Offensive Line stärker zu entlasten - andernfalls droht Seattle die schlechte Saisonbilanz seit (mindestens) 2011.