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NFL Third and Long: Die NFL hat ein Offensive Line Problem

Die Dallas Cowboys haben seit Jahren eine der Top-Offensive-Lines.
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Packers, beste Secondary, Schemes, Playoff-Kandidaten - eure Fragen:

Cheese-Head: Tony Romo hat gesagt, dass die Packers das "Team to beat" sind. Siehst du das genauso?

Die Packers gehören für mich in den Kreis der NFC-Titelanwärter, aber sie sind für mich nicht das eine Team, das es zu schlagen gilt. Dafür sind die Eagles und die Vikings zu stark und zu komplett, die Saints zu gefährlich, die Falcons zu gut besetzt und die Rams - zugegeben, auf dem Papier zunächst einmal - zu stark verbessert.

Auf den ganzen Kader gesehen kann man denke ich problemlos argumentieren, dass die Packers mehr Lücken haben als alle Teams dieser Liste: Green Bay hat nicht ansatzweise die Defense-Qualität wie die Vikings, oder die O-Line in Kombination mit den Receivern und dem Scheme wie die Eagles, beispielsweise.

Aber ich würde nach wie vor argumentieren, dass Green Bay den besten Quarterback der NFC hat, eine insgesamt sehr solide Offensive Line, einen echten Nummer-1-Receiver in Davante Adams, eine deutlich verbesserte Secondary und ein Defense-Scheme, mit dem Green Bay unter dem neuen Defensive Coordinator Mike Pettine aggressiver, flexibler und moderner zu Werke gehen wird, als in den vergangenen Jahren.

Jimmy Graham gibt Aaron Rodgers zudem eine spektakuläre Red-Zone-Waffe und im Run Game erwarte ich mir mehr Stabilität - sowie mehr Flexibilität im neuen Offense-Scheme. All das macht Green Bay für mich zu einem Mit-Favoriten und Schwergewicht im Titelkampf. Ich würde aber nicht einmal sagen, dass die Packers in ihrer Division das "Team to beat" sind. Auch hier wird es vielmehr einen engen Zweikampf gegen die Vikings, ein in jedem Fall kompletteres Team, geben.

Radikaler: Nach Free Agency und Draft: Welche Secondary ist deiner Meinung nach diese Saison die gefährlichste? Und wo denkst du, wird Dez Bryant letztendlich landen?

Sehr gute Frage. Die runderneuerten Rams sind irgendwo natürlich der Hot-Team-Pick - ich will aber erst einmal sehen, wie häufig sich L.A. mit gleich zwei ultra-aggressiven Cornerbacks die Finger verbrennt, und ob das ein Problem wird. Funktioniert es, sind die Rams schnell ein Kandidat für das Treppchen und noch mehr. Meine Top-4 würde aktuell aber davor so aussehen:

4. Atlanta Falcons: Fliegt vielleicht noch immer etwas unter dem Radar - sollte sie aber nicht. Ein Nummer-1-Corner in Desmond Trufant, ein gutes Safety-Duo mit Neal und Allen, Brian Poole im Slot und auf dem zweiten Corner-Spot Robert Alford und dahinter Rookie Isaiah Oliver. Atlanta hat in der Secondary die Bausteine für eine Top-Defense.

3. Baltimore Ravens: Ich mag die Erfahrung in Baltimores Secondary mit hoher Qualität auf jeder Position. Weddle und Jefferson sind eines der drei, vier besten Safety-Duos der Liga, Jimmy Smith, Brandon Carr und Marlon Humphrey ein sehr gutes Cornerback-Trio.

2. Jacksonville Jaguars: Das beste Cornerback-Duo der NFL mit Bouye und Ramsey sowie ein gutes Safety-Duo. Der Abgang von Aaron Colvin sorgt aber in jedem Fall für einen Qualitätsverlust im Slot. Nichtsdestotrotz werden die Jags in puncto Pass-Defense wieder ganz oben zu finden sein.

1. Minnesota Vikings: Ein herausragendes Safety-Duo mit Smith und Sendejo, ein echter Nummer-1-Corner in Xavier Rhodes - und dann noch jede Menge Corner-Qualität dahinter: Trae Waynes, Terence Newman, Mackensie Alexander und der diesjährige Erstrunden-Pick Mike Hughes. Spektakulär.

Die Seahawks und Broncos - über Jahre zwei Benchmarks in dieser Kategorie - müssen sich erst einmal wieder sammeln. Ein möglicher Außenseiter-Pick: Tennessee! Mit Malcolm Butler jetzt gegenüber von Logan Ryan sowie Adoree Jackson hat man ein sehr interessantes Cornerback-Trio, und in Kevin Byard einen der jungen, aufstrebenden Safeties der gesamten NFL.

Zu Dez: Er wird keine allzu große Auswahl haben. Ich glaube schon, dass er noch ein Team findet, das aber könnte eher aus der Not heraus geboren sein - oder wenn Bryant irgendwann im August seine Gehaltsforderungen drastisch runter geschraubt hat. Vermutlich auch beides. Tipp: Buffalo.

Alexander Schäfer: Welche Coaches sind aktuell die Besten und was macht sie und ihr jeweiliges System aus? Welcher Coach wird deiner Meinung nach wohl der erste sein, der entlassen wird?

Der erste Teil der Frage bietet genug Stoff, um eine Kolumne alleine zu füllen. Vielleicht ja noch eine Gelegenheit für später im Sommer.

Grundsätzlich gilt für mich: Ein Scheme, das nicht flexibel ist und sich an den Gegner anpassen kann, ist schlecht. Es gibt kein ultimativ richtiges Scheme, sonst würde ja jeder Coach das spielen lassen. Ich bin gespannt, wie Defenses auf die Schemes von Sean McVay und Doug Pederson reagieren. Beide hatten große Erfolge damit, Defenses tief zu attackieren und Receiver über Route-Kombinationen, Play Action, Run Pass Options und Motion frei zu bekommen. McVays Rams waren zudem eines der Top-Screen-Passing-Teams der Liga.

Kyle Shanahan ist für mich offensiv aktuell noch immer das Maß aller Dinge. Für eine ausführliche Analyse weise ich gerne auf meine Analyse der Falcons-Offense vor dem Super Bowl hin. Shanahan hat gezeigt, dass er innerhalb seines Schemes sehr anpassungsfähig sein kann: Gegen anfällige Linebacker lässt er seine Offense über Pässe zu den Running Backs laufen und beschert diesen Eins-gegen-Eins-Duelle, gegen Zone-Defenses gelingt es ihm immer wieder, einzelne Zonen zu überladen.

Man Coverage attackiert er mit vielen Bunch- und Stack-Formations, um Receivern so einen freien Release zu geben. Dabei setzt er Motion gut ein und hilft seinem Quarterback mit viel Play Action, und sein kreativer Einsatz des Fullbacks als Matchup-Waffe und im Passspiel wird längst von diversen Teams kopiert.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen aber auch die Patriots, denn wenn man von Flexibilität spricht, kommt man an den Pats schlicht nicht vorbei. Kein Team war über die letzten 20 Jahre so wandlungsfähig wie New England und hat sich so drastisch verändert: Von Power-Run-Teams über die 2-Tight-End-Offense hin zu einer Downfield-Maschine, dann wieder der Fokus auf das Kurzpass-Slot-Spiel, und so weiter.

In ihrer Erhardt-Perkins-Offense sind die Pats ohnehin bestens gerüstet, um Defenses mit Route-Kombinationen, die aus verschiedensten Formationen und Personnel-Aufstellungen gespielt werden, zu verwirren, insbesondere aus dem No-Huddle-Ansatz heraus. Wie kaum ein zweites Team kann New England so Matchups diktieren und ausnutzen.

Und die erste Entlassung? Ich tippe, mit Blick auf die Winston-Sperre noch mehr, auf Dirk Koetter. Ja, die Bucs-Defense wird sich verbessern, aber Tampa droht ein völlig verkorkster Saisonstart und dann wird die Luft für Koetter noch dünner, als sie es ohnehin schon ist. Ich glaube, dass die Buccaneers als erstes Team die Reißleine ziehen.

Finn Terbrack: Könnte Teddy Bridgewater eine Alternative für die Bucs sein, falls Winstons Sperre bestehen bleibt?

Sehr spannende Frage, ein Szenario, an das ich gar nicht direkt gedacht habe. Die Bucs haben einen historisch schwierigen Spielplan zum Start und wären auch mit Winston in den Spielen gegen die Saints, Eagles und Steelers der Außenseiter gewesen. Man könnte hier argumentieren, dass sich Tampas Chancen mit Fitzpatrick oder Bridgewater nicht dramatisch verändern.

Was man in Tampa Bay aber auch jetzt, nach dem erneuten Vorfall mehr denn je, im Auge haben wird, ist die langfristige Zukunft mit Winston. Für 2019 hat man vorerst die Vertragsoption über 20,9 Millionen Dollar gezogen, die aber nur für den Verletzungsfall garantiert ist. Die Bucs könnten also versuchen, über die Option und dann einen Franchise Tag die Entscheidung hinaus zu zögern - es wird aber garantiert wachsende Zweifel innerhalb der Organisation geben, ob man Winston wirklich einen langfristigen Vertrag und sehr viel Geld garantiert geben will.

So gesehen wäre es äußerst spannend, Bridgewater jetzt zu holen. Als Alternative für den Saisonstart - aber möglicherweise auch als Alternative mittel- und langfristig gesehen, sollte sich Winston einen weiteren Fehltritt erlauben. Dann nämlich, das hat die Liga ja klar gemacht, gibt's eine lange Sperre. Realistisch glaube ich nicht, dass das passiert. Man wird auf Fitzpatrick bauen, der letztes Jahr bereits im Scheme gespielt hat, und auf Winstons Reifeprozess hoffen. Denn das Talent ist ja fraglos vorhanden.

dakofla: Man spricht oft über Teams, die eine spannende Zukunft vor sich haben. Drehen wir den Spieß doch mal um: Welche Teams siehst du zukünftig als Bodensatz der Liga?

Das ist natürlich sehr schwierig zu sagen, weil ein Draft-Volltreffer - in aller Regel für einen Quarterback - das Schicksal einer Franchise komplett und für viele Jahre in eine ganz andere Richtung lenken kann. Die Cowboys etwa könnten heute mit den Lücken in der Defense und einem sehr fragwürdigen Receiving-Corps ganz weit unten eingeordnet werden, allerdings ist ihnen mit Dak Prescott ein potentieller Franchise-Quarterback in der vierten Runde in die Hände gefallen.

In meinen Augen die schlechteste Quarterback-Situation und im Gesamtbild den vielleicht schwächsten Offensiv-Kader der Liga haben die Buffalo Bills. Hier hängt letztlich alles von Josh Allen ab: straft der seine zahlreichen Kritiker Lügen, trifft das Quarterback-Szenario ein. Erweist er sich aber tatsächlich als Flop, dann ist Buffalo sicher ein Kandidat für einige Jahre im Liga-Keller. Natürlich kann man das auch auf andere Teams anwenden, für mich aber ist bei Buffalo die Rookie-QB-Position schlicht riskanter als in Cleveland, Arizona oder bei den Jets.

Zwei Teams, die sich, wenn es schlecht läuft, auf dem Weg dahin befinden könnten: Miami und Oakland. Die Dolphins sind in einem kritischen Jahr: Kann Ryan Tannehill an seine starke 2016er Phase anknüpfen, oder war das nur ein Strohfeuer? Und kann Adam Gase seine Offense umsetzen? Die Defense jedenfalls bringt mehr Fragezeichen als Antworten mit.

Ähnlich die Situation bei den Raiders: Die O-Line wird älter, Marshawn Lynch und Doug Martin sind vermutlich nicht die langfristige Running-Back-Antwort und im Receiving-Corps kann man bei Jordy Nelson, Amari Cooper und Martavis Bryant auch viel hinterfragen. In der Defense stehen die meisten Positionen außer Khalil Mack und Karl Joseph offen zur Diskussion - und Derek Carr steht, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen, bald am Scheideweg. Er muss gegen Pressure, wenn seine erste Pass-Option zugestellt ist und in der Red Zone viel besser werden. Die Gruden-Carr-Kombination kann steil in beide Richtungen gehen.

Jay: Welches 6-10-Team schafft es nächste Saison deiner Meinung nach in die Playoffs - oder könnte gar ein Contender für den Super Bowl sein?

Sehr spezifische Frage, da es letztes Jahr mit Miami, Oakland und San Francisco ja überhaupt nur drei 6-10-Teams gab. Von denen sehe ich nur San Francisco in der kommenden Saison wirklich als Playoff-Anwärter - und die müssen sich, im Gegensatz zu den beiden anderen, mit der deutlich stärkeren NFC herumschlagen. Miami wird in meinen Augen gerade offensiv einige Kritiker überraschen; die Defense bereitet mir aber doch arge Bedenken.

Und Oakland? Die Raiders sind vielleicht das größte Mysterium vor der kommenden Saison. Allein schon deshalb, weil niemand weiß, was für ein Coach Jon Gruden im Jahr 2018 ist. Ganz zu schweigen von seinen Team-Umbau-Maßnahmen, die mir persönlich nicht gefallen - deren Auswirkungen wir aber abwarten müssen.

Die Niners haben - für mich - von diesen drei Teams die beste Quarterback-Head-Coach-Kombination sowie die talentierteste Defense. Allerdings ist natürlich auch San Francisco kein Homerun-Pick: Offensiv muss man sehen, ob Garoppolo an das Level anknüpfen kann, oder ob Defenses ihm größere Probleme bereiten. Und defensiv kann man die Niners nur als ernsthaften Playoff-Anwärter (oder gar mehr) sehen, wenn San Francisco irgendwie den Pass-Rush hinbekommt.

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