NFL

Die Taktik-Analyse der Eagles: Pederson, Foles und viel Kreativität

Die Philadelphia Eagles haben eine der spektakulärsten Offenses dieser Saison.
© getty
Cookie-Einstellungen

Der Blick auf das Passspiel ist auch ein kurzer Blick zurück auf die bereits thematisierte Run Pass Option: Will man Philadelphias Offense auf ihre Kernelemente runter brechen, so handelt es sich um eine West Coast Offense gemischt mit Run Pass Options und einer Fokussierung auf Pre-Snap-Motion.

Übersetzung: Das extrem auf Timing, kurzen Pässen über die Mitte des Feldes und Matchup-Pässen basierende Passing Game der West Coast Offense wird zunächst einmal mit den Run Pass Options kombiniert, was die Aufgabe für den Quarterback nochmals vereinfacht.

Während die West-Coast-Offense-Elemente ohnehin darauf aufbauen, dass Linebacker und andere Underneath-Verteidiger in unvorteilhafte Matchups gegen Tight Ends, Slot-Receiver oder Running Backs gezwungen werden, zwingen die RPOs diese Verteidiger auch noch, in Sekundenbruchteilen eine Entscheidung zu treffen.

Das hat unter anderem auch Pass-Konzepte zur Folge, die man ebenfalls aus der Chip-Kelly-Offense bestens kennt - Plays wie die Mesh-Wheel-Kombination sowie Pedersons Erweiterung dieses Plays: Die Mesh-Wheel-Kombination besteht, wie der Name schon sagt, aus zwei Pass-Konzepten. Einer Wheel-Route, in dem Fall des Running Backs, der aus dem Backfield also zur Seite und dann vertikal das Feld runter läuft, sowie einem Mesh-Konzept in der Mitte - zwei kurze, einander entgegenlaufende Routes.

Das alleine ist schon ein Quarterback-freundliches Konzept, Pederson kombiniert das mit Levels-Elementen. Heißt: Weitere, tiefer laufende Routes über die Mitte ziehen die Defense vertikal auseinander und zwingen Verteidiger insbesondere in Zone Coverage, große Räume zu verteidigen. Das öffnet Wege für die kurzen Underneath-Pässe, das Play in dieser oder leicht anderer Form war etwa im NFC Championship Game mehrfach zu sehen.

Die Eagles-Offense: Bewegung ist Trumpf!

Um die Aufgabe für den Quarterback noch angenehmer und für die Verteidigung noch schwieriger zu machen, arbeitet Pederson darüber hinaus intensiv mit jeder Menge Pre-Snap-Motion - also Wide Receiver, Running Backs oder Tight Ends, die sich unmittelbar vor dem Snap nochmals in Bewegung setzen und eine andere Position einnehmen.

Das hilft einerseits dabei, die Defense zu lesen. Geht der Verteidiger mit dem Receiver über das Feld, weiß der Quarterback bereits, dass es sich zumindest teilweise um Man Coverage handelt. Von den Falcons sah man einen derart häufigen Einsatz von Pre-Snap-Motion unter Kyle Shanahan in der 2016er Saison, auch hier wieder gilt: Motion hilft dem Quarterback, einen möglichst klaren Read entweder bereits vor, oder aber unmittelbar nach dem Snap zu erhalten.

Enge Formationen, Hilfe für die Wide Receiver

Mitunter kann das auch ins Extrem übergehen - und erinnert dann teilweise schon an die New England Patriots mit ihrer enormen Vielfalt und personellen Flexibilität. Das Musterbeispiel hierfür ist der finale Touchdown der Eagles gegen Minnesota im Championship Game: Die Eagles kommen dabei in einer engen Formation heraus, via Motion entsteht daraus fast eine Spread-ähnliche Aufstellung. Für eine Defense ist so etwas äußerst unangenehm und fordert eine fehlerfreie Kommunikation.

Auch die Receiver selbst profitieren von Pedersons Scheme: Bunch- und Stack-Formations - also Aufstellungen, bei denen die Receiver eng nebeneinander und hintereinander stehen, machen eine Press-Coverage deutlich schwieriger und helfen auch bei den Downfield-Pässen. Foles warf in seinen ersten vier Spielen 15 Pässe, die mindestens 20 Yards weit flogen, zunächst mit wenig Erfolg (2/15). Gegen Minnesota, als die Receiver auch mehrere Double Moves einsetzten, brachte er vier von sechs dieser Pässe für 172 Yards und zwei Touchdowns an.

Foles steht jetzt bei 9,5 Yards pro Pass über die beiden Playoff-Spiele. Und doch wird New Englands oberster Fokus darauf liegen, vor allem das Kurzpassspiel der Eagles zu stören. Hier liegt - entgegen den letzten Eindrücken aus dem Championship Game - die konstante Stärke in den Pass-Designs, hier kann Foles seinen Rhythmus finden und gemeinsam mit dem Run Game lange Drives dirigieren, um Tom Brady und die Patriots-Offense möglichst lange an der Seitenlinie zu halten.

Wie stoppen die Patriots die Eagles-Offense?

Man darf also davon ausgehen, dass New England defensiv einen klaren Fokus auf die Underneath-Pässe legt. Delayed-Blitzing, Coverage-Umstellungen während des Plays - und auch die Man-Coverage-Matchups werden hier eine zentrale Rolle spielen.

Die Patriots haben mit Patrich Chung (gegen Zach Ertz), Stephon Gilmore (gegen Alshon Jeffery) und Malcolm Butler (gegen Nelson Agholor oder Torrey Smith) die defensiven Bausteine, um das Timing der Eagles-Offense zu stören. Und sie haben die Disziplin und das Coaching, um die Run Pass Options zu verteidigen.

Gleichzeitig aber wird es für die Patriots auch ein Ritt auf der Rasierklinge: Sollten sie ihre bevorzugte Man Coverage spielen, müssen sie einerseits auf die Mesh-Konzepte der Eagles höllisch aufpassen. Andererseits müssen Belichick und Defensive Coordinator Matt Patricia auch gewillt sein, hieraus Risiko zu gehen und zu blitzen.

Die Eagles kommen mit einer sehr guten Offensive Line in den Super Bowl. Die Guards Stefan Wisniewski (diese Saison: ein Sack, elf Pressures zugelassen) und Brandon Brooks (0 Sacks, 17 Pressures zugelassen) bilden gemeinsam mit Kelce eine glänzende Interior Line, während Right Tackle Lane Johnson zur absoluten Liga-Elite gehört.

Lediglich die Left-Tackle-Position ist ein Problem: Nach dem verletzungsbedingten Saisonaus von Jason Peters musste Halapoulivaati Vaitai einspringen, der immer wieder Anfälligkeiten offenbarte und das klar schwächste Glied dieser Line ist. Eine Qualität der Pats ist es seit Jahren, eine gegnerische Schwäche auszumachen und die so lange zu bearbeiten, bis der Gegner zeigt, dass er die Problemzone reparieren kann. Dieser Schwachpunkt könnte am Sonntag Vaitai werden.

Doch die gute Nachricht für Philly lautet, dass die Mischung aus Pedersons Scheme und die Qualität im Receiving-Corps sowie in der (restlichen) Offensive Line dieses Team schon die ganze Saison über maßgeblich prägt. Natürlich ist Wentz' Leistungssprung im Vergleich zu seiner Rookie-Saison riesig, doch kam auch der nicht einfach aus dem Nichts heraus. Die Eagles haben auch mit Nick Foles am Sonntag eine Chance. Und die Patriots sollten diese Offensive auch ohne Wentz unter keinen Umständen unterschätzen.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema