NFL

Wie ein Blick in den Spiegel

Dak Prescott steht nach der Sperre von Zeke Elliott besonders im Fokus
© getty

Einer der Höhepunkte von Week 10 ist das Duell der zwei NFC-Top-Teams der vergangenen Regular Season, Atlanta Falcons (4-5) und Dallas Cowboys (5-3). Die Entwicklung beider Teams seit der letzten Saison ging stetig auseinander, doch besondere Umstände bringen sie nun fast wieder auf Augenhöhe. Die Begegnung am Sonntag bürgt außerdem dank der Ausgangssituationen auf beiden Seiten besondere Brisanz.

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Die Dallas Cowboys und Atlanta Falcons waren die Top-Seeds der NFC-Playoffs in der Vorsaison. Die Cowboys flogen dann daheim dramatisch gegen die Packers raus, die Falcons-Saison endete schließlich noch viel dramatischer im texanischen Houston.

Damit enden aber auch schon die Parallelen zwischen diesen beiden Teams, denn seit Beginn dieser Saison gehen die Tendenzen extrem auseinander.

Die Falcons knüpften im Grunde schon früh daran an, wo sie vor dem vierten Viertel im Super Bowl aufgehört hatten und eilten von Sieg zu Sieg, standen prompt bei 3-0. Auch ohne Offensive Coordinator Kyle Shanahan nebst anderen ging der erfolgreiche Weg Atlantas munter weiter.

Seither geriet die Maschinerie aber bedenklich ins Stocken. Die Offense stagnierte, die Defense hielt nicht mehr Stand und plötzlich war die Bilanz seither 1-4. Tabellarisch heißt dies, dass Atlanta in der NFC South schon zwei Spiele hinter den Saints und eineinhalb hinter Carolina rangiert.

Anders lief es bei den Cowboys, die nach 2-1-Start zweimal zuhause verloren und jeweils 35 Punkte von den Rams und Packers eingeschenkt bekamen. Der Schock darüber hielt sich jedoch in Grenzen, schließlich folgte eine 3-0-Serie und Statement-Siege in Washington und gegen die Chiefs. Aber auch sie hinken nun in der East hinterher: Bis zu den hochfliegenden Eagles sind es bereits zweieinhalb Spiele.

Dallas Cowboys: Damoklesschwert Zeke Elliott ist gefallen

Aber ansonsten war wieder alles in Butter für die Texaner. Also fast alles, denn ein Damoklesschwert hing die ganze Zeit über dem Team - die schier unendliche Geschichte um die Sperre von Ezekiel Elliott.

Dieses Schwert ist nun - wenigstens für den Moment - gefallen. Welche Auswirkungen die nun wieder gültige Sperre auf das Team hat, kann noch keiner wirklich beurteilen, schließlich hat Elliott noch kein ernsthaftes Spiel seit seinem Debüt 2016 verpasst - er wurde in Week 17 gegen die Eagles geschont, aber da war für Dallas schon alles klar.

Nun wird Elliott, der Platz zwei bei den Rushing Yards (783) belegt und zudem die meisten Rushing Touchdowns (7) erzielt hat, wohl sechs Spiele ausfallen. Sechs Spiele, in denen sich die Offense von Offensive Coordinator Scott Linehan ein neues Herzstück suchen muss. Alfred Morris und Darren McFadden haben genügend Erfahrung als Starter, doch bringt keiner von ihnen die Extraklasse Elliotts mit.

So liegt der Fokus nun eben auf Quarterback Dak Prescott, der in dieser Saison scheinbar einen Schritt nach vorne gemacht hat und sich mehr auf sein Rolle als Pocket-Passer konzentriert, zudem auch selektiver und effektiver läuft. "Ich denke, er hat sich in allen Bereichen verbessert", lobte etwa Head Coach Jason Garrett seinen QB: "Vieles hat mit der Erfahrung zu tun, die er gesammelt hat. Er spielt diese Spiele und macht viele gute Dinge, auf denen er dann aufbaut." Allerdings räumte Garrett auch ein: "Er macht aber auch manche Dinge, die wir oder er selbst nicht wirklich wollten. Aber davon lernt er dann auch."

Dallas Cowboys drohen Ausfälle von Schlüsselspielern

Einfach wird es für Prescott aber keineswegs, denn mit Left Tackle Tyron Smith (Rücken, Leiste) sowie Wide Receiver Dez Bryant (Knie, Sprunggelenk) drohen gleich zwei weitere Schlüsselspieler auszufallen.

Damit geht es Prescott jedoch nicht wesentlich besser als seinem Gegenüber, Vorjahres-MVP Matt Ryan. Dem nämlich droht der Ausfall von Superstar-Receiver Julio Jones, der mit Knöchelproblemen zu kämpfen hat und im Training geschont wird.

Allerdings muss erwähnt werden, dass eben jener Jones auch nicht die ganz große Saison spielt. Mit nur einem Touchdown insgesamt hält sich seine Produktion noch stark in Grenzen. Sein Team führt er dennoch in Sachen Receiving (658 Yards) locker an. Und die Anerkennung von Garrett hat er ohnehin sicher: "Ich denke, er ist ein seltener Spieler. Er ist physisch rar. Er ist so groß und stark. Er ist schnell und flink. Er ist explosiv, ein großartiger Route-Runner und ein unglaublicher Kämpfer."

Das alles half Atlanta zuletzt gegen Carolina und in vielen anderen Spielen aber auch nicht. Gegen die Panthers wurden nur vier von 15 Third- oder Fourth-Down-Versuchen erfolgreich verwertet. "Wir haben einiges zu tun", machte Falcons-Head-Coach Dan Quinn deutlich. "Wir sind froh, dass wir uns offensiv in der Red Zone verbessert haben. Aber bei Third Down? Da haben wir uns defensiv verbessert, aber offensiv haben wir noch viel Arbeit vor uns."

Atlanta Falcons: Viel Stückwerk in der Offensiv-Maschinerie

Viel Arbeit scheint generell das Stichwort dieser Spielzeit in Georgia zu sein. Die Finesse, mit der die Offensiv-Maschine Atlantas im Vorjahr agierte, liegt wohl noch irgendwo in Texas. Vieles ist Stückwerk, obgleich das an den Zahlen nicht unbedingt zu erkennen ist. Immer noch befindet sich Atlanta in den Top 5 bei den Yards pro Spiel, beim Punkteschnitt steht derzeit aber nur Rang 17 zu Buche: 21,3 Punkte - exakt sieben weniger als die Cowboys (mit Zeke).

Defensiv hingegen liegen beide nicht mal einen Zähler auseinander, was den Punkteschnitt betrifft - zudem liegen nur drei Yards pro Spiel zwischen den beiden. Zieht man nun Elliott ab, könnten sie fast auf Augenhöhe stehen. Reine Spekulation natürlich, schließlich gibt es keine brauchbaren Daten, um zu untermauern, wie viele Punkte oder Siege Elliott tatsächlich wert ist. Doch der Empiriker wird es wohl in den kommenden sechs Wochen erfahren.

Unterm Strich stehen sich am Sonntag also zwei Teams gegenüber, deren Entwicklung seit dem Ende der letzten Saison fast spiegelverkehrt verlaufen ist. Doch aufgrund besonderer Umstände scheinen sie nun beide wieder halbwegs auf gleichem Niveau angekommen zu sein. Für den neutralen Zuschauer sicher reizvoll - neben den großen Namen versteht sich.

Aufgrund der jeweiligen Ausgangspositionen ist jedoch keine Zeit, zum Wunden lecken oder zu verschnaufen. Siege müssen her und diese Partie hat somit vielleicht schon wegweisenden Charakter für den Rest der Saison.

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