NFL

Was bedeutet das Quarterback-Karussell?

Die Kader-Cut-Tage waren von kuriosen Quarterback-Entscheidungen geprägt
© getty
Cookie-Einstellungen

Buffalos Tanking und Seattles Trade

Tag für Tag frage ich mich mehr: Was genau machen die Bills eigentlich? Die Umstellungen in der Offense scheinbar weg von den Qualitäten von Tyrod Taylor sind schon merkwürdig und generell eher wenig erfolgsversprechend. Buffalo sammelt Draft-Picks, das ist ganz offensichtlich - die Bills haben schon jetzt je zwei Picks in der ersten, zweiten und dritten Runde des kommenden Drafts.

Also ein Rebuild? Irgendwo schon, aber warum dafür junge Spieler wie Ronald Darby und Sammy Watkins abgeben, die einem auch in fünf Jahren noch helfen können? Draft-Picks zu sammeln ist für einen Rebuild unter neuem Trainerstab grundsätzlich gut und richtig, junges Talent abzugeben macht aber nur selten Sinn. Das dachte ich auch nochmal, als die Bills am Sonntag Running Back Jonathan Williams entließen - ohne Kompensation also.

Reggie Ragland mag im neuen Scheme in der Theorie nicht perfekt gepasst haben, einen Vorjahres-Zweitrunden-Pick ohne Regular-Season-Snap aber für einen Viertrunden-Pick 2019 abzugeben, sehe ich ebenfalls eher kritisch. Coach Sean McDermott erklärte im Sommer, dass man bei einem neuen Job auch den "weniger zerstörerischen" Weg wählen könnte. Und machte klar, dass er das nicht will. Mir machen die Entwicklungen in Buffalo aus Bills-Sicht aktuell eher Sorgen, im Zuge des Umbruchs werden für mich von Taylor und der Offense über Watkins bis jetzt hin zu Williams zu rigorose und fragwürdige Entscheidungen getroffen.

Das bringt mich zu einem tatsächlich sinnvollen Trade vom Wochenende: Dass sich die Seahawks jetzt doch (Gerüchte gab es ja immer wieder mal) Sheldon Richardson geangelt haben, macht eine ohnehin herausragend besetzte Front nichts anderes als furchteinflößend. Richardson, Bennett, Reed, Avril und Clark geben Seattle nicht nur eine ungeheuerliche Qualität an der D-Line, die Seahawks können hier jetzt auch noch flexibler agieren und auf höchstem Level rotieren. Nirgendwo ist das so wichtig wie an der D-Line. Betrachtet man die komplette Front, traue ich aktuell nur Houston zu, Seattle das Wasser zu reichen.

Nicht zu 100 Prozent verstehe ich, warum die Jets Jermaine Kearse in den Deal eingebunden haben - ein zusätzlicher Late-Round-Pick hätte angesichts des ausgeschlachteten Jets-Kaders mehr Sinn gemacht. Trotzdem war es auch für Gang Green ein guter Deal: Ein Starting-Receiver und ein Zweit- oder Drittrunden-Pick für einen Spieler im Vertragsjahr, den das Team angesichts des Überangebotes auf der Position (Wilkerson, Williams - das einzige Überangebot im Kader) ohnehin nicht hätte halten können.

Cuts, Patriots, Rookies, Cowboys - eure Fragen

Packers Germany und bsg: Welche Auswirkungen hat der Cut von 90 auf 53 statt der schrittweisen Entlassung auf 75 und dann auf 53?

Mein erster Instinkt war, dass das eine gute Sache ist: Die Spieler können sich länger in den Teams beweisen, die Teams Spieler länger sichten und ausprobieren. Inzwischen, nachdem wir den Prozess jetzt ein Mal erlebt haben, sehe ich das aber anders. Die Coaches können ihre Spieler den kompletten Sommer über im Training beobachten, die Meinung dürfte in den allermeisten Fällen Mitte August also weitestgehend feststehen.

Das führt in meinen Augen dazu, dass wir in Week 4 der Preseason viele Spieler sehen, von denen die Coaches längst wissen, dass sie den vorläufigen 53-Mann-Kader nicht packen werden - anstatt dass zumindest einige dieser Spieler längst bei einem anderen Team nochmal eine neue Chance erhalten.

Umgekehrt ist die enorme, über 1.000 Spieler starke Entlassungswelle auf einen Schlag dann auch für die Teams ein Nachteil, da sie bei ihren Waiver-Wire-Claims nochmal viel selektiver sein müssen. Ich denke also, dass die allgemeinen Nachteile gegenüber den Vorteilen der wenigen Spieler, die einem 75er Cut zum Opfer gefallen wären und jetzt doch den Kader schaffen, überwiegen.

Steffen: Die Patriots gehen - nach dem Abgang von Brissett - mit zwei QBs in die Saison. Neuer Vertrag für Garoppolo (nächste Saison) somit wahrscheinlich?

Ich hatte es beim Brissett-Trade ja schon angesprochen: Für mich ist das ein klares Ja. Ich habe nie geglaubt, dass Brissett die langfristige Antwort für die Patriots ist - zumindest aber war er ein Spieler, der das Playbook kennt, gute Ansätze gezeigt und sich somit als perspektivischer Backup empfohlen hat.

Die Tatsache, dass er jetzt weg ist, macht für mich klar, dass die Patriots (wie ja während all der Trade-Gerüchte immer berichtet) langfristig mit Garoppolo planen. Egal was mit Brady passiert: New England wird nicht mit Brady und einem neuen Quarterback dahinter in die 2018er Saison gehen. Insofern erwarte ich einen neuen Vertrag für Garoppolo, und wenn es der Franchise Tag wird.

Markus: Nach den Eindrücken aus der Preseason: Wer wird Rookie of the Year? Offense und Defense.

Offensiv schaue ich auf die Running Backs, denn: DeShone Kizer wird in der Regular Season bei allem Talent deutliche Ups und Downs haben, Mitch Trubisky und Patrick Mahomes spielen mittelfristig nicht und Deshaun Watson braucht ganz offensichtlich noch Zeit. Ich denke, dass es sich zwischen Dalvin Cook und Christian McCaffrey entscheidet, die beide aufregende X-Faktoren in ihrer jeweiligen Offense sein können. Weil ich McCaffrey noch etwas besser sehe und Carolinas Offense generell besser bestückt ist als die der Vikings, tippe ich auf McCaffrey.

Defensiv ist es immer etwas schwieriger, T.J. Watt, Reuben Foster oder auch ein Takk McKinley dürfen sich alle berechtigte Hoffnungen machen. Ich wähle aber den langweiligen Weg und den Nummer-1-Pick: Myles Garrett hat in der Preseason schon Spaß gemacht und die Defense der Browns wird vor Aggressivität nur so strotzen. Das verschafft Pass-Rushern meist mehr Eins-gegen-Eins-Gelegenheiten und die wird Garrett nutzen.

Ste Sta: Dak ohne Zeke? Wie verändert sich sein Spiel?

Überraschenderweise - so zumindest meine Prognose - sage ich: gar nicht. Natürlich hat Prescott in der vergangenen Saison enorm von dem starken Run Game in Dallas profitiert, das hat seine Entwicklung nach vorne katapultiert. Aber wenn man sich Prescott schon im Laufe der Regular Season und jetzt auch in der Preseason anschaut, springen einen die positiven Entwicklungen geradezu an. Ob Pocket-Movement, das Scannen der Reads, Defenses richtig lesen oder auch die Passgenauigkeit - Prescott ist für mich auf einem ganz schnellen Weg in Richtung der Quarterback-Elite (wie auch immer man die definieren will). Noch nicht da, aber auf schnellem Weg dahin.

So wird Dallas den (möglichen) Elliott-Ausfall fraglos spüren, weil keiner der mehr als soliden Backups das komplette Paket mitbringt, das Elliott hat. Aber Prescott wird auch in diesem Jahr wieder von der tollen Offensive Line profitieren und als Passer den Cowboys nochmal deutlich mehr geben als letztes Jahr. Weil er dazu in der Lage ist und so viele elementare Qualitäten für gutes Quarterback-Play mitbringt, sage ich, dass Elliotts Ausfall Prescotts Spiel zumindest grundsätzlich nicht verändert.

Rene Langer: Wie wirkt sich der Einspruch von Zeke aus? Er hat doch jetzt rechtliche Mittel gewählt, oder?

Sehr richtig, Elliott hat - neben einer präventiven Klage gegen das Urteil des Berufungsprozesses - einen Antrag für eine vorübergehende einstweilige Verfügung eingereicht. Ganz vereinfacht gesagt bedeutet das: Bekommt Elliott hier Recht, wäre die Suspendierung zwar nicht komplett vom Tisch, die NFL könnte sie aber nicht, wie aktuell noch geplant, direkt zum Start der Regular Season verhängen. Sie wäre gewissermaßen auf Eis gelegt, bis eine finale Entscheidung getroffen ist und Elliott könnte in Week 1 spielen.

Die Verhandlung für die einstweilige Verfügung findet am 5. September statt, generell rechnet man Elliott dabei aber keine allzu großen Chancen zu. Unter anderem müsste er nämlich beweisen, dass sein genereller Einspruch eine hohe Erfolgschance hat, dass ohne die einstweilige Verfügung irreparabler Schaden entsteht und dass die einstweilige Verfügung dem öffentlichen Interesse nicht entgegen steht. Wer mehr Details hierzu erfahren will, dem empfehle ich die ausführliche Analyse von Jurist und Sportjournalist Michael McCann.

Elliotts grundsätzliche Argumente bei seinem Einspruch gegen die Sperre generell werden wohl ähnlich wie die etwa von Tom Brady im Zuge des Deflate-Gate-Prozesses sein. Nämlich der Vorwurf an die NFL, dass ein Artikel des Collective Bargaining Agreements nicht im Sinne des Rechts angewandt wurde und er nicht die im Gesetz vorgesehene Fairness bei den Ermittlungen und der Verurteilung erfahren habe. Elliott zweifelt damit nicht die Tat selbst, sondern den Prozess der Urteilsfindung durch die NFL an.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema