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Der perfekte Sturm

Ezekiel Elliott hat ernsthafte Chancen auf den MVP-Titel
© getty

Die Dallas Cowboys (11-1) reisen zum Sunday Night Game in Week 14 zu den New York Giants (8-4) - und können den Division-Sieg bereits perfekt machen. Im Fokus dabei steht Ezekiel Elliott: Der Running Back hat trotz anfänglicher Kritik und eines Holperstarts voll eingeschlagen. Gelingt dieses Mal auch gegen die Giants, die einen empfindlichen Verlust verkraften müssen, die große Show? Zu sehen gibt es das Duell in der Nacht von Sonntag auf Montag ab 2.30 Uhr live auf DAZN

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Es war ein Pick, der längst nicht nur gefeiert wurde. Als die Cowboys im vergangenen Draft mit dem vierten Pick Ezekiel Elliott wählten, war die Kritik genauso offensichtlich wie berechtigt: Ein Team mit derart offensichtlichen Schwächen in der Defense, das schon so viele Ressourcen in die Offensive Line gesteckt hat, zieht einen Running Back?!

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Die Cowboys verdoppelten in gewisser Weise ihr Investment in die Offense und insbesondere in das Running Game, während sie ihre Problemzonen gekonnt ignorierten. Und nicht nur das: Gerade Running Backs hatten in den vergangenen Jahren an Draft-Wert verloren, Teams fokussierten sich eher auf die O-Line - und gute Backs gab es auch in den mittleren Runden.

Darüber hinaus hatte Dallas zwar in der Saison davor zwar zwölf Spiele verloren, doch das lag nicht am Running Back: Darren McFadden hatte nicht nur eine 1.000-Rushing-Yard-Saison hingelegt, ihm gelang auch nahezu exakt der gleiche Schnitt pro Run (4,6) wie DeMarco Murray in der so erfolgreichen 2014er Saison (4,7).

Die großartige Week 10

Wir spulen nach vorne zu Week 10, zu jener grandiosen Woche, welche die NFL-Einschaltquoten wieder nach oben schnellen ließ. Es gab dramatische Finishes zwischen Denver und New Orleans sowie zwischen Kansas City und Carolina, die Seahawks gewannen in New England - und die Cowboys lieferten sich einen hochklassigen Offensiv-Showdown mit den Pittsburgh Steelers.

Über vier Viertel ging es hin und her, kurz vor Schluss ging Pittsburgh schließlich dank Antonio Brown wieder in Führung. Doch das letzte Wort hatten Elliott und die beste Offensive Line der NFL: Aus 32 Yards marschierte der Rookie ungehindert zum Game-Winner in die Endzone, es war das spektakuläre Ende eines großartigen Spiels.

Ein Spiel, in dem Elliott bei keinem seiner drei Touchdowns (!) von einem Gegenspieler berührt wurde, in dem er im Schnitt 3,5 Yards vor dem ersten Gegnerkontakt erlief. In dem er aber auch mit seiner Explosivität und der Fähigkeit, die richtigen Lücken im Blocking zu finden und dann durch sie hindurch zu sprinten, Pittsburgh großes Probleme bereitete. Und als erster Running Back in dieser Saison die 1.000-Rushing-Yard-Marke knackte.

Dabei stand zunächst ein durchaus holpriger Start zu Buche.

"Nichts wurde mir auf dem Silbertablett serviert"

Denn der Saisonbeginn war für die Cowboys, noch geschockt von der Romo-Verletzung, alles andere als rosig: Los ging es nämlich mit einer Heimpleite ausgerechnet gegen die Giants. Der Division-Rivale schaffte es, in der Run-Defense die Line of Scrimmage zu kontrollieren, während Eli Manning drei Touchdown-Pässe warf - die Draft-Kritik rund vier Monate zuvor schien voll berechtigt.

"Das war definitiv frustrierend, denn ich hatte es mir anders vorgestellt", gab Elliott im Vorfeld des Rückspiels gegen die G-Men zu. "Aber ich glaube, es hat mir dabei geholfen, der Spieler zu werden, der ich inzwischen bin. Es hat mir früh den unbedingten Willen gegeben, den Eindruck dieses ersten Spiels zu korrigieren."

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Für den Running Back ein durchaus vertrautes Gefühl: Obwohl er sein High-School-Team in drei Class-3-Title-Games führte - alle drei gingen verloren - und seine letzte Saison mit 2.155 Rushing-Yards und 40 (!) Touchdowns beendete, während er gleichzeitig auch in Leichtathletik-Wettbewerben glänzte, machte er sich lange keine großen College-Hoffnungen.

"Niemand dachte, dass ich viele College-Angebote erhalten würde, weil ich aus einer so kleinen Schule komme", verriet er damals. "Aber ich konnte es den Leuten beweisen. Ich habe für alles, was ich bekommen habe, hart gearbeitet. Nichts wurde mir einfach auf dem Silbertablett serviert."

Ein perfekter Sturm in Big D

Was seit jenem ersten Duell mit den Giants passiert ist, lässt sich wohl am ehesten als einen perfekten Sturm bezeichnen: Elliott verzeichnet seit Week 2 einerseits durchschnittlich über 3,02 Yards vor dem ersten Gegnerkontakt, andererseits aber auch 2,06 Yards nach jenem Kontakt - Platz vier beziehungsweise Platz sechs ligaweit.

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Insgesamt verzeichnet Dallas als Team 2,8 Yards vor erstem Gegnerkontakt, nur Buffalo ist hier stärker (3,3). Kurzum: Das Run-Blocking ist besser, als bei nahezu jedem anderen Team, während Elliott aus dem frei geräumten Weg auch das meiste macht. Die Cowboys haben laut ESPN Stats bereits 48 Designed Runs auf dem Konto, die mindestens zehn Yards weit gingen - Ligaspitze. 37 davon gehen auf Elliotts Konto, alle kamen seit Week 2 zustande.

"Dak und Ezekiel sind beide im Laufe der Saison gewachsen, sie profitieren von den gesammelten Erfahrungen. Beide spielen auf einem hohen Level", lobte Head Coach Jason Garrett, dessen Team die Playoff-Teilnahme seit der Redskins-Pleite am Sonntag in der Tasche hat, unter der Woche. "In meinen Augen haben wir über die ersten zwölf Spiele gesehen, dass sie sich in jedem Aspekt ihrer jeweiligen Position verbessert haben."

Wie schwer wiegt der JPP-Ausfall?

Vor dem Rückspiel in New York nicht die schlechtesten Voraussetzungen, könnte Dallas doch mit einem Sieg den NFC-East-Titel perfekt machen - und das gegen eine der Top-Run-Defenses dieser Saison. Die Giants verfügen mit Damon Harrison über den wohl besten Interior-Run-Defender in der NFL, während dahinter Safety Landon Collins in Coverage und gegen den Run schon seit Wochen glänzt.

Allerdings musste diese beeindruckende Front in der Vorwoche bei der Pleite in Pittsburgh einen bitteren Rückschlag hinnehmen: Jason Pierre-Paul zog sich eine Leistenverletzung zu und wurde bereits operiert: Der Defensive End, dessen Vertrag wieder ausläuft, wird wohl mindestens sechs Wochen lang ausfallen.

Das wird New York vor allem in der Run-Defense zu spüren bekommen, wo Rotation für die Giants eher ein Fremdwort ist: JPP (88 Tackles, 7 Sacks in dieser Saison) hat die zweitmeisten Defensive-Line-Snaps in der NFL auf dem Konto - übertroffen nur von seinem DL-Kollegen Olivier Vernon.

"Natürlich ist er ein sehr starker Spieler, und die Giants waren seit jeher stark an der Defensive Line", betonte auch Garrett, nur um aber hinterher zu schieben: "Die Natur dieser Position erlaubt es, dass man Backups einsetzen kann. Deshalb haben sie da auch einige Jungs mit Erfahrung."

Wann explodiert die Giants-Offense?

Die Frage bei den Giants liegt tatsächlich eher in der Offense, wo New York erst zeigen muss, dass es die Anfälligkeiten in der Secondary der Cowboys ausnutzen kann: Die G-Men haben nicht nur kein nennenswertes Running Game, auch Eli Manning spielt eine mehr als enttäuschende Saison. Im Vergleich zu 2015 ist in der Offense insgesamt ein deutlicher Rückschritt erkennbar.

Das führt zu allgemeiner Unzufriedenheit. Odell Beckham hat die Anfangsphase der Saison, die für ihn vor allem durch hitzköpfiges Auftreten geprägt war, zwar abgehakt, dafür haben sich zuletzt nacheinander erst Sterling Shepard und dann Victor Cruz darüber beschwert, dass sie nicht genügend Targets erhalten. In Kombination mit den riesigen Problemen von Left Tackle Ereck Flowers, der laut PFF für acht der zwölf Pressures, die New York in Pittsburgh am Sonntag zugelassen hat, verantwortlich war, ergibt es ein mehr als unrundes Gesamtbild.

Auswärtsniederlage? Gibt es nicht...

Zurück zu Elliott, denn ein schwieriges Thema gibt es rund um den 21-Jährigen doch: Inzwischen hat er bereits 291 Touches (263 Runs, 28 Receptions) auf dem Konto. Früher oder später sollten sich die Cowboys die Frage stellen, ob es nicht Sinn macht, den Rookie etwas stärker zu entlasten.

Zumindest aktuell ist davon nichts zu spüren, wie Cowboys-Eigentümer Jerry Jones am Dienstag bei 105.3 The Fan betonte: "Je häufiger wir Ezekiel den Ball geben können, desto besser. So gewinnen wir Spiele. Wir gewinnen, indem wir Defenses zermürben."

Das MVP-Rennen auf der Zielgerade: Wer wird wie und warum MVP?

Dallas könnte womöglich genauso gut sein, hätten sie einen Running Back in der zweiten oder dritten Runde (Jordan Howard beispielsweise) und mit dem ersten Pick einen Jalen Ramsey gezogen. Elliotts Leistungen allerdings machen es schwer, Kritik zu üben, das gilt statistisch genauso wie auf dem Platz.

Und die Zahlen sind ohnehin auf Seiten des Rookies: In seiner kompletten Football-Karriere (16-0 in der High School, 14-0 im College, 6-0 in der NFL) hat Elliot jedes einzelne Auswärtsspiel gewonnen! Die Giants sind gewarnt.

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