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Der Sheriff bleibt im Sattel

Peyton Manning bietet sich die Chance auf den zweiten Super-Bowl-Ring
© getty

Die Denver Broncos stehen im Super Bowl! Gegen die New England Patriots konnten die Broncos ihr Spiel auf beeindruckende Art und Weise durchdrücken und dominierten mit starker Defense. Eine Postseason wie nach Drehbuch geht damit weiter. Das gilt insbesondere für Quarterback Peyton Manning - der trotzdem aber nicht mehr im Fokus steht. Ein Hauch von Hollywood und Abschied schwingt mit.

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Ein wenig fühlte es sich schon wie ein Hollywood-Film an. Der alte Sheriff kehrte ein letztes Mal auf die große Bühne zurück und führte den Underdog zu Ruhm und Ehre, was kaum noch jemand für möglich gehalten hätte. Klassisch.

Und tatsächlich: Eine wirkliche Chance hatten die wenigsten Leute den Broncos im Vorfeld gegeben. Zu stark wirkte die Offense der Patriots gegen Kansas City. Eine Offense, mit der Tom Brady Denver bereits einige Wochen zuvor ohne Julian Edelman und Danny Amendola am Rande einer Niederlage hatte. Und jetzt sollte es also gegen mehr Feuerkraft klappen? Mit einer eigenen Offense, die in der Divisional Round gegen Pittsburgh einmal mehr auf sehr wackligen Füßen stand?

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Es sollte. "Keine Frage, das ist ein sehr schöner Tag, ein Sieg, der runter geht wie Öl", brachte es Peyton Manning auf den Punkt. "In meinen Augen ist dieser Sieg ein großartiges Beispiel für unsere gesamte Saison. Es war nicht einfach. Meine Rolle ist anders und mein Beitrag ist anders. Aber ich bin glücklich und dankbar, dass ich noch etwas beitragen kann. Und es ist eine große Ehre, zurück im Super Bowl zu sein."

Die Offense als Komplementärstück

Die Aussagen passten zu Mannings gesamtem Auftreten in diesen Tagen. Zurückhaltend, bescheiden, möglichst wenig im Fokus - auch auf dem Platz. Die Zeiten, als Manning Defenses mit chirurgischer Präzision sezierte, sind vorbei. Das ist weder ein Geheimnis, noch eine neue Erkenntnis.

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Umso ausgelassener war die Reaktion auf den Rängen in Mile High, als er zu Beginn des zweiten Viertels seinen zweiten Touchdown-Pass auf Owen Daniels ablieferte. Ganz leise Erinnerungen an jene starke Broncos-Offense der vergangenen Jahre waren für wenige Minuten da. Doch es war das letzte Mal, dass Denvers Offense die Endzone erreichte.

Wie im kitschigen Hollywood-Streifen aber hatte der Held schon früher in der Saison gelernt, dass der Zahn der Zeit auch vor ihm nicht Halt macht. Und er hat gelernt, dass er nicht alles alleine machen muss. Running Back C.J. Anderson brachte es auf den Punkt: "Natürlich wollten wir mehr beitragen. Aber unsere Defense wollte es genau so. Das ist die beste Defense auf der Welt, sie wollten das in der eigenen Hand haben."

Die Handschuhe zum Selbstschutz

Obwohl Denver mehrere Drives in herausragender Position beginnen konnte, kamen zu den beiden Touchdowns lediglich zwei Field Goals dazu. Die Broncos hätten dieses Spiel viel früher entscheiden und ihren Fans den Nervenkitzel ersparen können. Es wäre allerdings das erste Mal seit Wochen gewesen, dass dem Team dieses Kunststück gelingt.

Mannings Vater Archie wusste daher schon im Vorfeld nur zu gut, worauf er sich, wieder einmal, einlässt. Nach Spielende zog er tief im Bauch des Stadions zwei Lederhandschuhe aus der Jackentasche und erklärte gegenüber Broncos-Reporter Mark Kiszla: "Ich habe es mir Anfang des Jahres zum Vorsatz genommen, nicht an den Nägeln zu kauen. Deshalb hatte ich die Handschuhe das ganze Spiel über an. Die Nägel sind noch dran, also würde ich sagen, es hat geklappt."

Drama bis zum Schluss

Wie die Familie von Mannings Gegenüber Tom Brady mit dem Spiel umging, ist noch nicht überliefert. Es dürfte aber die eine oder andere Sorgenfalte dazu gekommen sein, denn Denvers Plan ging voll auf. Die Überlegenheit der eigenen Front Seven gegen New Englands O-Line war der Schlüssel zu der Partie, Brady steckte über 20 Hits und vier Sacks ein. Denver machte Druck, ohne viel blitzen zu müssen.

Die Broncos waren defensiv perfekt eingestellt und verhinderten, dass die Patriots-Offense ihren Rhythmus fand. Denver agierte kreativ in seiner Coverage und machte auf unterschiedlichste Art und Weise Druck - so auch im alles entscheidenden Moment Sekunden vor Schluss. New England war wütend das Feld runter marschiert und hatte die Defense schließlich doch geknackt. Nur die 2-Point-Conversion trennte beide Teams nach dem Rob-Gronkowski-Touchdown noch von der Overtime.

Aber Denver vertraute seiner Defense. "Wir haben Druck gemacht, mit dem All-Out-Blitz. Das ist unser Steckenpferd, damit haben wir in diesem Jahr häufiger gewonnen", erklärte Cornerback Chris Harris. Wieder musste Brady überhastet werfen, Aqib Talib fälschte den Pass ab und Bradley Roby schnappte zu. Game Over.

"Es war ein Film, Mann!"

Der Traum vom Titel lebt in Mile High also weiter. Für Manning, der es inzwischen schafft, schwerwiegende Fehler zu vermeiden, ist es der Traum vom zweiten Ring - und womöglich dem Ende mit einem Knall. Der 39-Jährige würde in der kommenden Saison 20 Millionen Dollar kassieren und es ist schwer vorstellbar, dass die Broncos diesen Preis bezahlen wollen.

Es dürfte also sein letztes Heimspiel in Denver gewesen sein und Manning war sich dessen bewusst: "Der AFC-Titel ist nicht selbstverständlich, egal wie alt du bist. Das zu genießen und voll aufzusaugen, ist Teil des Spiels, genau wie die Momente mit den Fans und deiner Familie nach dem Spiel."

In zwei Wochen werden sich die Broncos dann in einer altbekannten Position wiederfinden. Schon jetzt gelten die Carolina Panthers bei den Buchmachern fast durch die Bank weg als Favorit, wenige werden Manning gegen diese Defense eine große Chance einräumen. Im Team aber, das spürte man nach dem Spiel, ist der Glaube groß. "Es war ein Film, Mann! Und wir waren die Darsteller", grinste Talib. In Santa Clara haben Manning und die Broncos die Chance auf das Happy End.

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