NFL

Wenn Superman mit Power rennt

Quarterback Cam Newton ist ein wesentlicher Faktor im Running Game der Panthers
© getty
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2. Triple Option und Power Blocking

Noch unangenehmer wird es, wenn Carolina auf seine Triple Option zurückgreift - ein Spielzug, der in der NFL sehr selten, für die Panthers aber nichts Ungewöhnliches ist. Die Aufstellung sieht dabei häufig so aus: Newton wird von einem Running Back und einem Tight End flankiert, hinter ihm ist ein weiterer Back oder ein Wide Receiver.

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Nach dem Snap hat er dann, wie der Name schon vermuten lässt, drei Optionen: Per Read Option kann er zunächst den Ball an den Running Back, der hinter dem blockenden Tight End läuft, übergeben - oder das Ei selbst behalten, wenn es die Defense erlaubt.

Der X-Faktor dabei ist der hinter Newton positionierte Spieler. Der läuft nach dem Snap entweder nach links oder rechts und gibt Newton so zusätzlich die Möglichkeit, den Ball per Pitch an ihn loszuwerden. Die Defense kann sich dadurch keineswegs darauf verlassen, dass der Lauf eher zentral erfolgt, sondern muss auch bis nach dem Snap für einen Outside Run gewappnet sein.

Offense diktiert das Geschehen:

Umso schwieriger wird das, wenn die Defense Manndeckung oder einen Man-Blitz spielt. Carolina kontert dann gerne mit Pre-Snap-Motion, will heißen: Ein außen aufgestellter Receiver läuft zunächst los und zwingt seinen direkten Gegenspieler, sich mit zu bewegen.

So können die Panthers diktieren, auf welcher Seite die Defense einen Verteidiger weniger hat und diese Seite dann gezielt mit einem Pulling Guard (bedeutet: der Left Guard zieht nach rechts rüber oder der Right Guard nach links, um zu blocken) noch überladen - während die Defense gleichzeitig auch noch einen möglichen Laufspielzug über Newton oder einen Pitch zu dem sich bewegenden Receiver im Hinterkopf haben muss.

Gegen Arizona zeigten die Panthers am vergangenen Sonntag eine weitere Version ihrer Triple Option: Der linke Guard zieht nach rechts, Newton täuscht die Ballübergabe an den Running Back an und läuft dann sofort nach rechts los.

Die Defense rechnet folgerichtig mit einem Quarterback-Run - es scheint die logische Schlussfolgerung. Doch Newton überlässt dem von rechts startenden Ted Ginn den Ball, der über diesen Reverse-Spielzug bis in die Endzone marschiert. Insgesamt bindet Carolina seine Wide Receiver sehr gezielt ins Running Game ein. Das funktioniert über die Triple Option, aber auch mit gezielten WR-Runs, insbesondere über die kleinen, schnellen Ginn und Corey Brown. Diese finden allerdings nahezu ausnahmslos in Form von Outside Runs statt.

Power Run Game - die alte Schule:

Doch bei all den verschiedenen Kniffen und Winkelzügen vergisst Carolina auch die Basis nicht: Das Power Run Game. Kurz gesagt handelt es sich um ein Man-to-Man-Blocking-Scheme, wobei wieder einer der beiden Guards (je nachdem, in welche Richtung der Spielzug gehen soll), als Pullender Guard und Lead-Blocker (oft letztlich also für einen Linebacker zuständig) fungiert. Der Fullback oder der Tight End ist dafür verantwortlich, den Defensive End zu blocken.

Die Panthers kombinieren das regelmäßig extrem effektiv mit dem Counter-Konzept, dabei sind die Rollen des Pulling Guards und des Fullbacks oder Tight Ends vertauscht. So gelang auch der 59-Yard-Run von Jonathan Stewart beim ersten Play gegen die Seahawks vor zwei Wochen. Was genau passiert hier aber?

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Der Spielzug läuft über links, also ist der rechte Guard der Pulling Guard. Er kommt mit voller Geschwindigkeit auf den Defensive End zu, der sich zunächst als ungeblockt wähnt. Der vor Stewart postierte Mike Tolbert macht erst einige Schritte nach rechts, zieht dann aber gemeinsam mit dem Pulling Guard nach links. Er blockt den Linebacker auf dieser Seite. Gemeinsam öffnen sie so einen breiten Weg für Stewart. Der Right Tackle und der rechts postierte Tight End sind indes dafür verantwortlich, dass kein Verteidiger ins Backfield kommt.

Und Carolina kombiniert auch das Power Run Game mit der Read Option sowie direkten QB-Runs. Am Blocking ändert sich dabei für Guards und Tight Ends nichts, behält Newton aber den Ball, wird sein Running Back zum zusätzlichen Blocker. In dem Fall hat der Quarterback, sollten die Blocks funktionieren, einen blockenden Tight End und den Pulling Guard vor sich, während der Rest der Line die Mitte zumacht.

Kein Linebacker, geschweige denn Defensive Back, will einen Spieler von Newtons enormer Statur mit voller Geschwindigkeit auf sich zulaufen sehen. Die Quarterback-Power-Runs (also ohne irgendwelche Reads, Newton läuft direkt hinter seinem Lead Blocker los, es ist keine Alternative in den Spielzug eingebaut) sind vor allem in der Nähe der Endzone extrem effektiv. Newton ist der erste Quarterback überhaupt, dem in einer Saison 35 TD-Pässe und zehn TD-Runs gelangen.