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Mit guter Laune wieder wichtig

Cam Newton spielt eine herausragende Saison - der MVP-Titel scheint ihm sicher
© getty

Der dominante Sieg über die Arizona Cardinals im NFC Championship Game war mehr als nur ein Ausrufezeichen: Die Carolina Panthers gehen als früher Favorit in den Super Bowl und haben ihre fast perfekte Regular Season bestätigt. Es ist ein Team, das auf und abseits des Platzes bester Laune ist - und dabei das Wesentliche aber nicht aus dem Fokus verliert.

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Die Carolina Panthers haben Spaß am Football und keine Angst, das der Welt zu zeigen. Ob Mega-Selfies kurz vor Spielende, wilde Tanzeinlagen auf dem Platz (die schon für absurde öffentliche Beschwerdebriefe gegen Cam Newton sorgten) oder spaßige Einlagen im Training - die Panthers lassen ihrer guten Laune freien Lauf.

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Das absolute Markenzeichen dabei ist aber die feierliche Ballübergabe an einen jungen Fan nach jedem Touchdown. Entsprechend begehrt sind die Plätze direkt hinter den beiden Endzonen mittlerweile: Die Chance ist dieser Tage immerhin groß, dass die Panthers-Offense früher oder später den Weg in die Endzone findet.

Allerdings musste ein Fan am Sonntag schmerzhaft feststellen, dass man hier mitunter gefährlich lebt. Nachdem Luke Kuechly kurz vor Schluss eine Interception zum Touchdown zurückgetragen hatte, streckte er sich über die Absperrung in die Richtung des Linebackers - und fiel im hohen Bogen per Salto auf den Platz. Es war so ziemlich das einzige, was aus Panthers-Sicht an jenem Tag schief ging.

Viele Bälle für die Fans

Gegen die überraschend überforderte Cardinals-Defense durften die Fans gleich sechs Mal auf den Ball hoffen. Cam Newton legte zwei Touchdown-Pässe auf und lief zwei Mal selbst in die Endzone. Ted Ginns einziger Run endete ebenfalls mit sechs Punkten. Nur Receiver Devin Funchess behielt seinen TD-Ball für sich, er hatte ihn seinem Großvater versprochen. Carolinas 49 Punkte waren ein neuer Rekord für ein NFC Championship Game.

Die beste Offense der Regular Season entpuppte sich auch als die beste Offense der Playoffs. Carolina zerlegte nicht nur Arizona, auch in der Divisional-Round gegen die Seahawks stand es Mitte des zweiten Viertels bereits 31:0. Newton brachte es nach dem Triumph am Sonntag auf den Punkt: "Wir haben das geschafft, was uns viele nicht zugetraut haben. Aber es ist noch nicht vorbei."

Die Offense wächst über sich hinaus

Während schon vor der Saison alle wussten, dass die Defense zu den besseren gehören dürfte, war selbiges mit Blick auf die Offense mitnichten klar. Das galt umso mehr, als sich Top-Receiver Kelvin Benjamin im Training Camp das Kreuzband riss. Newton war am Boden zerstört und Benjamin suchte schnell das Gespräch mit seinem Quarterback: "Ich habe zu Cam gesagt: Los, du schaffst das. Ich werde dann für die kommende Saison bereit sein."

Newton spielte anschließend eine überragende Saison und gegen Arizona zeigte die Panthers-Offense nochmals in aller Pracht, was sie ausmacht: Ein kreatives, extrem schwer zu verteidigendes Running Game, einer der besten Tight Ends der Liga, und ein Quarterback, der den Unterschied ausmachen kann - am Boden genau wie in der Luft.

All diese Elemente kamen am Sonntag in Charlotte zusammen, schnell führte Carolina 17:0 und dann 24:7, während die dominante Defensive Front Turnover auf Turnover forcierte. Das Spiel war spätestens Mitte des dritten Viertels entschieden.

"Wollten wieder wichtig werden"

Das Resultat: Ein Ticket zum Super Bowl sowie die Erfüllung eines Wunschs. "Eines unserer wesentlichen Ziele vor drei Jahren war: Wir wollten wieder wichtig werden", verriet Coach Ron Rivera anschließend: "Die Tatsache, dass einige unserer Leistungen in der Vergangenheit nicht anerkannt wurden, war schon ein Tiefschlag, denn die Jungs haben extrem hart gearbeitet."

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Die Panthers haben, das wurde auch nach dem Spiel gegen Arizona deutlich, diese "Wir gegen den Rest der Welt"-Mentalität zutiefst verinnerlicht. So sagte etwa Cornerback Josh Norman: "Ich bin nicht dumm, ich bekomme mit, was um uns herum passiert. Also an all die Leute, die auf Arizona getippt haben: Schön für euch. An alle die gesagt haben, dass die Cardinals uns vom Platz fegen, weil wir noch nie mit einem solchen Receiving-Corps zu tun hatten: Schön für euch. Das zeigt nur, wie wenig diese Leute wissen."

Safety Tre Boston fügte hinzu: "Es ist toll, wenn die Leute an dir zweifeln. Das motiviert die Jungs. An jedem hier wurde schon gezweifelt, und dann an allen zusammen zu zweifeln? Nicht gerade schlau. Aber wir mögen es."

Das Ziel stets im Blick

Dieses interne Feuer, das die Panthers ganz bewusst regelmäßig mit neuen verbalen Holzscheiten versorgen, ist die andere Seite des NFC-Champs. Es ist ein lautes, ein offenes, ein in mehrerlei Hinsicht unterhaltendes Team, das sein Selbstvertrauen ohne Probleme zeigt - und dabei aber trotz all des (selbst produzierten) Krachs den Fokus auf das Wesentliche nicht verliert.

So kündigte Rivera weiter an: "Wir werden nichts verändern und am den Dingen festhalten, die uns so weit gebracht haben. Wir werden unsere Persönlichkeit wahren." Für Carolina gibt es keinen Grund, das nicht zu tun. Für Super-Bowl-Gegner Denver gibt es keinen Grund, die Panthers ob ihres Auftretens zu unterschätzen.

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Jenem Fan, der sich im wahrsten Sinne des Wortes vor Freude überschlug, passierte im Übrigen nichts. Kuechly unterbrach seinen Touchdown-Jubel, half ihm wieder auf und gab ihm einen aufmunternden Klaps auf die Schulter. Eine andere Sache ging dann gegen Arizona allerdings doch noch schief: Linebacker Thomas Davis, einer der absoluten Leader im Team, brach sich den Unterarm, die Operation erfolgte bereits. Doch Davis erklärte betont selbstbewusst: "Glaubt mir: Wenn es nur um die Schmerz-Toleranz geht, werde ich spielen. Das garantiere ich euch."

Dieses Team scheint bereit für den ganz großen Wurf, auf, aber auch abseits des Platzes. Und so stellte Selfie-König Newton mit herrlicher Doppeldeutigkeit klar: "Wir werden in Santa Clara nicht einfach nur Fotos machen. Wir wollen das Ding gewinnen." Die glücklichen Panthers-Fans hinter den beiden Endzonen würde es freuen.

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