NFL

Selbstzerstörung, wohin man schaut

San Franciscos Coach Jim Tomsula hatte im Spiel gegen Arizona wenig Spaß mit den Refs
© getty
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Die Brett-Favre-Gedächtnis-Plays der Woche: Blake Bortles. Am Donnerstag noch wurde ja Brett Favre im Lambeau Field von den Green Bay Packers geehrt. Und wie die Älteren von euch wissen - also die, die auch noch den frühen Hasselbeck bei den Seahawks erlebt haben (die damals auch schon mal richtig gut waren) - neigte Green Bays (nunmehr offiziell) ewige Nummer 4 mitunter dazu, verrückte Dinge zu machen. Wie etwa, im Eifer des Gefechts, das Werfen des Balls, obwohl die Line of Scrimmage schon überquert war.

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Sagen wir's so: Jacksonvilles Blake Bortles muss ein großer Fan von Favre sein, denn gegen San Diego warf er nicht einmal nach Überqueren der Line of Scrimmage vorwärts, sondern gleich zweimal! Beide Male kurz vor der gegnerischen Endzone noch dazu, und wirklich knapp war es auch nicht. Schmerzfrei ist er, der Bortles!

Die Verletzung der Woche: Jimmy Graham. Der Sonntag war kein guter Tag für Superstar-Tight-Ends . Doch während Rob Gronkowski von den New England Patriots wohl mit dem Schrecken davon gekommen ist und sich mutmaßlich nicht ernsthaft am Knie verletzt hat, traf es Jimmy Graham von den Seattle Seahawks umso schlimmer! Er crashte beim Versuch, einen weiten Pass von Russel Wilson in der Endzone zu fangen, übel zu Boden und verletzte sich schwer am Knie. Die Diagnose: Ein Riss der Patellasehne - Saison gelaufen.

Das ist in jeder Hinsicht äußerst bitter, denn er ist nicht nur nach Gronk der wohl beste Tight End der NFL - Tyler-Eifert-Fans mögen mir verzeihen - er hatte auch gerade angefangen, sich bei den Seahawks zurechtzufinden. Und die brauchen angesichts ihrer aktuellen Defensivprobleme eigentlich jeden Mann, um offensiv mitzuhalten. Verletzungen sind immer Mist, aber wenn sie die ganz großen Namen erwischen (und das war in dieser Saison ja nun doch schon häufiger der Fall), dann ist der Schock und das Bestürzen eigentlich immer teamübergreifend spürbar. Ein großer Verlust für den Rest der Saison, auch aus neutraler Sicht.

Der Höhenflug der Woche: Die Washington Redskins. Die Redskins, die bislang auch eher so mittel unterwegs waren, haben es doch tatsächlich fertig gebracht, die Führung in der NFC East zu übernehmen - mit einer 5-6-Bilanz, aber immerhin! Durch den verdienten Sieg über die New York Giants und pünktlich zum jetzt anstehenden Prime-Time-Spiel gegen die Dallas Cowboys dürfen die Skins nun auf ihre erste Playoff-Teilnahme seit der Rookie-Saison von Robert Griffin III hoffen.

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Nicht, dass RG3 irgendwas mit der aktuellen Leistung des Teams zu tun gehabt hätte. Aber scheint das nicht eine gefühlte Ewigkeit her zu sein? Die Spieler jedenfalls sind begeistert vom aktuellen Höhenflug - man frage mal nach bei Defensive End Chris Baker. Nebenbei: Hey Chris, wenn du das hier liest - und warum auch nicht - wie findest du denn den Hangover so als Ganzes?

Achso: Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass sich die Giants (wie schon so oft in dieser Saison) wieder einmal gründlich selbst im Weg standen. Anstatt sich selbst zumindest eine Chance auf den späten Touchdown-Drive zu geben, versaute Dwayne Harris einen Punt komplett: Von der 1-Yard-Line trug er den Ball völlig unnötig wenige Yards zurück, anstatt das Ei in die Endzone fallen zu lassen. Das kostete die Giants 15 Yards und knapp acht Sekunden, die am Ende schmerzlich fehlten.

Der Flop der Woche II: Pittsburghs Fake-Field-Goal. Beim Stand von 3:0 früh im Spiel standen die Steelers am Sonntag an Seattles 27-Yard-Line. Es war Fourth Down, die vermeintliche Field-Goal-Unit kam auf den Rasen. Doch plötzlich stellte sich Pittsburgh in einer Art Shotgun-Pass-Formation auf - und Backup-Quarterback Landry Jones erhielt den Snap.

Soweit so gut, soweit so legitim. Doch was dann folgte, war...unglücklich, gelinde gesagt: Jones versuchte mit seinem Pass Offensive Lineman Alejandro Villanueva zu erreichen, doch der Ball kam viel zu kurz und wurde problemlos von Jeremy Lane abgefangen. "Der Kerl hat einfach ein tolles Play hingelegt", verteidigte Jones seinen furchtbaren Wurf anschließend. "Als der Ball meine Hand verließ, dachte ich, dass es ein guter Wurf ist. Ich dachte, ich bekomme ihn über den Gegenspieler."

Die lapidare Erklärung von Coach Mike Tomlin: "Ich habe ein Fake-Field-Goal angesagt. Das hat nicht geklappt. Es geht auf meine Kappe, aber das gehört zum Spiel dazu." Und letztlich sind wir doch auch froh, dass dem so ist. Denn unterhaltsam war es (für den neutralen Beobachter sowie den geneigten Seahawks-Fan) allemal. Trotzdem bleibt eine Frage: Wer verhökert eigentlich Seiten aus dem Colts-Playbook an andere Teams?

Der Drop der Woche: Wir gehen nochmals kurz zurück nach San Francisco. Arizona hatte, wie der geneigte Leser bereits gemerkt hat, so seine liebe Mühe mit den 49ers. Das Spiel war über die vollen 60 Minuten wesentlich knapper, als vorher zu erwarten war. Eine Interception in der Endzone kann in einer solchen Partie durchaus den Ausschlag geben - nicht wahr, Tramaine Brock?

Der Cornerback der 49ers bekam den Ball, als Cardinals-Receiver J.J. Nelson während seiner Route ausrutschte, quasi auf dem Silbertablett serviert. Er musste eigentlich nur noch zupacken. Eigentlich. Der Hangover-Award für den "Drop der Woche" lässt bereits vermuten, dass das mit dem Zupacken nicht so ganz klappte. Wurde er durch die kalifornische Sonne geblendet? Stand der Wind gerade ungünstig? Man weiß es nicht. Aber generelle Faustregel: Wenn der Ball von deiner Brust abprallt, hättest du ihn wahrscheinlich auch fangen können...

Das Play der Woche: Baltimores Game-Winner. Nach San Francisco, Pittsburgh und den Giants kommt der nächste Beitrag zum Week-12-Sammelsurium der Selbstzerstörungen aus Cleveland. Im Duell der Backups gegen die Browns leistete zunächst Baltimores Flacco-Ersatz Matt Schaub seinen Teil, indem er, nach dem fast obligatorischen Pick Six, auch kurz vor Schluss eine Interception warf.

Cleveland, seinerseits inzwischen ebenfalls mit dem Ersatz-Quarterback zugange, hatte so die Chance, in Primetime ein Division-Spiel zu gewinnen und die leidgeplagten Fans für einen Abend zu versöhnen. Es sollte geringfügig anders kommen: Zunächst vermasselten die Browns ihr Time-Management komplett, weil sie erst viel zu lange brauchten, um einen Spielzug anzusagen und Austin Davis kurz darauf zu Boden rutscht - anstatt einfach ins Seitenaus zu spazieren.

So gab es den weiten Field-Goal-Versuch und Baltimore war zur Stelle: Brent Urban bekam die Hand an den niedrigen Kick und Will Hill konnte die Seitenlinie runter in die Endzone sprinten. Ein völlig verrücktes Finish und gleichzeitig der gebührende Abschluss für die Serie: "Selbstzerstörung in Week 12".

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