NFL

San Diegos Ein-Mann-Armee

Philip Rivers lieferte gegen die Packers eine Gala - es sollte aber nicht reichen
© getty
Cookie-Einstellungen

Der Flop der Woche: Der...nennen wir ihn mal "Fake Punt" der Indianapolis Colts, denn was genau der Spielzug sein sollte, weiß wohl niemand so wirklich. Die Colts schlugen sich gegen New England eigentlich gut und lagen spät im dritten Viertel lediglich mit 21:27 zurück - alles noch offen also. Dann aber kam jener verhängnisvolle Moment: Indy stellte sich zunächst ganz normal zum Punt auf, plötzlich aber rannten neun Spieler auf die rechte Seite des Feldes. Lediglich Receiver Griff Whalen und Safety Colt Anderson blieben beim Ball.

Es herrschte jede Menge Verwirrung auf beiden Seiten und wie aus dem Nichts snappte Whalen plötzlich den Ball. Anderson wurde sofort unter mehreren Patriots begraben, die so tief in der Colts-Hälfte den Ballbesitz übernahmen. "Es war einfach ein Kommunikationsfehler. Ich muss da sicherstellen, dass wir das Richtige machen", erklärte Whalen anschließend. Von den fassungslosen Rängen hagelte es Buh-Rufe und das Spiel kippte anschließend in Richtung der Patriots.

NFL-Offenses unter der Lupe: In der Vielfalt liegt die Kraft

Coach Chuck Pagano übernahm nach dem Spiel die Verantwortung und versuchte sich an einer Erklärung: "Die Idee dahinter war, dass wir bei Fourth Down und weniger als drei Yards eine andere Formation versuchen, um sie auf dem falschen Fuß zu erwischen. Das haben wir dann gemacht aber ich habe es unter der Woche im Training nicht gut genug einstudieren lassen. Wir hatten dann die falsche Formation und die Kommunikation hat nicht geklappt."

Colts-Fans dürfte die Szene noch lange schwer im Magen liegen - oder wie es Indy-Star-Kolumnist Gregg Doyel, der den Spielzug als "Fourth and Dumb" bezeichnete, zusammenfasste: "Die Colts waren dumm. Nein, mehr als dumm. Sie waren schockierend dumm, so dumm wie sie nicht mehr waren, seitdem sie einen Erstrunden-Draft-Pick für Trent Richardson abgegeben haben."

Das Zitat der Woche: Ronnie Hillmans herzerwärmende, für seinen Quarterback Peyton Manning gebrochene Lanze. "Ihr müsst aufhören, Peyton zu kritisieren. Er ist unser Quarterback, Schluss, Aus, Fertig. Ihr Fake-Fans sagt ja auch nichts, wenn er uns die Spiele gewinnt", meckerte Denvers Running Back via Twitter.

Nette Geste, Ronnie. Aber in dem Fall ist Kritik schlicht und ergreifend angebracht. Manning spielt bislang eine desolate Saison und um es klar zu sagen: Denver steht trotz, und nicht dank Manning bei 6-0. Der 75-Yard-TD-Pass zu Emmanuel Sanders gegen die Browns war tatsächlich der erste Touchdown der Broncos-Offense im 27. (!) Drive in Folge. Autsch.

Die tiefste Sorgenfalte der Woche...findet man bei den Baltimore Ravens. Viele Experten hatten die Ravens vor der Saison als erneuten AFC-Contender auf dem Schirm, schon zu häufig hat Baltimore gezeigt, dass es namhafte Abgänge auffangen und über den Draft schneller als die meisten Teams kompensieren kann. Doch in dieser Saison muss man schlicht und ergreifend sagen: Diesem Team mangelt es an Talent.

Sowohl Pass-Rusher Pernell McPhee (nach Chicago), als auch Receiver Torrey Smith (nach San Francisco) fehlen an allen Ecken und Enden, durch die schwere Verletzung von Terrell Suggs tut der Abgang von McPhee umso mehr weh. Das Passing Game baut derweil größtenteils auf den 36-jährigen Steve Smith. Der erlebt zwar seinen zweiten Frühling, will seine Karriere aber nach der Saison beenden - auch wenn er seine bereits verkündete Entscheidung aktuell angeblich nochmals überdenkt.

Aber die langfristige Antwort ist auch der bissige Receiver nicht und zudem fehlt das konstante Running Game aus der Vorsaison. All das resultiert in einer schwachen Saison von Quarterback Joe Flacco, der schlicht kaum Waffen um sich herum hat. Baltimore könnte locker auch bei 0-6 stehen und zum ersten Mal seit längerem dürfte den Ravens im Frühjahr ein Umbruch aus einer schwachen Ausgangslage heraus bevorstehen.

Das Comeback der Woche: Miamis Sieg in Tennessee. Die Dolphins gingen als größte Enttäuschung der bisherigen Saison in den sechsten Spieltag - und das trotz der so wackligen Eagles, der schwachen Lions oder der wenig beeindruckenden Ravens. Folgerichtig musste in Miami mit Joe Philbin auch der erste Head Coach bereits seinen Hut nehmen.

Sein Nachfolger Dan Campbell wird ohne jeden Zweifel noch härtere Prüfungen als dieses Titans-Team vorgesetzt bekommen. Doch viel von dem, was Dolphins-Fans sahen, lässt hoffen: Insbesondere der Fokus auf das Running Game, das Philbin so gekonnt ignorierte, stach hier heraus. Running Back Lamar Miller verzeichnete 113 Rushing Yards und einen Touchdown, Miami war mit 277 Rushing Yards und ohne Touchdown aus den ersten vier Spielen in Week 6 gegangen.

NFL-Defenses unter der Lupe: Der Weg des größten Widerstandes

Auch der Pass-Rush funktionierte auf einmal wie auf Knopfdruck und Tennessee auf der anderen Seite erlebte ein Debakel. Das traf auch auf Quarterback Marcus Mariota zu, der aber Teile des Spiels angeschlagen bestreiten musste: Pass-Rusher Olivier Vernon erwischte Mariota am Knie und Titans-Coach Ken Whisenhunt tobte anschließend: "Ich glaube, er hat versucht, unseren Quarterback zu verletzen. Das ist Scheiße." Mögliches Nachspiel nicht ausgeschlossen.

Kurz vor dem Karriereende steht...Peyton Manning? Zu einfach und viel zu wahr. Schauen wir stattdessen in die Hauptstadt - und auf deren Quarterback. Kirk Cousins spielte gegen die Jets desolat und verzeichnete 4,5 Yards pro Passversuch. 4,5! Unter Druck, und das ist gegen die Jets nun mal nicht selten, kamen nur 40 Prozent seiner Pässe an. Washington wartet seit 17 (!) Spielen auf eine Partie ohne eigenen Turnover. Doch die Quarterback-Situation der Redskins ist bizarr und so darf Cousins, der am Sonntag mit mehreren Ausfällen leben musste, womöglich trotz allem bis zum Saisonende ran.

Colt McCoy scheint ebenfalls nicht die Antwort zu sein und Robert Griffin III ist offensichtlich keine Option. Griffin stand gegen die Jets zum ersten Mal in dieser Saison überhaupt im aktiven Kader und das auch nur, weil die Skins eine Vielzahl an Ausfällen hatten. Fakt ist aber: Griffins Vertragsoption würde für die kommende Saison finanziell komplett garantiert, sollte er sich schwer verletzen. Nachdem RG3 einst als Starter in die Saisonvorbereitung gegangen war, will Washington dieses Risiko offenbar nicht eingehen und plant längst nicht mehr mit dem einstigen Hoffnungsträger.

So wird das Cousins-Karriereende wohl zumindest etwas vertagt. Doch er sollte sich, nach je zwei Picks in allen vier Redskins-Niederlagen in dieser Saison, gehörig steigern, will er weiter als NFL-Quarterback auf dem Feld stehen. Besorgniserregend aber für Washington-Fans war die anschließende Pressekonferenz von Coach Jay Gruden, der Cousins nach dem Spiel in Schutz nahm und ankündigte: "Wir stehen hinter Kirk und werden sehen, was gegen Tampa Bay passiert." Es könnte wieder eine lange Saison in der Hauptstadt werden...

Seite 1: Rivers' vergebene Mühe, nervenstarke Panthers und Gänsehaut im Big Easy

Seite 2: "Fourth and Dumb", Gänsehaut im Big Easy und QBs vor dem Karriereende

Week 6 im Überblick

Artikel und Videos zum Thema