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Immer mitten in die Fresse rein

Aus Arizona in den Big Apple: Head Coach Todd Bowles muss es bei den Jets richten
© getty
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Defensive Tackle Sheldon Richardson, einer der absoluten Leader der Defense, wurde Anfang Juli für die ersten vier Spiele der kommenden Saison gesperrt - nur um zwölf Tage später wegen grober Verkehrsvergehen, Widerstands gegen die Festnahme und des Verdachts auf Marihuana-Besitzes festgenommen zu werden. Ein zwölfjähriges Kind saß bei seiner Raserei auf dem Rücksitz. Das neue Jets-Sorgenkind erzählte dem Team nichts von dem Vorfall, sodass Bowles über die Medien davon erfuhr.

Die Sperre könnte durch die Liga aufgrund des zweiten Vorfalls noch verlängert werden. Die Folge: Der als Leistungsträger eingeplante Richardson arbeitet derzeit vor allem mit dem zweiten Team und gab am Donnerstag zu: "Ich würde sagen: Ich bin es nicht gewohnt. Aber ich bin selbst schuld, dementsprechend muss ich damit klarkommen. Die Sperre wird eine harte Zeit. Aber ich kann nur nach vorne schauen."

Bowles, der bemüht ist, seine erste Krisen als Head Coach vernünftig zu lösen, wählt den gleichen Ansatz: "Das ist hier keine Gärtnerei. Wir haben uns für dieses Leben entscheiden und müssen mit diesen Dingen klarkommen. Und das ist okay. Ich habe in der vergangenen Saison in Arizona viele Spieler verletzungsbedingt verloren. Ein einzelner Spieler macht uns als Team nicht schlechter, die Jungs wissen das. Niemand kommt ganz ohne einige Fehler ans Ziel." Kein Jets-Fan würde Bowles hier widersprechen.

Free Agency macht Hoffnung

Immerhin war, auch wenn die letzten Wochen das vermuten lassen, längst nicht die komplette Offseason ein Desaster. Ganz im Gegenteil: Die Jets sind ihre Baustellen in der Secondary und der Offense gezielt angegangen. Die Wiedervereinigung von Darrelle Revis und Antonio Cromartie, ergänzt durch den aus Cleveland verpflichteten Slot-Cornerback Buster Skrine, macht aus der größten Schwachstelle des Teams aus dem Vorjahr die größte Stärke.

Aus Seattle kam Guard James Carpenter, der sich im Man-Power-Blocking-Scheme deutlich besser zurechtfinden sollte. Er schwärmte direkt: "Die Offense ist wie ein Traum für mich." Brandon Marshall soll das WR-Corps anführen und wird auch Eric Decker besser machen, im Running Game wollen die Neuzugänge Stevan Ridley und Zac Stacy etwas beweisen. Jeremy Kerley dürfte das Return-Game neu befeuern. Kurzum: Die Jets hatten eine gute Free Agency, etwas, das über die vergangenen Wochen gerne vergessen wird.

Smiths nächstes Fettnäpfchen

Smith bekam indes nur wenige Tage nach seinem Kieferbruch die harte New Yorker Medienwelt erneut zu spüren. Medienvertreter erwischten ihn, als er zwei Tage nach seiner Kiefer-OP vor seinem Haus ein paar Bälle warf. Bowles musste prompt erneut Stellung nehmen: "Er hätte das nicht machen sollen. Wir haben das intern geklärt, es gab ein Gespräch."

Doch auch Bowles, der weiter durchgreifen wird, weiß: "Es braucht Zeit, ein Team auf den richtigen Weg zu führen. Wenn du in ein neues Team kommst, musst du ihm deine eigene Kultur einimpfen. Das passiert nicht über Nacht. Du lernst deine Lektionen und nimmst daraus etwas mit." Ein kleiner Seitenhieb lässt sich zwischen den Zeilen erkennen: Bowles kann nichts für die interne Team-Kultur, die ihm Rex Ryan hinterlassen hat. Er kann lediglich das Beste draus machen.

Kehrtwende unter Bowles?

Jets-Anhänger hatten in den letzten Jahren wenig zu lachen. Nach der Bill-Belichick-Episode, der Bill Parcells 1999 beerben sollte, einen Tag später aber auf einen Zettel schrieb: "Ich trete als HC der NYJ zurück" übernahm Woody Johnson das Team 2000 als Eigentümer. Seitdem gab es fünf Head Coaches: Al Groh, Herman Edwards, Eric Mangini, Ryan und jetzt Bowles. Kontinuität geht in der NFL anders.

Im Gegensatz zum Schlagzeilen produzierenden, Super Bowls ankündigenden Ryan könnte Bowles, der sportlich zumindest defensiv über jeden Zweifel erhaben ist und in Gailey einen starken Offensive Coordinator an seiner Seite hat, für die so dringend benötigte Ruhe sorgen. Sein Umgang mit den New Yorker Medien in den vergangenen Wochen war beeindruckend für einen First-Time-Head-Coach, genau wie seine klare Linie bei Richardson, Enemkpali und Smith.

Er könnte die Ruhe hereinbringen, die das Team schon so lange sucht und die es unter Ryan nie hätte geben können - und sich so in einem der härtesten Märkte der NFL festbeißen. Nur so werden die Jets auch endlich an ihrem lädierten Ruf arbeiten können.

Johnny Unitas: Aus dem Sandkasten nach Canton

Bis dahin bleibt ausgerechnet eine vollmundige Ankündigung die Jets-Sternstunde: Joe Namath versprach 1969 vor dem Super Bowl III den Sieg über Johnny Unitas' haushoch favorisierte Baltimore Colts. Broadway Joe hielt damals allerdings Wort.

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Week 1 der Regular Season im Überblick

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