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"Die Patriots sind unser Kryptonit"

Björn Werner (Mitte) besuchte die SPOX-Redaktion
© getty

Björn Werner befindet sich nach seinem zweiten NFL-Jahr momentan in der Offseason in Deutschland. Zeit, um SPOX zu besuchen! Im großen Interview spricht der 24-jährige Linebacker der Indianapolis Colts über den Bayern-Urlaub eines typischen Berliners, den Erzrivalen namens Patriots und seine persönliche Mega-Enttäuschung. Außerdem: Die Werner-Kolumne is back! Und ein signiertes Trikot gibt es auch noch zu gewinnen. Wer es haben will, einfach kommentieren!

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SPOX: Björn, bis es in der NFL so langsam wieder losgeht, vergeht noch einige Zeit. Genießen Sie aktuell die Offseason?

Björn Werner: (lacht) Absolut. Die Offseason ist sehr schön in der NFL. Es ist zum Glück nicht mehr so wie am College, wo du dann ja die ganze Zeit Schule hast. Ich kann momentan schön für mich selbst trainieren und mich darauf konzentrieren, besser zu werden und wieder in Topform zu kommen. Und nebenbei habe ich genug Zeit, um ein bisschen Urlaub in den Plan mit reinzupacken, sodass ich auch mit der Familie eine schöne Zeit verbringen kann. Ich kann gerade richtig gut auftanken, bevor es dann drüben wieder losgeht.

SPOX: Was stand denn schon auf dem Urlaubsplan?

Werner: Eines meiner Ziele war jetzt Bayern. Ich wollte mir mal den Süden Deutschlands anschauen. Ich muss zugeben, dass wir Werners ja so die typischen Berliner sind. Wir dachten immer, Berlin ist das Coolste. Wir wollten nie irgendwo anders hin, also waren wir immer in Berlin. (lacht) Es wurde jetzt auf jeden Fall Zeit, dass ich mir auch mal ein bisschen mehr von Deutschland anschaue. In den USA werde ich die ganze Zeit gefragt, wie schön es in bestimmten Teilen von Deutschland ist. Jeder denkt da immer an Bayern, ans Oktoberfest oder an die Autobahnen. Und wenn sie mich dann fragen, musste ich immer sagen: 'Ich habe keine Ahnung, ich war da noch nie.' Es war echt immer nur Berlin, deshalb war es toll, dass ich mir jetzt Bayern anschauen konnte und beim nächsten Mal den Amerikanern auch etwas zu erzählen habe.

SPOX: Sie haben jetzt zwei Jahre in der NFL hinter sich. Wie würden Sie mit etwas Abstand Ihre zweite Saison bei den Indianapolis Colts einordnen?

Werner: Am Ende ist das Wichtigste für mich, dass ich im Vergleich zu meinem Rookie-Jahr einen Schritt nach vorne gemacht habe und besser geworden bin. Ich hatte viel Spaß und durfte wieder enorm viel an Erfahrung sammeln. Es ist kein Geheimnis, dass ich in beiden Jahren bis jetzt Höhen und auch Tiefen hatte. Aber wie du damit umgehst, wie du nach Tiefen zurückkommst, macht einen Sportler aus. Es pusht dich, immer besser werden zu wollen. Klar sind einige Sachen nicht so gut gelaufen. Ich hatte mit Verletzungen zu kämpfen und konnte am Ende der Saison nicht mehr spielen, als Team sind wir kurz vor dem Super Bowl gescheitert. Aber das liegt jetzt in der Vergangenheit. Das nächste Ziel ist es, im nächsten Jahr den Super Bowl zu gewinnen. Ich will dem Team dabei helfen und so viele Plays wie möglich machen.

SPOX: Sie hatten eine herausragende Phase, in der Sie innerhalb von drei Wochen 4 Sacks verbuchen konnten. Dachten Sie zu diesem Zeitpunkt, dass Sie jetzt richtig durchstarten?

Werner: Auch in der NFL spielt sich sehr viel im Kopf ab. Manchmal hast du das Gefühl, dass dich keiner stoppen kann. Dieses Level musst du erreichen, das unterscheidet dann die sehr guten von den normalen Spielern. Dieses Gefühl hatte ich für kurze Zeit, leider haben mir dann ein paar Verletzungen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Was viele Leute nicht verstehen, gerade wenn sie im Kopf haben, wie viele Spiele ein Fußballer macht. Wir haben zwar nur 16 Spiele in der Regular Season, das klingt auf den ersten Blick wenig, aber mit den Preseason- und Playoff-Spielen sind das für uns sehr viele intensive Spiele. Als NFL-Spieler hast du immer das Ziel, deinen Körper Woche für Woche so nahe wie möglich an die 100 Prozent zu bringen. Das wirst du nie ganz schaffen, aber 90 Prozent sind besser als 70 Prozent. In der zweiten Saisonhälfte war es einfach so, dass ich leider ein paar Probleme mit der Schulter und dem Knie bekommen habe. Aber das ist alles abgehakt. Jetzt gibt es neue Ziele. Neue Saison, neues Glück.

SPOX: Trotzdem muss es mega-enttäuschend gewesen sein, dass Sie im AFC Championship Game gegen die New England Patriots nicht mal im Kader standen.

Werner: Natürlich war es unglaublich enttäuschend. Es wäre ja das größte Spiel gewesen, in dem ich jemals dabei gewesen bin. Es war eine Sache zwischen Coach Pagano und mir. Er hat mir Anfang der Woche Bescheid gesagt. Er sagte mir: 'Björn, ich weiß, dass du ein harter Typ sein willst. Du könntest spielen, ja, aber du kannst nicht so effektiv sein, wie du gerne möchtest.' Wir reden hier von der NFL und einem Title Game, da musst du gesund sein, sonst hast du keine Chance. Also hat er mir klargemacht, dass er mir zwar als Spieler und Mensch vertraut, dass er aber sieht, dass es nicht geht. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich trotzdem gespielt, aber ich respektiere Coach Pagano sehr und musste es dann schlucken.

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SPOX: In den Medien wurde auch einiges Negatives über Sie und Ihre zweite Saison geschrieben. Wie gehen Sie damit um, wenn Sie lesen, dass Björn Werner eine Enttäuschung war?

Werner: Das gehört zum Geschäft dazu. Ich bin nicht der Erste, über den negativ geschrieben wurde und ich werde auch nicht der Letzte sein. Nehmen wir Tom Brady: Nachdem die Patriots eine Klatsche gegen Kansas City bekamen, hieß es, dass Brady nichts mehr drauf habe und er doch in Rente gehen soll. Und jetzt? Jetzt hat er wieder den Super Bowl gewonnen. In den USA wird nur auf die Stats geschaut. Wenn du die nicht hast, dann hauen die Medien, gerade die aus deiner eigenen Stadt, sofort auf dich drauf. Das ist typisch amerikanisch. Wenn du eine Woche später ein überragendes Spiel machst, bist du wieder der Beste und keiner erinnert sich, was er eigentlich vor zwei Wochen noch über dich geschrieben hat. So ist das Business. Das ist auch völlig okay so. Ihr Journalisten müsst Euren Job machen und wir Spieler müssen uns auf unsere Aufgaben konzentrieren.

SPOX: Fakt ist, dass Sie große Konkurrenz haben auf Ihrer Position. Star-Linebacker Robert Mathis wird nach Verletzung zurückkommen und Jonathan Newsome hat ein super Rookie-Jahr gespielt. Spüren Sie den Druck, Leistung abliefern zu müssen, weil Sie sonst vielleicht ganz schnell raus sind?

Werner: Es ist immer Druck da, das stimmt. In der NFL ist es völlig normal, dass die Teams die ganze Zeit probieren, neue Talente reinzubringen. Sie wollen dich durch eine billigere Version ersetzen. Aber es spornt mich an. Robert Mathis kommt zurück, Jonathan Newsome ist ein Jahr jünger und hatte ein klasse Rookie-Jahr, das weiß ich alles. Ich weiß, dass ich mich verbessern muss und die Konkurrenzsituation hilft mir dabei. Wir werden uns gegenseitig pushen und dann werden wir sehen, wer welche Rolle haben und wie viele Spielanteile bekommen wird. Klar ist, dass jeder seine Chance kriegen wird über die gesamte Saison gesehen. Ich kann nur alles geben, um stärker zu sein als die Anderen. Es ist wie bei Bayern München. Die kaufen auch ständig Topleute ein, sodass Nationalspieler auf der Bank sitzen müssen. Es kann nicht jeder spielen.

SPOX: Von der positiven Seite betrachtet hatte von den Spielern, die auf Ihrer Position vor zwei Jahren auch ein First-Round-Pick waren, nur Ezekiel Ansah eine bessere Saison.

Werner: Ich will mich gar nicht großartig vergleichen. Du musst besser werden, nicht andere Leute schlechter. Für mich ist ganz entscheidend, was die Coaches über mich denken. Coach Pagano sagt immer, dass es nur darauf ankommt, was im Colts-Gebäude gesprochen wird. Was draußen geredet wird, sollte uns nicht interessieren. Als wir so hoch gegen die Steelers und Cowboys verloren, hatte uns jeder schon abgeschrieben. Wir sind aber dennoch ins AFC Championship Game marschiert. So schnell wie sie auf den fahrenden Zug aufspringen, so schnell sind sie auch wieder runter.

Seite 1: Werner über die zweite Saison und das Championship Game

Seite 2: Werner über den Draft und Angstgegner New England

Seite 3: Werner über Medien und die SPOX-Kolumne

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