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Pats-Schreck und Cams Nemesis

Von Adrian Franke
Tom Brady (M.) und Co. treffen in den Divisional Playoffs auf Baltimore
© getty
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No. 1 Seattle Seahawks (12-4) - No. 4 Carolina Panthers (7-8-1) (So., 2.15 Uhr)

Der Weg in die Playoffs:

Seattle: Nach dem dominanten 36:16-Auftaktsieg über Green Bay sahen viele den Titelverteidiger bereits wieder in der klaren Pole-Position. Doch Seattle, bedingt durch mehrere prominente Ausfälle (Max Unger, Kam Chancellor, Bobby Wagner, Byron Maxwell, um nur einige zu nennen), fiel zwischenzeitlich in ein Loch und stand nach Week 7 mit drei Siegen und drei Niederlagen da.

Doch nach dem Arbeitssieg in Carolina am achten Spieltag lichtete sich das Lazarett nach und nach, so dass die Hawks pünktlich zum letzten Saisondrittel ihre Topform erreichten: Mit Statement-Siegen über Arizona (19:3 und 35:6) sowie San Francisco (19:3 und 17:7) schob sich Seattle in der Division wieder auf den ersten Platz, mit einem 20:6-Erfolg über St. Louis zum Saisonabschluss sicherten sich die Hawks den Top-Seed.

Carolina: Als erstes Team überhaupt, das in einer Saison sieben Spiele in Folge nicht gewinnen konnte, schafften die Panthers den Sprung in die Postseason. Nach zwei starken Auftaktsiegen brach Carolina phasenweise völlig ein und verlor etwa gegen Baltimore (10:38), Green Bay (17:38) oder auch New Orleans (10:28) deutlich. Verletzungsbedingt mussten die Panthers mehrfach in ihrer O-Line umstellen, was weder der Pass Protection noch dem Running Game half. Doch seit Dezember spielt das Team wie ausgewechselt.

Die O-Line steht, Running Back Jonathan Stewart explodierte ohne den verletzten DeAngelo Williams geradezu und mit vier Siegen in Folge, inklusive des NFC-South-Endspiels gegen Atlanta, sicherten sich die Panthers die Division - obwohl QB Cam Newton nach seinem Autounfall zwischenzeitlich fehlte. In der Wildcard Round hatten die Panthers mit den Cardinals und deren vierten Quarterback insgesamt wenige Probleme: Die Defense spielte stark, wenngleich Newton einen schwachen Tag erwischte.

Luke Kuechly: Dominator in Lederhose

Die aktuelle Situation:

Seattle: Die Legion of Boom sowie die gesamte Defense sind in unfassbarer Form und aktuell sogar dominanter als die Vorjahres-Titel-Defense. Seit den Minnesota Vikings von 1961-71 ist Seattle das erste Team, das in drei aufeinanderfolgenden Jahren die wenigsten Punkte zugelassen hat. Außerdem verfügt Seattle über das mit Abstand stärkste Running Game der NFL (5,3 Yards pro Versuch, 172,6 Yards pro Spiel, 20 Rushing-TDs) und war hier in den vergangenen Wochen auch von den starken Run-Defenses der Cardinals und 49ers nicht zu stoppen.

Dazu kehrt Center Max Unger pünktlich zu den Playoffs nach seiner Knöchelverletzung zurück und sollte dem Running Game einen zusätzlichen Boost verleihen. "Er ist ein Experte darin, gegnerische Aufstellungen zu lesen und zu erkennen, was passieren wird. Er weiß, was O-Line-Coach Tom Cable sucht und was er will. Von dieser Verbindung werden wir profitieren", freute sich Coach Pete Carroll.

Auch Receiver Jermaine Kearse, CB Tharold Simon und DE Demarcus Dobbs sind fit und einsatzbereit. Defensive Tackle Jordan Hill (5,5 Sacks in dieser Saison) wird dagegen den Rest der Saison aufgrund einer Wadenverletzung verpassen. Dobbs dürfte damit in seine Rolle schlüpfen und Carroll betonte: "Er sah im Training wirklich gut aus. Wir glauben, dass er diese Aufgabe für uns gut erledigen wird."

Carolina: Für die Panthers gab es unter der Woche einen Schock: Defensive Tackle Star Lotulelei brach sich im Training den Fuß und fällt aus, damit fehlt den Panthers ein Run-Stopper in Seattle. "Die Seahawks sind der Titelverteidiger und sind im Moment in Topform. Außerdem spielen sie zuhause, aber in dieser Phase der Playoffs bekommt man nichts geschenkt. Wir können uns die gleichen Fehler wie in der vergangenen Woche nicht noch mal erlauben", mahnte Coach Ron Rivera.

Auf die Defense, vor allem die Linebacker Luke Kuechly und Thomas Davis, war derweil zuletzt mehr als nur Verlass - 10,8 Punkte erlaubte Carolina im Schnitt über die letzten vier Regular-Season-Spiele, gegen Arizona gingen die Punkte der Cards weitestgehend auf die Kappe des Special Teams (Muffed Punt) sowie der Offense (Newtons Interception).

Offensiv dagegen muss sich das Passing Game deutlich steigern. Cam Newton hatte gegen Arizona große Probleme mit der Pass-Genauigkeit und neben Kelvin Benjamin haben die Panthers keinen Receiver, der der Legion of Boom ernsthaft gefährlich werden kann. WR Philly Brown (Schulter) ist zudem angeschlagen. "Cam muss einfach das ausnutzen, was sie ihm geben", forderte Rivera: "Ich weiß, dass er so kompetitiv ist und Plays machen will. Aber das richtige Maß an Geduld wird ihm guttun."

Players to Watch:

Seattle: Marshawn Lynch. 4,7 Rushing-Yards pro Versuch, 81,6 Rushing-Yards pro Spiel sowie insgesamt 17 Touchdowns - Lynch spielt eine herausragende Saison und hat sich im Vergleich zum Vorjahr noch gesteigert. Dennoch warf der Running Back zuletzt Fragen auf: Er setzte immer wieder Drives aus und schien gegen Ende der Regular Season nicht bei 100 Prozent zu sein - die Pause sollte ihm besonders gut getan haben und Seattle braucht Lynch gegen die starke Panthers-Front in Topform.

Im aus Seahawks-Sicht Idealfall kann Lynch dann an seine unfassbaren Playoff-Statistiken anknüpfen: In der Postseason steht er bei 4,8 Yards pro Rushing-Versuch, hatte in jedem seiner letzten drei Playoff-Runs mindestens ein 130-Yard-Rushing-Spiel und ist seit der Jahrtausend-Wende der einzige Running Back mit mehr als zwei Playoff-TD-Runs von mindestens 25 Yards (4). Genau hier könnte es für Carolina schwierig werden: Die Panthers waren in der Regular Season das einzige Team, das fünf Runs von mindestens 50 Yards zuließ.

Carolina: Cam Newton. Es ist davon auszugehen, dass Seattle alles daran setzen wird, Carolinas Running Game zu neutralisieren - um das Spiel in Newtons Hände zu legen. Carolinas Quarterback wird somit, nach seiner schwachen Leistung am vergangenen Wochenende, für die er sich deutlich selbst kritisierte, doppelt im Fokus stehen - denn gleichzeitig geht es für ihn gegen eine persönliche Nemesis, die er überwinden muss, soll es ins Conference Final gehen.

Drei Mal spielte Newton bislang gegen Seattle, es setzte drei Pleiten. Doch damit nicht genug: Newton gelang in diesen drei Spielen nur ein Touchdown-Drive, er brachte im Schnitt nur 55 Prozent seiner Pässe für 145 Yards an den Mitspieler und musste insgesamt acht Sacks einstecken. Für drei Turnover (zwei Fumbles) war er in den drei Spielen verantwortlich und erlief zusammengenommen nur 104 Yards. "Ich kann es nicht wirklich erklären. Sie haben einfach großartige Spieler und tolle Coaches", so Newton.

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Darauf kommt es an:

Wenn Carolinas Front Seven auf das Running Game der Seahawks trifft, ist es das Duell Stärke-gegen-Stärke - und gleichzeitig eines, das über den Sieg entscheiden kann. Individuell haben die Panthers hier klar die Oberhand gegenüber Seattles O-Line: Kein Defensive End hat etwa mehr QB-Hurries auf dem Konto als Charles Johnson (56) und Davis sowie Kuechly scheinen derzeit überall auf dem Feld zu sein.

Carolina hat seit November nicht mehr über 17 Punkte zugelassen, doch ein weiterer Faktor spielt hier eine Rolle: Können die Panthers Hawks-QB Russell Wilson in den Griff bekommen? Seit 2012 führen Wilson (1.877 YDS, 11 TDs) und Newton (1.865 YDS, 19 TDs) alle Quarterbacks in Rushing-Yards an und kein Quarterback lief auch nur ansatzweise so häufig so effizient wie Wilson in dieser Saison. Hier kommt auf Kuechly und Davis eine große Aufgabe zu, ein QB-Spy dürfte regelmäßig zu sehen sein.

Letztlich werden beide Teams defensiv viel in die Run-D investieren. Außerdem bleibt außerdem die Frage: Wessen Passing Game klappt besser? Beide Quarterbacks hatten in der Regular Season hier immer wieder Probleme, beide werden sich in den Playoffs steigern und stabilisieren müssen - auch wenn Seattle der konstante Big-Play-Receiver fehlt.

Prognose:

In den drei jüngsten Duellen beider Teams schafften beide Offenses zusammengenommen aus 57 Drives nur vier Touchdowns. Es waren regelmäßig Defensiv-Schlachten und zumindest für Teile des Spiels steht das auch am Samstag zu erwarten.

Allerdings wird es am Ende klarer aus Sicht der Hawks, die 24 ihrer letzten 26 Heimspiele gewonnen haben - das starke Running Game wird sich irgendwann durchsetzen und die Panthers werden offensiv mit der Lautstärke im Stadion Probleme bekommen. Carolina hat bislang seine beiden Spiele in Seattle verloren - nach dem Samstag steht die Bilanz bei 0-3.

Tipp: 24:10 Seahawks.

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