NFL

Historisch! Historisch schlecht!

Fozzy Whittaker (r.) sprintet Richtung Endzone, Patrick Peterson liegt hifllos am Boden
© getty

Die Carolina Panthers haben das erste Wildcard-Duell der NFL-Playoffs gegen die Arizona Cardinals mit 27:16 (BOXSCORE) für sich entschieden und sich damit für die Divisional Round qualifiziert. Dabei leistete sich der an vier gesetzte Sieger der NFC South zwar selbst eine Menge Fehler, profitierte am Ende allerdings von einer starken Defense - und der totalen Offensivschwäche der Cardinals, die mit Backup-Quarterback Ryan Lindley nichts zu Stande brachten.

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Verrechnet man die positiven und negativen Plays der Cardinals, dann kamen sie an diesem Abend auf ganze 78 Yards Raumgewinn - so wenige Yards hatte noch kein Team in der Geschichte der Playoffs zu Stande gebracht. Pro Spielzug kamen sie auf 1,64 Yards Raumgewinn. Auch das ist Negativrekord.

Dabei führte das Team von Head Coach Bruce Arians, der nach elf Siegen in der Regular Season als "Coach of the Year"-Kandidat gehandelt wird, sogar zur Pause: Nach einem guten Start der Panthers und einer schnellen 10:0-Führung erlaubten zwei Fehler den Gästen aus Arizona kurze Drives bis zur Endzone, die sie jeweils per Touchdown abschlossen.

Carolina - Arizona: Das Spiel im Re-Live

Nach der Pause drehten die Panthers die Partie dann innerhalb von 100 Sekunden: Zunächst gelang Fozzy Whittaker ein 39-Yard-Touchdown, den anschließenden Kick-Off verloren die Cards kurz vor der eigenen Endzone. In der Schlussphase warf Ryan Lindley (16/28, 81 YDs, TD, 2 INTs) dann noch zwei Interceptions.

Auf Seiten der Panthers glänzte vor allem die Front Seven (vier Sacks, nur 1,8 Yards pro Run) und das eigene Laufspiel, das auf insgesamt 188 Yards Raumgewinn kam. Gleichzeitig leistete man sich jedoch ebenfalls drei Turnover, darunter eine Interception von Quarterback Cam Newton (198 YDs, 2 TDs). Der nächste Gegner der Panthers steht noch nicht fest, sie werden entweder in Seattle oder in Green Bay antreten müssen.

Die Reaktionen:

Cam Newton (Carolina Panthers): "Unser Team-Motto heute war 'Keep Pounding', in guten wie in schlechten Momenten. Und das haben wir dann auch getan."

Ron Rivera (Head Coach Carolina Panthers): "Mit unserem Running Game heute bin ich sehr zufrieden. Newton hatte seine Momente da draußen. Er hat ein paar Möglichkeiten verpasst, das weiß er auch, aber er hat gute Entscheidungen getroffen."

Bruce Arians (Head Coach Arizona Cardinals): "Man will nie, dass eine Saison zu Ende geht. Ich bin stolz darauf, wie wir gekämpft haben. Es war eine tolle Saison mit diesen Jungs. Hätten wir den Touchdown nach dem Fumble geschafft, hätten wir gewonnen, da bin ich sicher. Bis zur ersten Interception hat Lindley gut gespielt. Er hat das Spiel gut gemanagt."

Luke Kuechly (Carolina Panthers): "Wenn man Teams unter 100 Yards halten kann, dann ist das immer ein gutes Gefühl. [Punter Brad] Norman hat den Ball extrem gut gekickt, die Offense hat den Ball gehalten, und wenn man das tut und die Field Position kontrolleirt, dann macht das unseren Job sehr viel einfacher."

Vor dem Kick-Off: Bei diesigem Wetter, dauerndem Nieselregen und Temperaturen unter zehn Grad Celsius steht beiden Teams ein hässliches Spiel bevor. Während die Cardinals dabei auf den unerfahrenen Quarterback Ryan Lindley bauen müssen, begrüßen die Panthers Running Back DeAngelo Williams nach seinem Handbruch wieder im Team.

4.: Ganz kurze Serie der Cardinals zu Beginn des Spiels, dazu ein miserabler Punt: Die Panthers bekommen den Ball und sind bereits in des Gegners Hälfte. Zwei schnelle Pässe auf Rookie Kelvin Benjamin, dann stockt der Drive. Kicker Graham Gano jagt einen 47-Yard-Versuch durch die Stangen. 3:0 Carolina!

10.: Wieder nur drei Plays für die Gäste, ein third-and-one-Laufspielzug wird von der Front Seven der Panthers erstickt. Nächster mieser Punt von Drew Butler. Die Hausherren arbeiten sich langsam vor, kurze Pässe und Zone-Read-Angriffe. Die Cards tackeln schlecht. Aus 13 Yards geht dann Jonathan Stewart ab durch die Mitte, wehrt zwei kümmerliche Tackle-Versuche ab und ist drin in der Endzone! Zu früh, um von einer kleinen Vorentscheidung zu sprechen? 10:0 Panthers!

13.: Eindeutig zu früh - denn Punt Returner Brenton Bersin schießt einen ganz dicken Bock! Nachdem die Cardinals schon wieder punten müssen, kommt Bersin nicht rechtzeitig an den Ball, geht aber auch nicht wirklich aus dem Weg, sondern in die Knie. Das Special Team aus Arizona sagt danke und wirft sich auf die Pille! Endlich mal gute Field Position! Immer noch 10:0 Panthers.

16.: Fitz, Baby! Eine Roughing-the-Passer-Strafe bringt Lindley bis an die 15-Yard-Linie. Im Run-Game geht nichts, weil die Box von der Defense natürlich zugestellt ist. Da muss der Star-Receiver her: Zuerst verfehlt Lindley einen offenen Larry Fitzgerald in der Endzone, aber der nächste bringt ihn bis an die 1-Yard-Linie ran. Tight End Darren Fells macht dann die Punkte - und Lindley lächelt erleichtert. Nur noch 10:7 Carolina!

18.: Da war mehr drin für die Panthers: Die Zone-Read-Attacke macht den Cardinals das Leben schwer: Zuerst zeigt Stewart zwei starke Runs, dann geht Newton auch noch los. Warum Ron Rin Rivera jetzt auf lange Pässe umsteigt, ist sein Geheimnis. Auf jeden Fall geht durch die Luft nichts - und dann zielt Gano aus 43 Yards auch noch links vorbei. Weiter 10:7 Panthers.

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26.: Nächster Turnover der Panthers! Drei Punts in Serie, dann schnappt sich Antonio Cromartie einen Pass von Newton, und ist auf rechts durch, oder? Nein! Nach 50 Yards wird er von Newton höchstpersönlich über die Seitenlinie befördert. Der QB ist stinksauer und wütet in Richtung seiner Receiver. Und tatsächlich beweist die Zeitlupe: Veteran Jerricho Cotchery hatte seine Crossing Route einfach abgebrochen und in die falsche Richtung geschaut - leichtes Spiel für Cromartie! 10:7 Carolina.

28.: Die 17 Yards bis zur Endzone legt Arizona am Boden zurück. Sogar Backup-QB Logan Thomas kommt kurz rein, gibt aber dann per Zone-Read an Kerwynn Williams ab. Den letzten Yard soll Marion Grice holen. Der Reservist fumbelt - hat aber das Glück, dass die Kamera beweist, dass er bereits über der Linie war! Touchdown! 14:10 Cardinals!

38.: Vor der Pause hatten die Hausherren noch ein Field Goal nachgelegt, aber der erste lange Drive der zweiten Hälfte bringt nichts ein. Ron Rivera, im letzten Jahr noch für sein risikofreudiges Spiel als "Riverboat Ron" gefeiert, traut seinem Team weder ein 55-Yard-FG noch einen vierten Versuch und vier Yards zu. Also puntet er von der gegnerischen 37-Yard-Linie. 14:13 Cardinals.

40.: Fozzy! Fozzy! Fozzy! Arizona muss aus der eigenen Endzone punten, die Panthers starten ihren Drive on der 39-Yard-Linie. Newton versucht den Screenpass nach rechts auf Fozzy Whittaker. Der schlägt plötzlich einen Haken nach links, wuselt durch die Mitte - und ist durch! Wieder ganz schlechtes Tackling! Touchdown, 20:14 Panthers!

41.: Das könnte der entscheidende Nackenschlag für die Gäste sein! Den Kick-Off bringt Returner Ted Ginn Jr. raus, aber das war keine gute Idee - denn Platz hat er nicht! Das Leder wird ihm aus der Armbeuge katapultiert, Kevin Reddick hat es für die Panthers sicher! Und zwar an der Drei-Yard-Linie. Wenige Sekunden später findet Newton Mike Tolbert, der ins Glück spaziert! 27:14 Carolina!

45.: Fast wieder ein Ballverlust der Panthers. Der Pass Rush kommt endlich einmal durch zu Newton, der im Rückwärtsfallen noch den Ball wegwirft. Intentional Grounding? Oder ging der Pass überhaupt nach vorn - denn sonst ist es ein Fumble! Nein, laut den Referees nur incomplete. Bruce Arions holt die Challenge-Flagge raus, bekommt aber nicht recht. Grounding könnte man diskutieren, denn ein Receiver war eigentlich nicht in der Nähe. Newton zieht zudem Grimassen, er hat etwas abbekommen. Weiter 27:14 Panthers.

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49.: Schluss! Aus! Was für ein unglaublicher Fehler von Lindley! Newton kassiert den Sack in der eigenen Hälfte und verliert die Pille, Rashad Johnson kommt bis wenige Yards vor die Endzone. Das muss der Anschluss sein! Aber gleich beim ersten Dropback wirft Lindley zu Fitzgerald - und damit genau in die Arme von Luke Kuechly, der sich in Coverage hatte zurückfallen lassen. Lindley kann es nicht fassen und schlägt die Arme über dem Kopf zusammen. Unfassbar. 27:14 Carolina!

59.: Und noch einer! Punt,Punt, Punkt, dann wieder Lindley, der noch einen weiteren Fehler machen darf. Wobei man diesmal sagen muss, dass Kuechly einfach brillant spielt! Lindley visiert Fitzgerald in der Endzone an, eigentlich kein schlechter Wurf - aber Luuuuke fliegt heran, tippt den Ball in die Luft - und Teamkollege Tre Boston pflückt ihn herunter! 27:14 Carolina.

60.: Anstatt zu punten, kassieren die Panthers in der eigenen Endzone die Safety, aber dabei ticken die letzten Sekunden herunter. Das Spiel ist aus! Endstand: 27:16 Panthers!

Der Star des Spiels: Luke Kuechly. "LUUUUUUUUUUKE!" Es ist kein Wunder, dass das komplette "Bank of America Stadium" seinen Namen brüllt, wenn der 23 Jahre alte Middle Linebacker in Erscheinung tritt. Der Defensivspieler des Jahres 2013 und All-Pro der vergangenen Saison lieferte eine starke Leistung ab, kam auf zehn Tackles, zwei verteidigte Pässe und griff sich auch die Interception, die Arizona das Genick brach. Er steht hier stellvertretend für eine bärenstarke Mannschaftsleistung der Defensive.

Der Flop des Spiels: Ryan Lindley. Er tut uns ja irgendwie auch ein bisschen leid - und als Third-String-Quarterback kann man von Ryan Lindley ja auch nicht wirklich viel erwarten. Aber der 25-Jährige, der schon vor der Partie als einer der schlechtesten Playoff-QBs aller Zeiten angekündigt worden war, "erfüllte die Erwartungen". Zwei Picks, vier Sacks, lediglich 82 Yards Raumgewinn. Nervös, ständig unter Druck, von seiner O-Line auch nicht wirklich beschützt. Als er im letzten Viertel den Ball in die Arme von Kuechly feuerte, war das Spiel gelaufen. Und Bruce Arians muss sich die Frage stellen: Wäre Logan Thomas wirklich noch schlechter gewesen?

Das fiel auf:

  • Lindley war schwach, aber hätte er ein wenig besser gespielt, die "Flop des Spiels"-Plakette wäre an Cardinals-Punter Drew Butler gegangen. Der erlebte mit neun Punts einen ereignisreichen Arbeitstag, vergeigte aber die meisten seiner Punts fast schon spektakulär. Seine Punts in Zahlen: 20 Yards, 28, 33, 52, 31, 31, 37, 43, 38. Da muss einfach mehr kommen. Nicht umsonst startete der erste Drive der Panthers in der gegnerischen Hälfte...
  • Mit Ted Ginn Jr. hatten die Cardinals einen starken Kick- und Punt-Returner in den eigenen Reihen. Der wurde von den Panthers zu Beginn wohlweislich aus dem Spiel genommen und durfte erst Sekunden vor der Halbzeit einen Punt zurücktragen. Das machte er mit 48 Yards so stark, dass er sich in Hälfte zwei wohl zuviel zutraute - und den Ball gegen mehrere Gegenspieler prompt fumbelte.
  • Eigentlich lebt die Offense der Cardinals auch von Deep Balls, etwa auf Fitzgerald oder Michael Floyd. Die erste Bombe packte Lindley aber erst in der zweiten Hälfte aus. Die kam zwar nicht an, hätte jedoch ohne weiteres eine Pass Interference nach sich ziehen können, was auch Arians nach der Partie bemängelte. Dabei blieb es bis zur Schlussphase - und die Taktik der Cardinals zu ausrechenbar.
  • Dementsprechend stopfte die Defense der Panthers die Box und machte jede Chance auf ein gutes Running Game zunichte. 2,3 Yards pro Carry waren es in Halbzeit eins, der Schnitt stürzte bis zum Ende auf unterirdische 1,8 Yards bei 15 Versuchen ab.
  • Die eindrucksvolle Vorstellung der Panthers in der Defense darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass man in der Offense einige Probleme offenbarte. Das Running Game funktionierte zwar, allerdings kamen viele dieser Yards durch Big Plays zustande, als die Cards durch den ersten Pick von Lindley demoralisiert wirkten. Das Passspiel dagegen war oft zu unpräzise, die langen Pässe von Newton kamen nicht an.
  • Bruce Arians wusste wohl, dass seine beste Chance auf Punkte seine eigene Defense war. In der Tat wurden die beiden TDs durch Fehler der Panthers eingeleitet. Dennoch: Von Überraschungsmomenten und Risiko war in der Offensive nichts zu sehen, kurze vierte Versuche wurden konsequent nicht ausgespielt. Man muss die Frage stellen, ob er damit der eigenen Offensive nicht auch das Selbstvertrauen raubte. Klar, viel lief nicht zusammen - aber warum dann nicht einmal einen Flea-Flicker oder einen Fake Punt versuchen?
  • Neben den Seattle Seahawks von 2010 sind die Panthers das einzige Team, welches trotz negativer Bilanz in der Regular Season ein Playoff-Spiel gewinnen konnte.

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