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The Heart of a Champion!

Innige Umarmung: Sehawks-QB Russell Wilson und Head Coach Pete Carroll
© getty

Unfassbar! Unglaublich! Episch! Nach einem nicht mehr für möglich gehaltenen Comeback haben die Seattle Seahawks das NFC Championship Game gegen die Green Bay Packers mit 28:22 (0:13, 0:3, 7:0, 15:6, 6:0) nach Verlängerung (BOXSCORE) gewonnen. Dabei lieferte der Titelverteidiger eine unterirdische erste Hälfte ab, nur um kurz vor dem Ende doch noch die Führung zu übernehmen. Seattle könnte damit als erstes Team seit den Patriots vor zehn Jahren den Titel verteidigen.

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Vor eigenem Publikum gelang der Seahawks-Offensive um Quarterback Russell Wilson (209 YDS, TD, 4 INTs) in der ersten Hälfte überhaupt nichts: Vier Turnover, darunter drei Interceptions von Wilson, machten alle Bemühungen zunichte. Auf der Gegenseite war Aaron Rodgers (178 YDS, TD, 2 INTs) ebenfalls zwei Picks, trotzdem führten die Packers zur Pause völlig verdient mit 16:0.

Mit einem Field-Goal-Fake zum Touchdown gelangen Seattle im dritten Viertel die ersten Punkte, doch 130 Sekunden vor dem Ende führten die Packers dank starker Defensive mit 19:7. Dann punktete Wilson mit einem kurzen Run, der folgende Onside-Kick ging ebenfalls an die Hausherren.

Analyse Patriots machen Gigantentreffen perfekt

Danach wurde es noch dramatischer. Marshawn Lynch brachte Seattle mit einem langen Touchdown-Run in Führung, auch die Two-Point-Conversion zum 22:19 gelang. Die Packers schafften wenige Sekunden vor dem Ende mit ihrem fünften Field Goal des Tages von Mason Crosby den Ausgleich. Seattle gewann schließlich den Münzwurf der Overtime, Jermaine Kearse brachte mit einem 35-Yard-Touchdown die Entscheidung.

Die Reaktionen:

Russell Wilson (Quarterback Seattle Seahawks): "Gott ist gut! Diese Jungs sind unglaublich. Wie sie gekämpft haben! Es macht einfach Spaß mit diesen Jungs. Vier Minuten noch, und das Team hat einfach weiter an mich geglaubt. Großes Kompliment an die Packers. Wir haben einfach nicht gezweifelt. Es ist eine Ehre, ein Teil dieses Teams sein zu dürfen."

Jermaine Kearse (Receiver Seattle Seahawks) über seinen Touchdown: "Ich wünschte, jeder Pass würde sich so leicht anfühlen. Ich hatte keine Zweifel daran, dass ich ihn fangen würde. Ich hatte den Tunnelblick. Der Pass von Russ war großartig. Ich wollte einfach nur meinen Beitrag leisten."

Pete Carroll (Head Coach Seattle Seahawks): "Für die Fans aus dem Nordwesten ist das ein Spiel für die Ewigkeit. Das ist ein tolles Team. Nicht weil es gewonnen hat, sondern aufgrund der Art und Weise, wie sie ihre Aufgaben angehen. Es gibt nichts Schöneres als den letzten Pass. Exquisiter Football."

Aaron Rodgers (Quarterback Green Bay Packers): "Wir waren heute das bessere Team und haben gut genug gespielt, um zu gewinnen. Wir können niemandem die Schuld geben außer uns selbst. Das wird noch lange wehtun."

Seahawks - Packers: Die Partie im Re-Live

Vor dem Kick-Off: Nach dem dominanten Auftritt gegen die Panthers ist der Titelverteidiger im heimischen Stadion klarer Favorit. Die Green Bay Packers retteten sich im Heimspiel gegen Dallas aufgrund einer kontroversen Entscheidung ins Entscheidungsspiel der NFC, Quarterback Aaron Rodgers geht angeschlagen in die Partie, Running Back Eddie Lacy ist ebenfalls nicht bei 100 Prozent. Darüber hinaus musste Wideout Randall Cobb mit Verdacht auf Blinddarmentzündung am Vortag ins Krankenhaus, ist jedoch wieder dabei.

Bei den Seahawks fehlt Wide Receiver Paul Richardson mit Kreuzbandriss, zudem sorgte Marshawn Lynch mal wieder für Schlagzeilen. Der enigmatische Running Back wollte eigentlich mit goldenen Schuhen, soviel Extravaganz ist der NFL jedoch verhasst. Nachdem man Lynch eine Ejection androht, sollte er wirklich auf goldenes Schuhwerk setzen, nimmt er die übliche Variante.

5.: So hatte man sich das nicht vorgestellt mit diesen sonst so sicheren QBs! Rodgers führt den ersten Drive bis in die gegnerische Hälfte, riskiert es dann aber über rechts gegen Super-Corner Richard Sherman. Der spielt den Pass auf Davante Adams jedoch mal wieder perfekt und hat den Endzone-Pick! Wilson ist dran - und sein zweiter Pass wird von Jermaine Kearse in die Arme von Ha Ha Clinton-Dix getippt! Back-to-back Interceptions? Immerhin beschränken die Seahawks den Schaden auf ein Field Goal. 3:0 Green Bay.

9.: Nächster Turnover der Seahawks! Doug Baldwin trägt den Kick-Off aus der Endzone - und fumbelt! Wieder fantastische Field Position für die Cheeseheads, wieder nur ein Field Goal von Mason Crosby. 6:0 Packers!

17.: Das ist eine extrem einseitige Angelegenheit bisher! Zwei Three-and-outs der Seahawks, die offensiv bisher kein Bein auf die Erde bringen. Und aus einem erneut sehr günstigen Drive-Start macht Rodgers den ersten Touchdown der Partie! Viel Zeit in der Pocket, dann fliegt der Ball in die Arme von Randall Cobb! 13:0 Packers!

22.: Interceptions zuhauf! Wilson riskiert nach einem weiteren Field Goal der Packers nun bei First Down die Bombe. Aber die fliegt in Double Coverage - und wieder ist Clinton-Dix da! Wahnsinns-Catch, das war einhändig. Rodgers übernimmt - und eine knappe Minute später kommt es zum Missverständnis zwischen ihm und Cobb. Deshalb segelt der Pass direkt zum Byron Maxwell, je zwei Picks nun! 16:0 Green Bay.

29.: Oh no! Wilson bringt seinen sage und schreibe ersten Pass des Abends an, 14 enorm wichtige Yards auf Ricardo Lockette. Auch Marshawn Lynch kommt besser ins Spiel. Aber dann riskiert der sonst so besonnene QB den Jump Ball in die Endzone auf Kearse. Corner Sam Shields ist da, steht vor dem Receiver, hat den Ball. Dritter Pick in der ersten Halbzeit! Weiter 16:0 Packers.

41.: Zwei Three-and-outs zu Beginn der zweiten Hälfte, dann endlich der erste lange Drive der Hausherren. Der ist bei Third-and-19 fast schon vorbei, aber dann hat Wilson endlich mal Zeit in der Pocket und findet den offenen Doug Baldwin - First Down! Trotzdem stellt man sich wenig später zum Field Goal auf. Und dann schlägt Pete Carroll zu: Es ist ein Fake! Holder Jon Ryan schnappt sich den Ball, sprintet links raus - und als alle mit einem Run rechnen, wirft er auf Tight End Gary Gilliam! Touchdown! Das Stadion bebt! 16:7 Green Bay.

50.: Wichtig für Green Bay! Nach einem schnellen Punt hält man die Seattle-Offense ebenfalls ohne First Down. Angeführt von einem starken 32-Yard-Run von James Starks ermöglicht man Crosby ein 48-Yard-Field-Goal. Und der trifft! 19:7 Green Bay!

Aaron Rodgers: Die QB-Luxusedition

55.: Wieder Punts auf beiden Seiten, Seattle startet an der eigenen 46 - und bracht unbedingt Punkte. Wilson steht, hat Zeit, feuert zu Kearse durch die Mitte. Aber der kann nicht festhalten, wieder prallt der Ball unglücklich hoch. Und wieder hat ein Packers-Verteidiger nur darauf gewartet! Morgan Burnett steht goldrichtig, fängt den Ball und geht vorsichtshalber sofort zu Boden. Vierte Interception von Wilson - war das schon die Entscheidung? 19:7 Packers.

57.: Dreimal Eddie Lacy für die Packers, aber Carroll verbrennt zwei Timeouts und bekommt die Ball mit knapp vier Minuten auf der Uhr zurück. Schneller Drive der Seahawks, unter anderem findet Wilson mit einem langen Pass an der Seitenlinie seinen Running Back. Wenig später geht er selbst über die Linie - Touchdown! Nur noch fünf Punkte Rückstand! Was nun? 19:14 Packers.

57.: Drama! Drama! Drama! Onside Kick von Carroll, und der Kick von Hauschka nach rechts ist eine wunderschöne Bogenlampe. Trotzdem muss Brandon Bostick ihn eigentlich haben - aber der Ball geht durch seine ausgestreckten Arme, prallt an seinen Helm, und dann ist Chris Matthews da und hat den Ball für die Hausherren! Unfassbar! 19:14 Green Bay!

58.: Spiel gedreht! Die Packers sind geschockt, werden in der Defensive überrannt! Beast Mode geht es 24 Yards durch die Defense wie durch Butter, das ist die Führung! Aber für die Drei-Punkt-Führung muss eine Two-Point-Conversion her! Wilson hat den Snap, und muss um sein Leben sprinten! Er ist fast an der 20-Yard-Linie, als er den Ball einfach quer über den Platz an die Endzone wirft. Eine Ewigkeit in der Luft - und dann fängt ihn Tight End Luke Wilson! Ausnahmezustand! Das gibt's doch nicht! Aber noch ist über eine Minute zu spielen, Green Bay hat drei Timeouts. 22:19 Seattle!

60.: Es war noch zu viel Zeit übrig! Ein paar schnelle Pässe durch die Mitte von Rodgers, dann rennt, bzw. humpelt er selbst noch einmal zum First Down. 18 Sekunden vor dem Ende geht es nicht mehr weiter, also muss erneut Crosby ran. 48 Yards, in diesem Stadion, bei diesem Druck, gegen das Publikum. Ganz! Ganz! Sicher! Overtime! 22:22!

Overtime.: Seattle ist zurück im Super Bowl! Ohne Worte! Keinen einzigen Pass hatte Jermaine Kearse bisher gefangen, alle vier Picks gingen in seine Richtung! Aber im Eins-gegen-eins gegen Traman Williams bekommt er eine neue Chance! Perfekter Wurf von Wilson, kein Safety deep, perfekter Catch! 35-Yard-Touchdown! Das Spiel ist aus! 28:22 Seattle!

Der Star des Spiels: Marshawn Lynch. Es war kein perfektes Spiel von Beast Mode, der in der ersten Halbzeit auf 37 Yards kam. Aber Carroll setzte weiter auf ihn, und wo andere Running Backs müde werden, dreht Lynch eben erst richtig auf! 157 Yards am Ende gegen eine gut aufgelegte Defense, 6,3 Yards pro Rush. Dazu ein gefangener Pass über 26 Yards und natürlich der 24-Yard-Score kurz vor dem Ende. Er ist eben ein Beast.

Der Flop des Spiels: Brandon Bostick. Einen derart epischen Kollaps kann man nicht an einem Spieler, an einem Spielzug festmachen. Trotzdem: Fängt Bostick den Onside Kick, der wirklich genau auf ihn zusegelt - oder blockt er den Weg für einen Mitspieler frei - dann ist das Spiel so gut wie gelaufen. So aber fing die Kamera am Ende immer wieder den völlig fassungslosen 25-Jährigen am Spielfeldrand ein. Eine Ehrenmedaille gibt es für Packers-Coach Mike MccCarthy, dessen konservative Taktik zu Beginn sich am Ende rächte. Mit etwas mehr Mut und Entschlossenheit ist das Spiel nach zwei Vierteln längst gelaufen.

Das fiel auf:

  • Eigentlich sollten die Seahawks ja die stärkere Defense stellen - doch über weite Strecken lieferte Green Bays Verteidigung ein brutal starkes Spiel ab. Zwei Interceptions waren mehr oder weniger Zufall, doch die beiden anderen waren perfekt verteidigt. Die D-Line überrollte Seattles Offensive Line förmlich (fünf Sacks), ohne dabei jedoch große Lücken für Lynch zu lassen. Bis kurz vor Schluss war es eine fast perfekte Vorstellung.
  • Um die improvisierten Runs von Wilson zu verhindern, setzten die Packers ihren Defensiv-Superstar Clay Matthews als "Spion" gegen den gegnerischen QB ein. Heißt, der Linebacker achtete nur auf Wilson und blieb in Lauerstellung, um auf dessen Aktionen aus dem Niemandsland hinter der Line of Scrimmage zu reagieren. Dazu kamen sechs Tackles und ein Sack für 16 Yards Raumverlust.
  • Die Fehler, die sich die Seahawks in den ersten drei Vierteln leisteten, kannte man zuletzt nicht vom Champion: Gleich fünfmal schenkte man den Packers per False Start oder Offside freie Yards oder gar einen freien Spielzug. Und das zuhause, vor einem freundlich gesinnten Publikum. Auch Wilson zeigte ungewohnte Schwächen im Passspiel und konnte die Coverage nicht entziffern.
  • Es war das erste Mal seit 2010, dass die Seahawks daheim in der ersten Halbzeit keine Punkte machten, und das erste Mal, dass Wilson in der ersten Halbzeit drei Interceptions warf.
  • Aaron Rodgers hatte angekündigt, Richard Sherman auf dessen Außenbahn anzugreifen. Als der Corner gleich beim ersten Drive die Interception abgriff, war es mit diesem Plan wieder vorbei. Lücken boten sich den Packers vor allem über die Mitte, in den Lücken der Zone Coverage zwischen den Safeties und den Linebackern.
  • Im Nachhinein ist man immer schlauer, doch der Slide von Burnett nach der vierten Interception von Wilson war verfrüht - zumal kein Gegenspieler in seiner Nähe war. Trägt er den Ball ein paar Yards weiter, gelingt den Packers im anschließenden Drive womöglich ein Field Goal zum 22:7.

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