NFL

Schnee, Eis und Sneakers

Von Sven Kittelmann
Charles Woodson sackt 2002 Tom Brady - oder doch nicht?
© getty
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Platz 2 - AFC Divisional Playoffs 2002: Das Spiel mit drei Namen

"Tuck Rule" Game, Snow Job oder Snow Bowl - diese drei Namen treiben Anhänger der Oakland Raiders bis heute zur Weißglut. Fans der New England Patriots haben dagegen Tränen des Glücks in den Augen. Schließlich war das 16:13 nach Verlängerung am 19. Januar 2002 die Geburt der Patriots-Dynastie um Coach Bill Belichick und Quarterback Tom Brady.

Brady war es auch, der letztlich im Mittelpunkt dieses Spiels auf dem schneebedeckten Feld des Foxboro Stadiums stand. Mit 1:50 Minuten auf der Uhr und einem 10:13-Rückstand hatten es die Patriots schon in die Hälfte der Raiders geschafft. Ein Field Goal-Versuch aus insgesamt 59 Yards wäre bei diesen Bedingungen aber Wahnsinn gewesen, weswegen Brady sich nicht nur auf das Running Game verlassen wollte. Doch sein erster Dropback sollte sich fast als fatal für New England erweisen: Brady wurde von Charles Woodson gesackt und verlor den Ball, Oaklands Linebacker George Biekert sicherte das Spielgerät.

Im Normalfall hätten die Raiders nun einfach die Uhr herunterlaufen lassen können. Doch Oakland hatte die Rechnung ohne den Replay-Offiziellen Rex Stuart gemacht. Der ließ die Szene noch einmal überprüfen, Referee Walt Coleman kam zu dem Schluss: Brady hatte, wie zunächst vermutet, den Ball an den Körper gezogen und mit dem linken Arm gesichert - aber eben nicht nur. "Der Arm des Quarterbacks... war in der Vorwärtsbewegung...", lautete Colemans Erklärung der sogenannten "Tuck Rule" im Stadion - der Rest ging im Jubel der 60.000 Zuschauer im Foxboro unter.

Brady brachte die Patriots anschließend in Field-Goal-Reichweite. Adam Vinatieris dritter erfolgreicher Versuch des Abends brachte die Verlängerung, sein nächster den Sieg. "Wir haben das Spiel nicht verloren - es wurde uns gestohlen", drückte Linebacker William Thomas die Gefühle aller Raiders aus. Auch zwölf Jahre später hadert der vermeintliche Raiders-Held Woodson noch mit dem Spiel: "Tom verdankt mir sein Haus", erklärte er im "NFL Network". "Tom, du kannst es ruhig gestehen: Es war ein Fumble."

Doch Coleman hatte nach den damals gültigen Regeln gehandelt und wurde vom NFL-Supervisor Mike Perreira bestätigt. Die "Tuck Rule" wertete den Spielzug, da der in der Vorwärtsbewegung war, als Incomplete Pass und nicht als Fumble. Erst im März 2013 wurde die Regel abgeschafft.

Platz 1 - NFL Championship Game 1967: Ice Bowl

Bei Temperaturen um die Minus 25 Grad Celsius dürfte das Lambeau Field am Silvestertag 1967 nicht der einladenste Ort gewesen sein. Und doch fanden sich nicht nur die Green Bay Packers und Dallas Cowboys zum NFL-Finale ein, sondern auch noch 50.000 Frost-resistente Zuschauer.

Die Fans durften wenigstens Handschuhe tragen, einige Spieler hatten nicht einmal diesen Luxus. Der legendäre Packers-Coach Vince Lombardi, nach dem später auch die Super Bowl-Trophäe benannt wurde, erwies sich trotz der Eiseskälte als harter Hund. So erlaubte er den Linemen zwar Handschuhe, aber nicht den anderen Spielern, die den Ball in die Hände bekommen konnten. Linebacker Dave Robinson wollte sich damit nicht abfinden. "Gib mir einfach ein Paar von den braunen Handschuhen, der alte Mann wird den Unterschied nicht bemerken", soll er einen Zeugwart laut der "Washington Post" angewiesen haben.

Ob mit oder ohne Handschuhe: Die Packers wärmten zunächst die Herzen ihrer Fans als sie nach zwei TD-Pässen von Quarterback Bart Starr auf Boyd Dowler in Führung gegangen waren. Die Texaner hielten jedoch dagegen und verkürzten im letzten Viertel auch dank zweier Fumbles noch auf 17:14. Sechzehn Sekunden vor dem Ende standen die Packers zwar an der Endzone der Cowboys, hatten aber keine Timeouts mehr. Alle erwarteten auch angesichts zweier vergeblicher Läufe einen Pass - im Erfolgsfall hätte er den Sieg bedeutet, bei Misserfolg hätte das Field Goal gekickt werden können.

Coach Lombardi hatte jedoch andere Ideen: "Lauf, und dann raus aus dieser Hölle", soll er Starr zugeraunt haben. Während zwei seiner O-Liner nach dem Snap Cowboys-Tackle Jethro Thugh aus dem Weg räumten, sprang Starr über Freund und Feind hinweg zum Touchdown in die Endzone. Auch wenn sein Quarterback später behauptete, den Spielzug eigenmächtig geändert zu haben, erklärte Lombardi: "Wir haben gezockt und gewonnen."

Seite 1: Eine U-Bahn-Fahrt und eine Partie in Sneakers

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