NFL

Ein Musterprofi darf das

Von Philipp Dornhegge
Texans-Star Andre Johnson war nach seinem Fight mit Cortland Finnegan kaum zu beruhigen
© Getty

Schon am Donnerstagabend treten zum Auftakt des 13. Spieltags die Houston Texans (5-6) bei den Philadelphia Eagles (7-4) an (2.20 Uhr im LIVESCORE). Mittendrin: Ein Receiver, der nie und nimmer auf dem Feld stehen dürfte.

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Ein Skandal, ein absoluter Skandal! Anders ist das, was die NFL im Falle von Andre Johnson entschied, nicht zu beschreiben. Der Star-Receiver der Texans hatte sich im letzten Spiel gegen die Tennessee Titans (20:0) von Cortland Finnegan - die beiden kriegen sich regelmäßig in die Haare - provozieren lassen und den Cornerback regelrecht verprügelt.

Im letzten Viertel, als es schon 17:0 für Houston stand, rissen sich beide abseits des eigentlichen Geschehens gegenseitig die Helme vom Kopf, Johnson landete zwei satte Rechte an Finnegans Kinn. Natürlich wurden beide für ihre Prügelei disqualifiziert, Johnson erklärte hinterher, dass es ihm unendlich leid tue.

Nun muss man wissen, dass der Pro-Bowler keine typische Receiver-Diva oder gar ein Bad Boy ist. Ganz im Gegenteil: Johnson ist einer von den Guten. Ein Musterprofi, wie ihn sich Commissioner Roger Goodell wahrscheinlich in seinen Träumen zusammen bauen würde, wenn es ihn nicht schon geben würde.

Das erklärt natürlich zum einen, warum er nur 25.000 Dollar Strafe zahlen musste und nicht gesperrt wurde. Als Folge blieb auch Finnegan verschont, denn wenn der eine glimpflich davon kommt, kann man den anderen schlecht aus dem Verkehr ziehen.

NFL begründet Nicht-Suspendierung Johnsons mit Einschaltquoten

Der wahre Grund, warum Johnson gegen die Eagles spielen darf, ist aber ein anderer: Das hauseigene "NFL Network" überträgt diese Partie. Das gab die NFL in einer Erklärung ganz offen zu. Da hieß es sinngemäß: Wenn Johnson gegen die Eagles nicht spielen würde, könne man die Chancengleichheit zwischen Houston und Philadelphia nicht gewährleisten. Und das geht bei einer mit Spannung erwarteten Begegnung natürlich nicht.

Der Autor dieses Artikels ist der NFL gar nicht böse, denn schließlich hat sie ihm damit die Fantasy-Saison gerettet. So geht es wahrscheinlich vielen anderen auch. Davon abgesehen ist diese Entscheidung aber eine Katastrophe. James Harrison wird aktuell wahrscheinlich in jeder freien Minute darüber nachdenken, wie er Goodell die größtmöglichen Schmerzen zufügen kann.

Denn seien wir ehrlich: Wäre ein Pittsburgh Steeler an Johnsons Stelle gewesen, hätte derjenige so schnell kein NFL-Stadion mehr betreten dürfen. Für einen wie Harrison, den die Liga diese Saison schon mehrfach zur Kasse gebeten hat, oder Ben Roethlisberger, der nach seinen Eskapaden abseits des Feldes unter Beobachtung steht, wäre die Saison vielleicht sogar beendet gewesen.

Die Steelers fühlen sich zu Recht betrogen, zumal Harrison praktisch zeitgleich dieselbe Summe bezahlen muss wie Johnson, weil er mit einem Late Hit Buffalo-Bills-Quarterback Ryan Fitzpatrick umnietete. Das gegebene Personal Foul war vielleicht vertretbar, aus Sicht der Pittsburgh-Fans aber wenigstens diskutabel, und in jedem Fall nicht vergleichbar mit den Fausthieben Johnsons.

Die nächste Michael-Vick-Show?

Die NFL hat sich politisch also keinen Gefallen damit getan, Johnson spielen zu lassen. Sportlich und für die Einschaltquoten ist die Nummer 80 aber in jedem Fall ein Gewinn.

Vor allem für den noch nicht gesicherten Fall, dass Eagles-Cornerback Asante Samuel aufgrund seiner Knieverletzung das zweite Spiel in Folge verpasst, kann man sich auf einige Highlights freuen.

Auf der anderen Seite ist dafür vor allem Quarterback Michael Vick verantwortlich. Entweder, in dem er selbst läuft. Oder, indem er seine Receiver DeSean Jackson und Jeremy Maclin mit Geschossen versorgt, die die gegnerische Defense mühelos in ihre Einzelteile zerlegen können.

Verlieren ist verboten

Und da die Defense der Texans trotz des Shutouts gegen Tennessee zu den löchrigsten der Liga gehört, könnte es in diesem Spiel Punkte hageln. Ganz abgesehen davon, dass es auch um einiges geht: Houston träumt noch von den Playoffs und klammert sich an den letzten Strohhalm.

In der AFC South liegen die Jaguars (6-5), die Colts (6-5), die Titans (5-6) und eben die Texans ganz eng beieinander, eigentlich ist in jedem noch anstehenden Spiel ein Sieg absolute Pflicht.

Philadelphia dagegen liegt gleichauf mit den New York Giants an der Spitze der NFC East. Weil aber Green Bay (7-4) und New Orleans (8-3) als Zweitplatzierte der anderen NFC-Divisionen ebenfalls stark sind, könnte es mit den Playoffs ganz eng werden, wenn man gegen Houston verliert.

NFL: Der 13. Spieltag im Überblick

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