NBA

Nicht besser, aber anders

Auf Myles Turner (l.) und Paul George (r.) kommt bei den Pacers eine interessante Saison zu
© getty

Die Indiana Pacers haben im Sommer alles auf eine neue Spielphilosophie ausgerichtet und nicht nur den Head Coach, sondern auch große Teile des Kaders umgekrempelt. Potenzial ist vorhanden - allerdings hat das Team um Paul George auch einige eklatante Schwachstellen.

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Die Transaktionen: Kurz nach dem Playoff-Aus gegen Toronto in sieben Spielen kündigte Team-Präsident Larry Bird an, von nun an schneller spielen und mehr Punkte erzielen zu wollen - und setzte Anfang Mai den langjährigen Erfolgscoach Frank Vogel vor die Tür. Für ihn übernahm am 16. Mai der vorherige Assistant Coach Nate McMillan.

Auch beim Kader zeigten sich Bird und GM Kevin Pritchard sehr aktiv. Vorm Draft wurde ein 3-Team-Trade eingefädelt, der Jeff Teague nach Indiana brachte und George Hill nach Utah schickte. Nr.-20-Pick Caris LeVert wurde mitsamt dem 2017er Zweitrundenpick für Thaddeus Young nach Brooklyn abgegeben, Jeremy Evans aus Dallas losgeeist.

Danach gaben die Pacers Zweitrundenpick Georges Niang einen garantierten Deal und bedienten sich auf dem Free-Agent-Markt: Professor Al Jefferson (3 Jahre, 30 Millionen Dollar) kam aus Charlotte, dazu wurden Aaron Brooks (1 Jahr, 2,5 Mio.) und Kevin Serpahin (1, 1,8) günstig verpflichtet.

Neben George Hill verließen Ian Mahinmi (4 Jahre, 64 Mio. in Washington), Solomon Hill (4 Jahre, 48 Mio. in New Orleans), Jordan Hill (Minnesota) und Ty Lawson (Sacramento) das Team.

Die Strategie: "Wir wollen ein Stil spielen, der es uns ermöglicht, 105 oder 106 Punkte pro Spiel zu erzielen, ohne dabei unsere Defensivstärke zu verlieren", beschrieb Bird seine Planung bei der Vorstellung von McMillan und handelte in der Folge entsprechend. Zumindest den ersten Part dürfte er dabei auch ermöglicht haben.

Teague ist zwar ein schwächerer Spotup-Shooter, aber insgesamt ein besserer Offensivspieler als Vorgänger Hill und jederzeit in der Lage, den Fastbreak zu forcieren. Ein Lineup aus ihm, Monta Ellis, Paul George, Young und Myles Turner bringt Offensiv-Qualität auf allen Positionen und sollte für mehr Gefahr sorgen als die letztjährige Truppe, die in Sachen Offensiv-Rating (104,6) ligaweit nur Platz 25 belegte.

Spieler wie Jefferson und Brooks können von der Bank ebenfalls für etwas mehr Punch sorgen als im Vorjahr, mit ihnen, C.J. Miles, Seraphin und Rodney Stuckey verfügen die Pacers insgesamt über eine recht kompetente Second Unit. Flexibilität hat man sich auch bewahrt - nächste Saison stehen nur noch George, Young, Ellis und Jefferson fix unter Vertrag.

Die Schwachstellen: Bird hatte wie erwähnt angekündigt, die Defensivstärke (letztes Jahr Platz 3 im Defensiv-Rating) nicht zu opfern, allerdings hat er am Ende doch genau das getan - es sei denn, Turner entwickelt sich in dieser Saison zur perfekten Mischung aus Kawhi Leonard und Hakeem Olajuwon.

Allein der Backcourt aus Ellis und Teague ist defensiv eigentlich eine Zumutung. Man kann sich irgendwie kaum vorstellen, dass die beiden kleinen und relativ schmächtigen Guards lange nebeneinander starten werden. Nur kommt dann eben auch nicht mehr allzu viel nach.

Der einzige Pacer (außer Miles), der in seiner Karriere bisher regelmäßig starke oder auch nur überdurchschnittliche Defensiv-Leistungen geliefert hat, ist mit George gleichzeitig auch der mit Abstand wichtigste Offensivspieler. Das klingt nach ziemlich viel Arbeit für den Superstar.

Noch ein Problem: George Hill wird nicht nur defensiv, sondern auch als Shooter fehlen. Seine 40,8 Prozent von der Dreierlinie waren im letzten Jahr der beste Wert bei den Pacers. Ellis, Young, Turner und auch Teague - trotz seiner 40 Prozent im letzten Jahr - sind alle nicht als Dreierschützen bekannt.

Gerade Ellis und Teague ziehen am liebsten zum Korb - aber haben sie auch Platz dafür, wenn außer George kein hochkarätiger Dreierschütze auf dem Court steht? Den Großteil ihrer Punkte müssen die Pacers vermutlich im Fastbreak erzielen, gegen sortierte Defense könnte das fehlende Shooting zum großen Problem werden.

Der Hoffnungsträger: Seine Rookie-Stats (10,3 Punkte, 5,5 Rebounds, 1,4 Blocks) mögen kein Karl-Towns-Niveau gehabt haben, aber die Pacers bauen auf Turner als Center. Deswegen haben sie Mahinmi ziehen lassen und in Jefferson und Seraphin nur Spieler geholt, die sich in diesem Team wohl keine Starter-Illusionen mehr machen. Turner soll die Zukunft gehören.

Die Gegenwart ist für den erst 20-Jährigen allerdings schon jetzt relativ happig. Im Idealfall wird Turner (14 Dreier insgesamt in der letzten Saison) ein Floor-Spacer und gleichzeitig der primäre Rim-Protector in Indiana - zwei der vielleicht anspruchsvollsten Rollen im Basketball. In seiner Rookie-Saison zeigte er sich defensiv recht solide, zum Anker a la Mahinmi ist es allerdings noch ein weiter Weg.

Die Pacers scheinen ihm dies jedoch zuzutrauen - die Franchise, die eher selten überhaupt Meetings mit "großen" Free Agents bekommt, hofft, dass der No.11-Pick von 2015 bei ihnen zum Star reift. Wie George eben - und im Idealfall auch ein Argument für George, um langfristig zu bleiben. Wie gesagt, es hängt relativ viel an diesem Center-Talent.

Das Fazit: Ein wenig konfus kam diese Offseason daher. Einerseits war es richtig, keine Unsummen für die Mahinmis oder Solomon Hills dieser Welt auszugeben, andererseits ist das Team aber auch nicht wirklich vorangekommen.

Im Vorjahr gewann man 45 Spiele, mehr werden es auch in der kommenden Saison kaum sein - denn was man vorne an Qualität dazugewinnen konnte, hat man hinten auch wieder abgegeben. Vielleicht sogar mehr. "105 oder 106" Punkte pro Spiel bringen eben auch nicht viel, wenn Ellis, Teague, Jefferson und andere Defensiv-Allergiker 108 gegnerische Punkte zulassen.

Zu guter Letzt: Das Personal passt zumindest perfekt für die Vorgabe, von nun an schnell zu spielen. Der Coach? Naja. Bei McMillans letzter Head-Coach-Position in Portland waren die Teams regelmäßig unter den letzten drei Teams in Sachen Pace angesiedelt. Dreimal in Serie legten seine Blazers sogar das langsamste Spieltempo aller Teams aufs Parkett.

Die vorherrschende Interpretation der Vogel-Entlassung war eher die, dass Bird persönlich nicht mehr das allerbeste Verhältnis zum Coach der letzten sechs Jahre hatte. Ob McMillan dessen "Visionen" tatsächlich besser umsetzt, wird sich erst zeigen müssen.

Note: 3-

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