NBA

Noch ein Schritt zum Contender

Die Celtics-Macher Wyc Grousbeck, Danny Ainge und Brad Stevens präsentieren Al Horford
© getty

Die Boston Celtics haben im Sommer zwar ihr ultimatives Ziel verpasst, mit Al Horford allerdings einen herausragenden Trostpreis für sich gewonnen. Das Team von Brad Stevens kann schon jetzt die Spitze der Eastern Conference angreifen - dennoch sollte man nicht den Fehler machen, zu denken, dass die Celtics "fertig" sind.

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Die Transaktionen: Für einige Celtics-Fans ist wie immer zu wenig passiert - Kevin Durant landete trotz eines Meetings mit unter anderem Tom Brady nicht in Boston und der No.3-Pick wurde nicht im Trade für einen Superstar abgegeben, sondern in den eher als "Projekt" geltenden Jaylen Brown investiert. Das heißt aber nicht, dass der Sommer deswegen ein Misserfolg für Danny Ainge und Co. war.

Mit Al Horford landete der nach Durant vielleicht zweitbeste Free Agent (mit Wechselabsichten, sorry LeBron) in Beantown und widerlegte das alte Klischee, dass nie ein richtig dicker Fisch als Free Agent zu den Celtics wechseln würde. Neben dem Big Man kamen außerdem noch Gerald Green (der allerdings um seinen Kaderplatz fürchten muss) und Demetrius Jackson - und Tyler Zeller bekam einen neuen Vertrag.

Die einzigen namhaften Abgänge dagegen blieben Jared Sullinger (Toronto) und Evan Turner (Portland). Vor allem Turner hatte vergangene Saison zwar eine wichtige Rolle inne, vier Jahre und 70 Millionen Dollar hätte Ainge aber unter keinen Umständen für ihn zahlen sollen.

Die Strategie: Es ist keine Neuigkeit, dass Boston schnell wieder ein echter Contender werden will und mit seinem beispiellosen Arsenal an Picks und jungen Assets immer als Favorit auf einen Superstar-Trade gelten muss. In diesem Sommer gab es aber (erneut) keinen solchen Trade, auch wenn es versucht wurde. Die Bulls wollten für Jimmy Butler wohl einfach zu viel.

Bei der Enttäuschung darüber wurde aber zu oft vergessen, dass Ainge stattdessen mit Horford einen der besten Bigs im Osten zu einem Team stellte, das in der vergangenen Saison bereits 48 Spiele gewinnen konnte. Coach Brad Stevens leckt sich sicher schon seit Wochen die Finger bei der Vorstellung, wie er den vielseitigen Horford offensiv wie defensiv am besten einsetzen kann.

Die C's haben sich hochwertig verstärkt, ohne die eigene Flexibilität zu gefährden. Sollte sich an der Truppe jetzt nichts mehr verändern, hätte Boston für die Saison 2017/18 nur knapp 55 Millionen Dollar an garantierten Verträgen und damit die Möglichkeit, erneut den einen oder anderen dicken Free Agent zu signen.

Dennoch ist es gut möglich, dass Ainge bis zur Trading Deadline noch einmal aktiv wird, wenn sich doch noch eine Chance auf Butler, Cousins, Griffin oder sonstwen bieten sollte. Eine schlagfertige Truppe hat er allerdings auch jetzt schon beisammen.

Die Schwachstellen: Die Celtics stellten vergangene Saison eine der besten Defensiven und daran sollte sich mit Horford auch nichts ändern - im Gegenteil. Offensiv aber kann auch er nicht alle Schwächen ausmerzen, wenngleich seine Ankunft (und möglicherweise die von Green) das schwache Shooting (33,5 Prozent 3FG) zumindest etwas verbessern sollten.

Auch Horford ist aber kein Go-to-Guy und damit bleibt Isaiah Thomas vorerst der einzige Kelte, der sich jederzeit seinen eigenen Wurf kreieren kann. IT4 gehört zwar zu den kreativeren Spielern der Liga, aber die vergangenen beiden Playoffs haben auch gezeigt, dass er alleine gegen "richtige" Defense nicht ausreicht.

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Ein zweiter richtiger Go-to-Guy ist der Faktor, der die Celtics noch davon trennt, ein echter Contender zu sein. Mit der aktuellen Zusammenstellung werden sie viele Spiele gewinnen, vermutlich mehr als 50 - aber die LeBron-Diktatur im Osten werden sie kaum gefährden. Es sei denn, einer der jungen Spieler macht noch einen großen Schritt nach vorne.

Der Hoffnungsträger: Die Celtics haben so viele junge Spieler, dass man hier den halben Kader nennen könnte. Ein Sprung wird in jedem Fall von Kelly Olynyk, Marcus Smart, Terry Rozier und Jordan Mickey erwartet, und auch Brown soll als No.3-Pick natürlich nicht völlig untergehen. Der große Hoffnungsträger ist trotzdem ein "materieller" Wert.

Beziehungsweise mehrere. Zwei weitere Picks stehen den Celtics noch aus dem legendären Pierce-Garnett-Trade mit Brooklyn zu, das allem Anschein nach erneut eine der schlechtesten Bilanzen der Liga hinlegen wird. Diese Picks haben einen enorm hohen Wert, gerade im Draft 2017, der als einer der besten Jahrgänge seit langem gilt.

Ob Boston sich nun einen (oder zwei) Lottery-Pick(s) ins Team holt oder sie im Paket für einen Star abgibt - beides wären durchaus angenehme Additionen zu einem potenziellen 50+-Siege-Team.

Das Fazit: Der Homerun, das "Feuerwerk", das schon seit mehreren Jahren angekündigt wird, ist wieder ausgeblieben - und dennoch stehen die Celtics als einer der Gewinner der Offseason da.

Die Transaktionen waren allesamt sinnvoll und Horford ist ein herausragender Trostpreis, nachdem man Durant nicht bekommen konnte. Er macht ein vielseitiges Team noch wesentlich vielseitiger und wird gerade mit seinem Passspiel und seiner Intelligenz wunderbar zu Stevens' Vorstellungen auf dem Court passen.

Brown ist ein großes Fragezeichen und es könnte sein, dass man sich in einigen Jahren darüber ärgert, nicht Kris Dunn gepickt zu haben. Daher hält der etwas konfuse Draft (die anderen Erstrundenpicks Ante Zizic und Guerschon Yabusele spielen vorerst nicht für Boston) die Celtics von der Bestnote ab.

Allerdings passt der Super-Athlet mit seiner Einstellung und Defense gut zu den anderen Perimeter-Fightern der Celtics wie Avery Bradley, Jae Crowder oder Smart.

Dass man sich einen guten Wurf antrainieren kann, zeigen zumindest die ersten beiden aus diesem Trio. Fundamental kaputt sieht seine Technik auch nicht aus, mit dem richtigen Staff und der richtigen Einstellung könnte es also klappen.

So oder so: Mit diesem Team sollte der Heimvorteil in der Eastern Conference durchaus machbar sein. Und trotzdem stehen dem Management immer noch alle Möglichkeiten offen, wenn sie etwas verändern wollen. Das ist eine beneidenswerte Ausgangslage, die Ainge sehr gerne ausnutzen würde.

Der Celtics-Boss ist stets aktiv und immer auf der Suche nach dem nächsten Deal - sonst wäre er nicht Danny Ainge. Mit Boston ist zu rechnen, in welcher Form auch immer.

Note: 2+

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