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"Ich sehe eine Chance für uns"

Von Interview: Toby Rochau
Dirk Nowitzki (r.) wurde 2007 zum MVP der Regular Season gewählt
© getty

Nach einem Jahr Abstinenz ist Dirk Nowitzki mit den Dallas Mavericks zurück in den Playoffs. Vor dem ersten Duell der Serie gegen gegen die San Antonio Spurs (So., ab 19 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) spricht der deutsche Superstar über packende Duelle mit dem ewigen Rivalen, sein Verhältnis zu Tim Duncan und die beste Playoff-Serie seines Lebens.

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SPOX: Sie treffen in der ersten Playoff-Runde auf den ewigen Rivalen San Antonio Spurs. Bei den ganzen Duellen, die Sie schon mit Duncan und Co. ausgefochten haben, an welches erinnern Sie sich am liebsten?

Dirk Nowitzki: Die Spiele gegen die Spurs sind immer etwas Besonderes. Gerade in den Playoffs gab es einige großartige Serien. Das ist es auch egal, ob man als Achter oder Erster in die Playoffs geht. Die Spiele sind speziell. Aber natürlich erinnere ich mich gerne an 2006 zurück. Das war die beste Serie meiner Karriere. Es hat einfach viel zusammengepasst in dem Jahr. Ansonsten haben die Spurs natürlich eine unglaubliche Konstanz. Als ich in die Liga kam, haben sie die Meisterschaft gewonnen und seitdem eigentlich jedes Jahr auf hohem Niveau gespielt. Und wenn sie letztes Jahr ein paar Freiwürfe mehr getroffen hätten, wären sie wieder Meister geworden. Das ist schon unglaublich. Coach Gregg Popovich hat daran einen großen Anteil.

SPOX: In unserer jüngsten Triangle Offense mit Patrick Owomoyela lautet eine These: "Dallas hat nur eine Chance, wenn Sie mehr Minuten spielen".

Nowitzki (lacht): Ich habe Owo schon mal gesagt, dass er beim Fußball bleiben soll. Die Minuten werden jetzt automatisch mehr. Wir haben in der Regular Season versucht, die Minuten niedrig zu halten, aber zuletzt gegen Phoenix habe ich schon über 40 Minuten gespielt. Das ist kein Problem. Das kommt ab jetzt immer auf das Spiel an. Der Coach und ich haben da ein gutes System entwickelt. Es kommt darauf an, wie die Rollenspieler spielen oder ob ich platt bin und auch noch andere Sachen sind entscheidend.

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SPOX: Wo wittern Sie Ihre Chance?

Nowitzki: Wir müssen es ihnen einfach schwerer machen als in den Spielen zuvor. Wichtig ist, schlau zu spielen. Sie sind in der Offensive und in der Defensive eine überragende Mannschaft. Es wird darauf ankommen, die Turnover wieder zu minimieren. Das waren in den letzten Spielen zu viele. Ansonsten haben wir keine Chance. Es wird eine große Herausforderung. Die Spurs sind die beste Mannschaft der Liga.

SPOX: Jeder sieht die Mavs als klarer Underdog.

Nowitzki: Eigentlich ist es egal, was alle sagen. Wir haben gerade in diesem Jahr noch nicht gut gegen die Spurs ausgesehen und hatten besonders in San Antonio Probleme. Deswegen wollen wir am Sonntag das beste Spiel der Saison gegen sie machen und dann mal schauen, was am Ende dabei herauskommt. Wir haben zuletzt einige sehr gute Auswärtsspiele absolviert und Siege gefeiert. Daran wollen wir anknüpfen. Die Spurs haben aber einfach so viele Waffen. Man gewinnt nicht einfach 19 Spiele in Folge in der NBA. Tony Parker und Manu Ginobili können zum Korb ziehen und dann haben sie auch noch Tim (Duncan, Anm. d. Red.). Dem können sie auch immer den Ball geben und schauen, was er daraus macht.

SPOX: Wie ist Ihr Verhältnis zu Duncan? Sie sind beide schon so lange in der Liga und spielen auf der gleichen Position.

Nowitzki: Wir mögen und respektieren uns. Uns beide zeichnet eigentlich aus, dass wir nicht das große Superstarleben führen, sondern uns eher auf das nächste Spiel konzentrieren. Wir wollten beide nie eine Marke aus unserem Namen machen. Wir wollen einfach nur Spiele gewinnen. Wenn wir uns dann beim All-Star-Game sehen, sprechen wir miteinander und freuen uns immer, uns zusehen, aber während der Saison ist es eher schwierig. Bei den Spielen gegeneinander sagt man sich "Hallo" und "Tschüss" und das war es dann.

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SPOX: Sie sind beide seit einer gefühlten Ewigkeit dabei. Wie schafft man es, so lange ein solches Niveau zu halten?

Nowitzki: Wir hatten beide sehr viel Glück und sind über die Jahre von Verletzungen verschont geblieben. Man weiß nie, wie schnell es vorbei sein kann. Besonders im hohen Basketball-Alter muss man auf seinen Körper achten und viele Extra-Schichten im Gym schieben. Die Ernährung ist mittlerweile auch sehr wichtig. Da hat sich in den letzten Jahren viel getan. Ich glaube, man kann heutzutage länger auf einem hohen Niveau spielen als früher.

SPOX: Fühlen Sie sich eigentlich nach dieser Saison wie in einem falschen Film? Sie haben 49 Spiele gewonnen und sind trotzdem nur Achter?

Nowitzki: Ja, das ist bitter. Der Westen ist verdammt gut und tief besetzt. Die letzten Wochen waren schon extrem hart. Wir mussten alles geben, um überhaupt reinzukommen. Der Sieg gegen Phoenix war sehr wichtig und auch der Auswärtstrip mit vier Siegen hat uns sehr geholfen. Unser Ziel waren die Playoffs und nun schauen wir, was noch geht. Wir wissen, dass es gegen eine sehr gute Mannschaft geht. Wir haben uns vorgenommen, gut zusammenzuspielen und zu kämpfen. Wenn San Antonio trotzdem am Ende gewinnt, schütteln wir ihnen die Hand und sagen, dass sie besser waren. Aber wenn alles passt und wir als Team auftreten, sehe ich schon eine Chance für uns. Wir müssen vor allem die Schützen rausnehmen und Parker und Duncan gut verteidigen.

SPOX: Sie haben in der All-Time-Scoring-List Oscar Robertson überholt und sind jetzt Zehnter. Ist das ein besonderes Gefühl oder gar nicht so wichtig?

Nowitzki: Doch, das ist schon Wahnsinn. Ich sehe meinen Namen in einer Liste mit den ganzen Helden, Legenden und Idolen meiner Kindheit. Das ist schon komisch und nicht real. Ich sehe mich immer noch als Teenager, der aus Würzburg weggegangen ist, um in Amerika ein bisschen Basketball zu spielen. Es ist schon Wahnsinn was über die letzten 16 Jahre passiert ist. Jetzt bin ich in den Top 10. Einfach unglaublich. Aber ich glaube, in 20 oder 30 Jahren, wenn ich auf meine Karriere zurückschaue und meinen Enkeln davon erzählen kann, wird mir das noch mehr bedeuten. Zurzeit bin ich einfach noch zu sehr im Wettbewerb. Ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre spielen kann und dann schauen wir mal, wo ich am Schluss gelandet bin.

Playoff-Check West: Das Trauma kehrt zurück

SPOX: Kommen wir noch einmal auf die Playoffs zurück. Sie haben viele Schlachten geschlagen. Was war Ihr schönster Playoff-Moment?

Nowitzki: Es gab viele schöne Playoff-Serien, aber der Titelgewinn bleibt dann doch hängen. Die Playoff-Serie gegen die Spurs 2006 war aber wohl, die beste Serie, die ich in meiner Karriere gespielt habe. Dazu kommt die Serie 2011 gegen Portland Trail Blazers, die eine sehr gute Mannschaft hatten. Danach haben wir uns in einen Rausch gespielt und das bis zu den Finals durchgezogen.

SPOX: Und Ihr schlimmster Playoff-Moment?

Nowitzki: Eine Riesenenttäuschung war natürlich die Final-Niederlage 2006 als wir bereits mit zwei Spielen vorne waren. Und dann 2007. Wir hatten 67 Spiele gewonnen, ich wurde MVP und dann verlieren wir gegen eine unheimlich heiße Mannschaft aus Golden State. Aber eigentlich ist es in jedem Jahr so, in dem du nicht Meister wirst. Du verlierst das letzte Spiel und beendest die Saison mit keinem guten Gefühl, da du als Verlierer in die Sommerpause gehst. 2006 und 2007 hatten wir aber schon eine gute Mannschaft und hätten es packen können. Es sollte nicht sein.

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SPOX: Was macht die Playoffs aus?

Nowitzki: Es ist einfach wie eine neue Saison. Ein Wettbewerb auf allerhöchstem Level. Dafür arbeiten wir das ganze Jahr. Jeder Ballbesitz zählt und der Druck ist ständig da. Es macht einfach total Spaß, die Atmosphäre und das ganze Drumherum einzusaugen. Wir wollen dahin zurück und das haben wir geschafft. Es war richtig hart, die Playoffs vor dem TV anzuschauen. Deshalb bin ich froh, wieder dabei zu sein. Mal sehen, was dieses Jahr geht.

SPOX: Wie verändern sich die Rituale im Vergleich zur Regular Season?

Nowitzki: Nicht so viel. Ich probiere eigentlich alles so zu machen wie in der Regular Season. Der größte Unterschied ist wahrscheinlich, dass Holger (Geschwindner, Anm. d. Red.) da ist und wir am Abend vorher nochmal in die Halle gehen und etwas schießen. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Die Spannung ist natürlich etwas höher und das Kribbeln ist wieder da - besonders jetzt beim ersten Playoff-Spiel.

SPOX: Wie haben Sie die Tage vor dem Playoff-Start erlebt?

Nowitzki: Man merkt schon, dass es losgeht. Wir haben einige Pressetermine mehr und auch die Konzentration im Training ist höher. Man kann das Kribbeln bei jedem Spieler merken, egal wie lange er schon in der Liga ist. Die Playoffs sind einfach etwas Besonderes.

Dirk Nowitzki im Steckbrief

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