NBA

"Schröder hat mich echt beeindruckt"

Von Aufgezeichnet von Max Marbeiter
Dirk Nowitzki (r.) geht in seine 16. NBA-Saison
© getty

Dirk Nowitzki startet mit dem Duell gegen Dennis Schröders Hawks in die Saison. Der Finals MVP von 2011 über unliebsame Bilddokumente, seine Rolle als Werbeikone, Vorteile des neuen Mavs-Kaders und Deutschlands NBA-Hoffnung.

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Frage: Herr Nowitzki, die Boston Red Sox spielen momentan in der World Series und lassen sich ihre Bärte wachsen. Sie haben die Erfahrung ja auch schon gemacht. Was ist der unangenehmste Nebeneffekt?

Dirk Nowitzki: Ich hatte vorher ja noch nie einen Vollbart. Deshalb war es auch total unangenehm. Meine Frau war auch kein großer Fan. Es juckt und stinkt. Es war nicht meine schönste Zeit. Aber ein paar aus der Mannschaft haben halt gesagt, dass wir das machen und ich habe dann einfach mitgemacht. Das Blöde ist, dass ich mit dem Bart meinen 25.000. Punkt gemacht habe. Jetzt bin auf dem Bild natürlich mit Vollbart zu sehen und muss mir überlegen, wie ich meiner Tochter irgendwann erkläre, warum ich da so aussehe.

Frage: Sie sind seit 15 Jahren in Dallas, haben auch den Titel gewonnen. Wer hat es leichter in Dallas - Dirk Nowitzki oder Tony Romo?

Nowitzki: Tony Romo steht natürlich ein wenig in der Kritik. Aber ich vergleiche das gern mit meiner Karriere, bevor wir den Titel geholt haben. Da waren die Meinungen auch geteilt. Ich habe dann immer weitergearbeitet, an meinen Traum geglaubt und 2011 ist er dann in Erfüllung gegangen. Tony hat definitiv das Potential. Er ist einer der besten Quarterbacks der Liga und ich denke, dass sie, wenn sie lernen, enge Spiele zu gewinnen, sicherlich ein Playoff-Team sind und hoffentlich noch mehr.

Frage: Wenn man die Mavs-Webespots in Europa sieht, geht es nur um Dirk Nowitzki. Baut das Druck auf oder gehört das inzwischen einfach dazu?

Nowitzki: Es hat sich einfach ein bisschen eingebürgert, dass ich der Clown bin und deshalb all die Werbedrehs mache. Aber ich mache das gern. Das macht ja auch Spaß. Aber wir hatten letztes Jahr neun neue Spieler, dieses Jahr wieder. Leute wie Jason Terry und Jason Kidd, mit denen sich die Fans identifiziert haben, sind weg. Auch Tyson Chandler war sehr beliebt. Jetzt müssen sich die Fans erst wieder an die neuen Spieler gewöhnen. Ich bin halt schon seit 15 Jahren hier und werde deshalb oft gefragt, gewisse Dinge zu machen. Auch in der Kommune. Aber ich mache das gerne. Außerdem sind diese kleinen Spots, die sich die Mavs einfallen lassen, immer wieder sehr witzig und kommen auch super an.

Frage: Vor der vergangenen Saison mussten Sie sich am Knie operieren lassen. Gab es in diesem Jahr noch Probleme?

Nowitzki: Nein. Mir geht es bis jetzt sehr gut. Das rechte Knie hält perfekt. Das zeigt eigentlich, dass ich die OP auch wirklich gebraucht habe. Jetzt fühle ich mich wieder gut, habe im Sommer auch viel Krafttraining gemacht, um die Beine zu stärken. Auch Konditionstraining war dabei. Wir haben wirklich viel gemacht, ich fühle mich gut und hoffe, dass ich das dann auch zeigen kann.

Frage: Trainieren Sie jetzt anders? Kontrollieren Sie die Belastung für das Knie?

Nowitzki: Nein, ich nehme da im Moment keine Rücksicht. Klar, die Älteren wie Vince (Carter, Anm. d. Red.), ich oder Shawn Marion machen nicht mehr jede Übung mit. Wir lassen uns im Training hin und wieder auch auswechseln. Wir trainieren nicht jeden Tag zwei Stunden lang voll. Vor allem, wenn die Saison losgeht. Unser Spielplan im November ist die Hölle. Wir haben viele Back-to-Back-Spiele. Da wird dann ohnehin so gut wie gar nicht mehr trainiert.

Frage: Natürlich sind Sie unterschiedliche Spielertypen. Aber ist es für Spieler wie Tim Duncan oder Sie aufgrund Ihrer Finesse, Größe und intelligenten Spielweise auch leichter, noch mit Mitte 30 Topleistungen zu bringen?

Nowitzki: Center oder größere Spieler können natürlich etwas länger spielen als die kleineren. Sie müssen weniger laufen, nicht ständig Druck aufbauen oder das Spiel schnell machen. Dennoch musst du auf deinen Körper und deine Ernährung achten, viel Krafttraining absolvieren. Die Beine müssen ständig gekräftigt werden. Gerade im Alter ist das wichtig, um dann auch länger gute Leistungen bringen zu können.

Frage: Seit der Meisterschaft wurde zwei Mal beinahe das komplette Team ausgetauscht. Wie schwer war oder ist es für Sie, sich an die neuen Mitspieler zu gewöhnen - auch spielerisch?

Nowitzki: Nachdem wir neun Einjahresverträge abgeschlossen hatten, war mir vor der letzten Saison schon klar, dass wir in diesem Jahr wieder einen Umbruch haben würden. Deshalb habe ich mich mental schon darauf vorbereitet. Diesmal haben wir einige Spieler längerfristig gebunden, zum Beispiel Jose Calderon oder Monta Ellis. Jetzt haben wir vier Wochen gemeinsam trainiert, auch einige gute Spiele gemacht. Vor allem in der Defense müssen wir aber noch konstanter werden. In der Offense sieht das schon ganz gut aus. Ziel müssen die Playoffs sein. Nach zwölf Jahren am Stück vergangene Saison bereits ab April zusehen zu müssen, war schon sehr enttäuschend.

Frage: Mit Samuel Dalembert haben die Mavs einen neuen Center verpflichtet. Passt ein Spielertyp wie er, der mehr in der Zone zu Hause ist, besser zu Ihrem Spiel, als einer der gerade vorne häufiger aus der Mitteldistanz abschließt?

Nowitzki: Das haben wir ja schon im Meisterschaftsjahr gesehen. Das Zusammenspiel mit Tyson (Chandler, Anm. d. Red.) hat super geklappt. Eben nicht, weil er gut aus der Mitteldistanz geschossen hat, sondern, weil er ein guter Verteidiger ist. Er hat die Zone kontrolliert, war sehr athletisch. Vorne hat er am Korb abgeschlossen. Ich denke, einige dieser Dinge kann auch Sam (Dalembert, Anm. d. Red.) für uns bringen. Nach dem ersten schweren Spiel hat es in der Preseason immer besser funktioniert. Seither hat er sich gut eingefügt. Er blockt einige Schüsse, reboundet sehr gut. Ich hoffe, dass er das konstant bringen kann. Dann haben wir eine gute Waffe in der Zone.

Frage: Damit schafft er dann auch Platz für Sie?

Nowitzki: Klar, aber er schließt auch selbst gut ab. Auch Monta Ellis ist mit seinem Zug zum Korb wichtig. Er ist sehr explosiv und legt den Ball dann gut auf Sam ab. Das wird er wahrscheinlich die ganze Saison bringen. Sam hat eine gute Länge und sehr lange Arme.

Frage: Freuen Sie sich nach Jason Kidd mit Calderon jetzt wieder einen echten Floor General an Ihrer Seite zu haben?

Nowitzki: Definitiv. Sein Einfluss ist bis jetzt richtig gut. Vor allem fabriziert er kaum Ballverluste. In den letzten Jahren war er in Sachen Assist-Turnover-Ratio immer einer der Besten. Das brauchen wir. Letztes Jahr haben wir viele knappe Spiele am Ende wegen dummer Ballverluste oder Fehler verloren. Jetzt haben wir mit Calderon einen erfahrenen Mann, der keine Ballverluste produziert. Das sollte uns schon helfen, einige knappe Spiele für uns zu entscheiden.

Frage: Sie spielen jetzt gegen Dennis Schröder. Da denkt man, dass der Routinier den Jungen unter seine Fittiche nehmen muss. Aber ist das tatsächlich so? So oft haben Sie sich ja noch nicht getroffen.

Nowitzki: Wir haben uns tatsächlich erst zwei Mal getroffen. Er hat ja ein Pre-Draft-Workout bei uns gemacht. Das habe ich mir dann angeschaut, danach eine halbe Stunde mit ihm gesprochen und ihm meine Nummer gegeben. Wir stehen in Kontakt. Ich habe ihm auch gesagt, dass er sich jederzeit melden kann, wenn er Fragen hat oder ich ihm helfen kann. Er ist ein toller Spieler. Das lustige ist ja, dass mein erstes Spiel damals gegen Detlef Schrempf war. Damals war er der Routinier und ich der Neue. Jetzt ist Dennis der Überflieger und ich bin auf dem Weg nach draußen. Solche Parallelen sind schon witzig. Wir haben ja letzte Woche während der Preseason schon gegen Atlanta gespielt. Da hat er mich echt beeindruckt. Er hat ein sehr gute Spielübersicht, kontrolliert das Spiel gut. Wenn er so weitermacht, wird er hier eine gute Karriere haben.

Frage: Wäre er wirklich beinahe bei den Mavs gelandet?

Nowitzki: Wir wollten ja einen Aufbau holen, haben am Draft-Tag dann aber noch nach hinten getradet. Als wir dann dran kamen, war er leider schon weg. Wenn er noch da gewesen wäre, hätten wir ihn vielleicht genommen.

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Dirk Nowitzki im Steckbrief