NBA

Wer soll den Dirkster stoppen?

Von Maurice Kneisel
Dauerduell in den Playoffs: Dirk Nowitzki gegen Thunder-Big-Man Serge Ibaka (l.)
© Getty

Heiß, heißer, Dallas. Nach dem überragenden Overtime-Sieg in Oklahoma City in der Nacht zum Dienstag fehlt den Mavericks nur noch ein Erfolg zum Einzug in die Finals. Der soll in der kommenden Nacht in Spiel 5 (3 Uhr im LIVE-TICKER) gegen die Thunder klar gemacht werden. Während man beim Gegner mit den Stars hadert und sich fragt, wie man diesen Dirk Nowitzki eigentlich in den Griff kriegen soll, befasst sich Mavs-Coach Rick Carlisle mit ganz anderen Dingen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

In Dallas ist die Stimmung derzeit top, und wieso auch nicht? Gerade mal ein mickriges Heimspiel haben sie bislang in den Playoffs verloren, bei sieben Partien im heimischen American Airlines Center. Gut, zugegeben, diese Niederlage setzte es in Spiel 2 der Western-Conference-Finals gegen Oklahoma City.

Aber die Thunder waren sicher auch schonmal heißer als nach den beiden Niederlagen zuletzt vor heimischer Kulisse gegen die Mavs. Insbesondere das irre Comeback und der Overtime-Sieg mit 112:105 am vergangenen Dienstag dürfte den Thunder mächtig weh getan haben.

Dallas hat nun drei Matchbälle vor der Brust, kann aber dankend darauf verzichten, diese auszureizen. Die Entscheidung soll vielmehr schon in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in Spiel 5 (3 Uhr im LIVE-TICKER) erzwungen werden.

Aufbau-Klatsche - da war doch was...

Knapp fünf Minuten vor Ende von Spiel 4 lagen die Mavericks noch mit 15 Punkten hinten, dann kam das sensationelle Comeback. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass das Team bereits in der ersten Playoff-Runde Historisches schaffte - allerdings in negativer Hinsicht.

Während der vierten Begegnung mit den Portland Trail Blazers in Oregon lagen die Mavs zwischenzeitlich mit 23 Zählern in Führung, bevor sie einen der brutalsten Einbrüche in der Geschichte des Basketball-Sports erlitten und die Partie letzten Endes noch mit 82:84 hergaben.

Doch das war ein absoluter Glücksfall, denn seit dieser Blamage tritt das Team geschlossener und fokussierter auf. Vor allem die Defense der Texaner erscheint deutlich verbessert. Bleibt nur zu hoffen, dass bei den Thunder nun nicht der gleiche Effekt eintritt.

Basics und Nasenbluten

Aller starken Leistungen des Teams und der Clutchness des Dirksters zum Trotz, Coach Rick Carlisle weiß genau, worauf es in Spiel 5 ankommen wird: Basics. Der Fokus soll auf der Defense liegen. Zudem müssen dringend mehr Rebounds her, dafür dürfen es gerne ein paar Turnover weniger werden. So weit, so logisch.

Hinsichtlich der Ballverluste muss sich das Team wenig Sorgen machen, solange Oklahoma City wieder doppelt soviele produziert. Bei den Rebounds sollte sich derweil dringend etwas tun, nachdem die Mavs mit 33:55 gnadenlos ausgestochen wurden und ihren Gegnern satte 20 Offensivrebounds gewährten.

Aber noch etwas ist dem Boss wichtig: Die Halle soll ein verdammter Hexenkessel sein! Carlisle war schwer beeindruckt von den Thunder-Fans, die ihre Mannschaft selbst nach dem Einbruch noch lautstark nach vorne peitschten, und erklärte nach Spiel 4: "Bei uns muss es so laut werden wie hier. So einfach ist das." Mal sehen, ob die Texaner auf ihren Coach hören.

Ein günstiger Spaß wird das allerdings nicht: Preise für die billigsten Plätze, die sogenannten "Nosebleed sections", bei denen man derart weit oben sitzt, dass ein Blutzsturz möglich erscheint, liegen zwischen 102 und 109 US-Dollar (73 und 78 Euro). Nasenbluten kann man auch schonmal bekommen, wenn man die Ticketpreise für die VIP-Sitze am Spielfeldrand liest: diese bewegen sich zwischen bescheidenen 1150 und 2399 Dollar (820 und 1700 Euro). Von der sogenannten "Flaggschiff-Suite", deren Preis mit einem brandneuen Nissan Versa gleichzusetzen ist, ganz zu schweigen.

Durant vs. Westbrook: Fight!

Apropos auf ihren Coach hören: Was ist bloß los beim einst so kongenialen Thunder-Duo Durant/Westbrook? Dass beide Spieler den Ball in ihren Händen brauchen, um effizient zu sein, ist wahrlich nichts Neues. Dass Russell Westbrook anfällig für Turnover ist und Kevin Durant, auch wenn er mal ein kaltes Händchen hat, munter drauf ballert, ist ebensowenig neu.

Irgendwie läuft es derzeit nicht rund beim Zusammenspiel der beiden Stars. Auch, weil sie konstant von den Mavs-Verteidigern gedoppelt werden. In der lokalen "NewsOK" wird derweil bereits gefordert, die Nicht-Stars auch in der Crunch-Time mal Würfe nehmen zu lassen.

Westbrook verfüge einfach nicht über die nötige Quarterback-Vision und sei nicht mal in der Lage, Double Teams rechtzeitig zu erkennen, um dann rauszupassen. Durant passe ebenfalls nicht schnell genug, wenn er von den Mavs gedoppelt wird und produziere zu viele Turnover (9 in der letzten Partie) - so lauten die deutlichen Vorwürfe.

Harte Kritik, die sich der Franchise Forward sichtlich zu Herzen nimmt: "Ich habe die Stadt im Stich gelassen", gestand Durant nach der Niederlage ein und versprach, sich im nächsten Spiel wieder deutlich mehr reinzuhängen.

Wer soll bloß diesen Nowitzki stoppen?

Wer also soll nun Verantwortung übernehmen? Wer Dallas' Lebensversicherung, Dirk Nowitzki, stoppen, der für das Team derzeit vielleicht so wichtig ist wie niemals zuvor?

Kurze Antwort: niemand. Den Deutschen auszuschalten, ist praktisch unmöglich. Seine Ausbeute verhältnismäßig klein zu halten muss vielmehr das Ziel des Gegners sein. Nicht ganz grundlos wurde er kürzlich von Kollege Shane Battier zum "größten europäischen Basketballer ever" ernannt, während Magic Johnson sich sogar an His Airness himself, Michael Jordan, erinnert fühlt.

Schaut man sich den restlichen OKC-Kader an, dann stechen einem zwei Namen ins Auge: Serge Ibaka und Nick Collison. Während die Kollegen unkonstante Leistungen abliefern, wissen die beiden Power Forwards zu überzeugen und konnten sich in der Serie von Spiel zu Spiel steigern.

Roleplayer als Hoffnungsträger

Ibaka kann zwar Dirk nicht ausschalten, wie dessen 40 Punkte aus der letzten Partie deutlich machen; dennoch ist er derzeit der verlässlichste Post Defender der Thunder und zudem mit 3,2 Blocks im Schnitt klarer League Leader in den Playoffs. Zudem hat er im letzten Spiel mit 18 Zählern bewiesen, auch offensiv eine Option zu sein.

Apropos Anspielstation - sollte sich das Team, wie von "NewsOK" vorgeschlagen, im Angriff nach Alternativen umsehen, dann würden häufigere Pässe zu Nick Collison Sinn machen.

Insgesamt hat der ehemalige Pick 12 aus dem Jahr 2003 in der Serie gegen Dallas 17 Würfe genommen - 13 davon fanden den Weg durch den Ring. In Spiel 4 versenkte er alleine fünf von sieben. Zudem macht er auch defensiv einen guten Job und steht Perkins derzeit sicherlich in nichts nach.

Der Fokus liegt auf Durant und Westbrook, vielleicht noch auf James Harden - der doppelte X-Faktor im Spiel der Thunder sind derzeit aber die beiden Roleplayer. Können sie sich weiter steigern, dann wird es Dallas in Spiel 5 sicher wieder schwer haben.

NBA: Die Ergebnisse der Playoffs im Überblick

Artikel und Videos zum Thema