NBA

Nach Desaster: Nowitzki denkt an Abschied

Von Haruka Gruber
33 Punkte - dennoch reichte es nicht: Dirk Nowitzki ist mit Dallas ausgeschieden
© Getty

Schluss, aus, finito: Trotz einer dramatischen Aufholjagd scheidet Dallas gegen San Antonio nach einem 87:97 bei den Spurs mit 2-4 aus. Topscorer Dirk Nowitzki (33 Punkte) stemmt sich gegen den K.o. in der ersten Runde - doch das war zu wenig.

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Es ist die bitterste Art des Verlierens. Und die bitterste Art des Ausscheidens.

Die Dallas Mavericks kämpften sich in Spiel 6 bei den San Antonio Spurs nach unsäglicher Leistung in der ersten Halbzeit wieder heran und starteten eine nicht für möglich gehaltene Aufholjagd - nur um nach einer an Intensität kaum zu überbietenden emotionalen Achterbahnfahrt doch noch mit 87:97 zu unterliegen und mit 2-4 aus den Playoffs zu fliegen.

In der ersten Runde. Zum dritten Mal in den letzten vier Jahren.

"Als an Nummer 2 gesetztes Team in die Postseason zu gehen, war ideal. Aber wir mussten tatenlos ansehen, wie ein an Nummer 7 gesetztes Team ins Rollen kam", so Dirk Nowitzki. Jason Terry sagte knapp: "Wir haben versagt."

"Ich bin zu geschockt"

Nach der erneuten Enttäuschung kündigte Nowitzki an, darüber nachzudenken, ob er in diesem Sommer seine Option zieht und vorzeitig aus dem bis 2011 befristeten Vertrag aussteigt.

"Ich habe noch nicht wirklich über meine Zukunft nachgedacht. Ich wollte einfach nur weit in den Playoffs kommen und meinen Traum vom Titel erfüllen", sagte der 31-Jährige.

"Aber jetzt bin ich zu geschockt und zu enttäuscht. Ich habe jetzt viel Zeit, um mir über meine Zukunft und meine Optionen Gedanken zu machen."

Coach Rick Carlisle empfindet Mitleid für seinen Superstar: "So traurig ich die Niederlage für das Team, für Besitzer Mark Cuban und für mich finde: Am meisten fühle ich mit Dirk. Das Zeitfenster für einen Titelgewinn ist noch offen, aber es ist ein harter Rückschlag."

Unverschämtes erstes Viertel

Begonnen hatte die Partie bereits undenkbar schlecht. Dallas spielte eines der miesesten Anfangsviertel der Mavs-Historie und konnte sich bei der Freiwurfschwäche der Spurs bedanken (am Ende 19 von 31), dass der Rückstand nach 12 Minuten lediglich 14 Punkte (8:22) betrug.

Richtig gelesen: Den Mavs gelangen im wichtigsten Match der Saison im ersten Abschnitt mickrige 8 Zähler, die sich auf Nowitzki und Caron Butler (je 4) verteilten. Von Beginn an liefen sie den Gastgebern hinterher, die ihrerseits mit einem 7:0-Lauf in die Partie gestartet waren.

Die Fehlerkette von Dallas war so lang wie peinlich. 5-Sekunden-Violation beim Einwurf, Monsterblock gegen Jason Terry, sinnlose Umstellung von Carlisle auf Small Ball. Zumal die Statistik gegen die Mavs sprach: In jedem der vorherigen fünf Spiele der Serie verlor die Mannschaft, die nach dem ersten Viertel zurücklag.

Nowitzki kurz vor Platzverweis

Und so mutlos trat Dallas auch im zweiten Abschnitt auf. San Antonio eröffnete mit einem 9:2-Run - was vor allem Nowitzki derart entnervte, dass er innerhalb von 75 Sekunden (!) 3 unnötige Fouls beging und deswegen auf die Bank musste.

Und als er wieder eingesetzt wurde, folgte 4:49 Minuten vor der Halbzeit das nächste "dumme Foul" (NBA-Experte Charles Barkley) des Deutschen. Mit 4 Fouls auf dem Konto für ihren besten Spieler und einem 19:41-Rückstand schien das Playoff-Aus der Mavs besiegelt.

Spurs - Mavs, Spiel 6: Die Highlights im Video bei ESPN

Aufholjagd dank Beaubois

Doch mit Rodrigue Beaubois' Einwechslung wendete sich das Blatt - und es entwickelte sich ein nervenaufreibendes, unglaubliches, wahnwitziges Spiel.

Der französische Rookie, im bisherigen Playoff-Verlauf unverständlicherweise von Coach Rick Carlisle sträflich ignoriert, kam Mitte des zweiten Viertels in die Partie und hatte mit 8 schnellen Punkten entscheidenden Anteil daran, dass der Spielstand zur Halbzeit lediglich 34:47 betrug.

"Wir konnten Beaubois nicht aufhalten. Er bereitete uns große Kopfschmerzen", sagte Spurs-Guard Manu Ginobili.

Und die Aufholjagd setzte sich im dritten Viertel fort. Nowitzki stand trotz der Foulproblematik wieder auf dem Parkett und sorgte gemeinsam mit Butler dafür, dass San Antonio in Schlagdistanz blieb (44:49).

Nowitzki dreht auf

Es war der Startschuss für Nowitzki, der plötzlich nicht mehr wieder zu erkennen war. Er nahm und traf die schwierigsten Sprungwürfe, zog in die Zone und spielte nach einem harten Foul von Matt Bonner unbeirrt weiter, obwohl er sich am Rücken sichtlich wehtat.

Nach einem Nowitzki-Dreier ging Dallas sogar mit 57:56 in Front. Weniger als 12 Minuten zuvor hatte San Antonio noch mit 41:19 geführt.

Im Anschluss entspannte sich ein wildes Hin und Her. Mal hatten die Spurs das Momentum auf ihrer Seite und schienen sich absetzen zu können, mal spielte sich Dallas mit Nowitzki, Butler und Beaubois zumindest für einige Angriffe hintereinander in einen Rausch.

San Antonio mit den besseren Nerven

Bis Mitte des vierten Viertels ging es so weiter, als der ansonsten enttäuschende Terry für Dallas auf 78:80 verkürzte. Alles schien möglich - solange bis San Antonio eine Schippe drauflegte.

Die beiden Rollenspieler Antonio McDyess und George Hill versenkten vier wichtige Körbe zum 89:81 für San Antonio, bei Dallas hingegen wollten just in der Schlussphase die wichtigen Würfe nicht mehr fallen.

Nach Nowitzkis erfolgreichem Jumper 1:15 Minuten vor Schluss (85:91) keimte zwar kurz Hoffnung auf, aber ein Turnover von Beaubois und die Nervenstärke von San Antonios Ginobili (6 Freiwürfe in Serie verwandelt) sorgten für die Entscheidung.

Dallas-Trio gegen die Spurs-Armada

Ginobili war mit 26 Punkten (7 von 19) auch der beste Scorer der Spurs, dahinter folgten der am Ende furios aufspielende George Hill (7 von 12 für 21 Punkte) und Tim Duncan (8 von 17 für 17 Punkte). Duncan gelangen zudem 10 Rebounds, 5 Assists, 3 Blocks und 3 Steals. Der nach wie vor nicht ganz fitte Tony Parker lieferte von der Bank 10 Zähler sowie 8 Assists und 7 Rebounds.

Während bei San Antonio im gesamten Spielverlauf die Verantwortung auf viele Schultern verteilt wurden, konzentrierte sich bei Dallas fast alles auf Nowitzki, Butler und Beaubois.

Nach schwacher erster Halbzeit (8 Punkte) legte Nowitzki eine überragende zweite Hälfte hin und beendete die Partie mit 33 Punkten (13 von 21), 5 Rebounds und 4 Assists. Auch Butler (25 Zähler) bewies seine Toughness und entlastete Nowitzki beim Scoring.

Wie geht es weiter mit Carlisle?

Phasenweise nicht zu stoppen war Beaubois, der trotz der Drucksituation befreit sein Spiel durchzog und in nur 21 Minuten 16 Punkte (7 von 13) sowie 5 Rebounds lieferte.

Ein Rätsel, warum der wegen seiner seltsamen Rotationsstrategie kritisierte Carlisle ihn wie auch den gegen Duncan gut verteidigenden Erick Dampier über weite Strecken des vierten Viertels auf der Bank ließ oder im Fall von Dampier gar nicht mehr einsetzte. Zumal die designierten Leistungsträger wie Kidd (1 von 6 für 3 Punkte), Terry (1 von 7 für 2 Punkte) sowie Shawn Marion (3 von 8 für 6 Punkte) weit von ihrer Bestform entfernt waren.

Nun beginnt bei den Mavs die Suche nach den Schuldigen für das vorzeitige Ausscheiden. Sollte Carlisle gefeuert werden? Wird ein Neubeginn mit einer neuen Mannschaft eingeleitet? Welche Trades machen Sinn? Und vor allem: Entscheidet sich Nowitzki nach der neuerlichen Enttäuschung womöglich für einen Weggang?

Viele Fragen, noch keine Antworten. Der Sommer wird lang in Dallas.

Kantersieg: Dallas Mavericks bleiben am Leben