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NBA-Kolumne Above the Break: Draymond Green im Zentrum der "O.G." Golden State Warriors

Draymond Green spielt vor allem seit dem Ausfall von Kevin Durant spektakuläre Playoffs.
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Seit Durants Ausfall verzeichnet Green pro Spiel 96,2 Touches, ziemlich genau zehn mehr als in den vorigen Spielen. Er attackiert weitaus mehr selbst den Korb und hat seinen Punkteschnitt hochgeschraubt, vor allem seine Übersicht als Playmaker in Überzahl-Situationen, nachdem Curry gedoppelt wird und den Ball abgeben muss, macht ihn offensiv aber unheimlich wertvoll.

Der Forward sieht immer wieder Möglichkeiten, bevor sie wirklich da sind - die Anziehungskraft, die Curry mit seiner ständigen Bewegung innehat, nutzt Green perfekt. Er weiß immer genau, wo jeder Mitspieler zu welchem Zeitpunkt ist - deswegen hat er in diesen Playoffs schon fünf verschiedenen Spielern mindestens 20 Assists serviert (nur Nikola Jokic hat zwei solcher Mitspieler).

Nicht viele Bigs hätten einen solchen Pass im Repertoire:

Draymond Green
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Oder den hier, mit dem Game 2 letztlich entschieden wurde:

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Draymond Green

Einer geht noch:

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Draymond Green

Green lieferte gegen Portland ein perfektes Anschauungsbeispiel, wie man als "Non-Shooter" trotzdem einen massiven Impact auf die Offense haben kann: Er wurde genau so wenig am Perimeter verteidigt wie etwa Ben Simmons, brachte die Blazers (und vorher auch die Rockets) aber mit schnellen Entscheidungen und reiner Aggressivität trotzdem immer wieder in Gefahr. Seine Rolle war nicht der einzige, aber vielleicht der größte Unterschied im Vergleich zu den Blazers.

Der sechste Sinn in der Defense

Green hat einen sechsten Sinn dafür, wann er auch nach gegnerischem Korberfolg einen Fastbreak laufen kann. Mehrfach überrannte er die Transition-Defense der Blazers im Alleingang. In Game 3 war Golden State zur Halbzeit nur deshalb noch in Schlagdistanz, weil Green es so wollte. Mehr als einmal ging er einfach entschlossener zu Werke und erbeutete den Warriors Extra-Possessions und Punkte.

Draymond Green
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Draymond Green

Besagten sechsten Sinn hat Green weiterhin natürlich auch defensiv. Seine Brillanz als Helpverteidiger war wieder einmal einer der wesentlichen Schlüssel gegen Damian Lillard (Portland hatte eben auch keine Outlet-Option wie Green), wie schon in der vorigen Runde gegen Houston.

Wenn sein direkter Gegenspieler dann doch mal unterm Korb an den Ball kam, war er trotzdem fast immer wieder rechtzeitig zur Stelle, um den Wurf zu blocken oder zu erschweren. Selbst nach Offensiv-Rebounds. Enes Kanter traute sich irgendwann kaum noch hochzusteigen, seine wenigen Post-Ups gegen Green verliefen ohnehin fast alle jämmerlich.

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Draymond Green

Draymond Green: Ein gewisses Maß an Genialität

Ein persönlicher Favorit und seit Jahren eine enorme Stärke von Green zudem: Kein NBA-Spieler ist so gut darin, Zwei-gegen-Eins-Fastbreaks kaputtzumachen. Ist es der sechste Sinn, ein gewisses Maß an Zocken oder einfach pure Genialität? Die Wahrheit liegtwohl irgendwo dazwischen. Es war auch kein Zufall, dass er beim letzten Versuch von Lillard in der Overtime von Spiel 4 dran blieb und den Wurf blockte:

Draymond Green
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Draymond Green

Greens Spiel seit Durants Ausfall ist ein Stück weit symptomatisch für das der Warriors. Sie können sich jetzt weitaus weniger Fehler erlauben, deswegen wirken alle Spieler umso mehr engagiert. Erstmals seit Juli 2016 sind die Warriors wieder an einem Punkt, an dem eine herkömmliche "normale Leistung" nicht mehr reicht. Man sieht das in allen Mannschaftsteilen.

Iguodala hat die Uhr zurückgedreht. Curry spielt seinen womöglich besten Offensiv-Basketball seit der Saison 2015/16. Thompson ignoriert alle Beschwerden mit dem Knöchel, verteidigt eisenhart und liefert Scoring. Kevon Looney hat sich zu einem richtig wertvollen NBA-Spieler gemausert.

Ob Quinn Cook, Jordan Bell oder Alfonzo McKinnie - wer von Steve Kerr aufgerufen wird, springt in die Bresche und erledigt seinen Job. "Strength in Numbers" ist zurück, mit dem alten Selbstvertrauen, der alten Freude am Spiel. Green und Curry geben den Ton an, alle anderen folgen - wie früher.

Warriors besser ohne Kevin Durant? "Bullshit"

Sind die Warriors damit also nun besser als ohne Durant? "Das ist Bullshit", sagte Green kürzlich selbst. "Ich glaube, wir waren vorher ein sehr gutes Team, das schwer zu schlagen war. Als Kevin zu uns kam, machte uns das unschlagbar. Die nächste Serie wird hart, deswegen hoffen und beten wir, dass wir ihn in bis dahin zurückhaben."

Green schlug damit entschieden andere Töne an als noch im November, als er bei einem sehr öffentlichen Streit mit Durant im Spiel gegen die L.A. Clippers diesem an den Kopf warf, dass Golden State ihn nicht brauchen würde, und ihm zum Gehen aufforderte. Längst hat er sich dafür entschuldigt und eingesehen, dass es ein Fehler war. Obwohl er damit nicht ganz zufällig genau den "Wunsch" äußerte, den viele NBA-Fans für diesen Sommer an erster Stelle hatten.

Der Punkt ist ja: Ein "unschlagbares" Team wollten außerhalb von Oakland nicht viele Leute sehen. Deswegen sind die Warriors binnen kurzer Zeit von einem sehr beliebten zu einem eher unbeliebten Team geworden. Selbst bei Rückstand in Game 7 auswärts in Houston im letzten Jahr schien ihr Sieg fast unausweichlich, und gegen alle anderen Teams kamen die Dubs seit Durants Ankunft kaum ins Schwitzen.

Warriors: Die Begeisterung ist zurück

Die Aspekte, die sie zuvor so beliebt und spektakulär gemacht haben, wurden zudem in den letzten Jahren nicht immer maximiert - es wäre ja auch absurd gewesen, Durant die Rolle von Harrison Barnes zu geben. Vor allem Draymond hat seither eine zumeist ganz andere Rolle in der Offense, wie gesagt aus gutem Grund.

Die letzten paar Spiele haben insofern einiges gezeigt: Es fällt leichter, sich für die Warriors zu begeistern, wenn ihr Sieg nicht im Voraus festzustehen scheint (bei aktuell sechs Siegen am Stück, kurioserweise), und wenn der Tanz von Curry und Green im Fokus ihrer Offense steht. Green kann immer noch auf einem All-NBA-Level, Curry immer noch auf einem MVP-Level abliefern. In dieser kleinen Stichprobe waren beide vielleicht sogar besser denn je.

Die Warriors werden trotzdem gut daran tun, wenn sie versuchen, Durant im Sommer zu halten. Ohne ihn wären sie nicht mehr unschlagbar. Auch in den kommenden Finals sind sie das womöglich nicht.

Aber sie sind mit Sicherheit auch immer noch nicht leicht zu schlagen. Nicht jetzt, und wohl auch nicht in den kommenden Jahren.

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