NBA

NBA: Erkenntnisse von Raptors vs. Warriors: Eine Vorschau auf die Finals?

Kevin Durant und Kawhi Leonard lieferten sich ein packendes Duell.
© getty

Die Toronto Raptors haben die Golden State Warriors knapp nach Verlängerung in einem echten Krimi geschlagen. Welche Lehren kann man nun aus diesem Gipfeltreffen ziehen?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Damian Jones ist gegen gute Teams überfordert

Ohne Draymond Green und auch ohne DeMarcus Cousins waren die Warriors gezwungen, wieder auf ihre jungen Bigs zu setzen. Wie schon so oft in der Saison setzte Head Coach Steve Kerr auf Damian Jones als Starter. Gegen schwächere Teams mag dies funktionieren, doch gegen eine Spitzenmannschaft wie Toronto ist dies ein Himmelfahrtskommando.

Mit Jones auf dem Feld hatten die Warriors ein fürchterliches Defensiv-Rating von 172,7 (!). Schon im ersten Viertel nutzten die Raptors diese Schwäche gnadenlos aus und verwickelten den Big in ein Pick'n'Roll nach dem anderen. So musste Jones immer wieder Kawhi Leonard am Perimeter verteidigen und hatte nicht den Hauch einer Chance.

Kerr versuchte es zu Beginn der zweiten Halbzeit noch einmal mit dem Youngster, musste aber nach drei weiteren miserablen Minuten einsehen, dass man so keinerlei Chancen hatte, dieses Spiel zu gewinnen. So bekam Kevon Looney jede Menge Spielzeit und bestätigte den Eindruck aus der Houston-Serie, dass er im Zweifel seinen Mann stehen kann. Doch nicht nur das: Looney bewies mehrfach ein gutes Näschen unter dem Korb und griff sich gleich 6 Offensiv-Rebounds.

Auch Jordan Bell sah mal wieder 16 Minuten und war ebenso kein Minusspieler. Eines einte das Trio aber - sie waren als Finisher unter dem Ring völlig unbrauchbar. Zu oft vertändelten sie das Zuspiel oder agierten zu zögerlich, weswegen sie von den Raptors in letzter Sekunde zugestellt werden konnten.

Valanciunas ist gegen die Warriors nicht spielbar

Doch auch Toronto hat auf den großen Positionen diverse Probleme. Wie dieses Spiel zeigte, ist Jonas Valanciunas gegen den Champion im Prinzip nicht spielbar. Das machte sich sogar ohne Stephen Curry bemerkbar. Sobald Serge Ibaka seine Pausen bekam, attackierten die Dubs ständig den Korb und generierten jede Menge leichte Punkte.

Zwar hatte der Litauer in knapp 16 Minuten 12 Punkte (4/5 FG) eingesammelt, doch stand im Boxscore ein Plus-Minus-Wert von -12. Mit JV versuchten sich die Raptors zumeist mit konventioneller Pick'n'Roll-Defense, damit er nicht auf einen Ballhandler geswitcht wurde, doch Valanciunas ist einerseits zu langsam, um den attackierenden Guard zu verfolgen, und andererseits auch kein Shotblocker, vor dem man ehrfürchtig erstarren müsste.

Sollte es aber im Juni 2019 tatsächlich zu einer Final-Serie zwischen diesen Teams kommen, hat Raptors-Coach Nick Nurse noch ein Ass im Ärmel, welches er in diesem Spiel nicht zog ...

Pascal Siakam ist der Joker der Raptors

... und das ist Siakam. Der Kameruner, der schon vor dem Spiel einer der heimlichen Anwärter auf den MIP-Award war, bestätigte seine Ambitionen mit einer weiteren starken Partie, in der sogar die sonst gewohnten Flüchtigkeitsfehler ausblieben. 26 Punkten waren zudem eine neue Bestleistung für den 24-Jährigen.

Erfreulich aus Raptors-Sicht war obendrein, dass Siakam nun seine Dreier wie selbstverständlich nimmt und über die Saison nun bei einer Quote von knapp 37 Prozent steht, im Jahr zuvor waren es gerade einmal 22,0 Prozent.

Natürlich wird der Forward nicht jeden Abend 3/4 treffen, dennoch muss Siakam nun von seinen Gegnern respektiert werden, was dem Spacing unglaublich hilft. Defensiv ist der 27. Pick aus dem Jahr 2016 ohnehin so variabel, dass er im Prinzip alle Positionen verteidigen kann. In einem Matchup mit Golden State könnte Toronto so mit Siakam auf der Fünf, was er durchaus stemmen könnte, ein eigenes Lineup of Death anbieten.

Zwischenzeitlich nahm es Siakam auch mit Durant auf und schlug sich zumindest tapfer, an diesem Abend hätte wahrscheinlich kein Spieler der Welt die Durantula vom Scoren abhalten können. Immerhin blockte Siakam den Finals-MVP beim Jumper einmal von hinten.

Danny Green ist essentiell für die Raptors

Bleiben wir bei wichtigen Defensiv-Spielern bei Toronto. Natürlich sind die Raptors gespickt mit athletischen und teils jungen Flügelspielern, aber dann ist da auch noch ein alter Hase wie Green, den einige im Sommer lediglich als Salary Filler im Kawhi-Trade sahen. Die Saison und auch das Warriors-Spiel malen bisher ein anderes Bild.

Green jagte das komplette Spiel hinter Thompson her und hielt dessen Produktion einigermaßen im Zaum. Mindestens ebenso wichtig war aber, dass Green auch nicht vor der großen Bühne zurückschreckt, vielmehr hat der Shooting Guard in seiner Karriere schon alles erlebt, darunter zwei Finals-Teilnahmen.

So verwunderte es auch nicht, dass ausgerechnet Green erst im vierten Viertel und dann in der Overtime je einen Dreier reinnagelte, als die Raptors so dringend nach Offense suchten. Schon bei der Pleite in Boston kippte das Spiel erst, als Green sehr fragwürdig ausfoulte und die Celtics am Ende noch nach Verlängerung gewannen.

Durant ist kaum zu stoppen (auch nicht von Kawhi)

Wenn dieser Green doch vielleicht auch noch ein paar Zentimeter größer wäre, dann hätte er vielleicht sogar eine Chance, Durant respektabel zu verteidigen. Aber was machen wir uns vor: Wenn KD Buckets will und heiß läuft, dann wird es für jeden Gegner dunkel.

Vor allem im dritten Viertel war das schlicht und einfach eine Show und ein weiteres Indiz dafür, dass wir es bei Durant mit dem vielleicht +begnadetsten Scorer aller Zeiten zu tun haben - und KD weiß das auch. Anders ist es nicht zu erklären, dass man dem wohl besten Verteidiger der NBA einen Dreier ansatzlos aus dem Dribbling ins Gesicht drückt - bei noch 16 Sekunden auf der Shotclock!

Wenn er dann auch noch wie zum Ende der regulären Spielzeit seinen inneren Reggie Miller findet, wird es richtig albern, es passte aber perfekt zu diesem verrückten Spiel. 51 Punkte waren es am Ende für KD, 27 davon kamen in der zweiten Halbzeit bei 10/16 FG aus dem Feld. Alle vier Dreier waren drin, dazu blieb er ohne Turnover.

Einen kleinen Makel hatte seine Monster-Leistung dennoch. Sein einziger Ballverlust kam knapp zwei Minuten vor dem Ende beim Stand von 123:126 aus Sicht der Warriors. In Phasen konnte Leonard ihn tatsächlich einigermaßen vor sich halten. Der Raptors-Star scheint ohnehin gegen Durant immer besonders motiviert zu sein. Das könnte auf eine Aussage von KD aus dem Jahr 2014 zurückzuführen sein, als Durant (damals in Diensten der Thunder) Leonard einen "System-Spieler" der Spurs nannte.

Warriors: Da fehlen doch noch zwei

Absolut richtig. Stephen Curry und Draymond Green saßen in zivil auf der Bank, während Golden State beim derzeit besten Team der Liga mit 3 Punkten nach Verlängerung unterlag. Das zum Abschluss nur noch einmal für den Hinterkopf. Sollte es dieses Matchup tatsächlich in den Finals geben, wären die Parameter völlig andere. Und doch liegt der Eindruck nahe, dass die Raptors in dieser Spielzeit Herausforderer Nummer eins für die Warriors-Dynastie sein könnten.

Artikel und Videos zum Thema